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Eingeschränkte studentische Reisefreiheit

Serbien, Russland, Mazedonien oder der Kosovo - Studenten aus außereuropäischen Ländern tun sich schwer, in die EU zu reisen. Die studentische Organisation "Aegee Europe" hält jedoch gerade den Austausch mit solchen Ländern für fruchtbar und unterstützt diesen. Dass solche Bemühungen nicht immer zum Erfolg führen, zeigte jüngst ein Fall an der Universität Konstanz.

Von Thomas Wagner | 23.06.2009
    Alles war bestens vorbereitet: Die Übernachtungsmöglichkeiten standen bereit, die Teilnahme an Vorlesungen an der Uni Konstanz war ebenso organisiert wie ein lockeres touristisches Beiprogramm rund um den Bodensee. Und dann kamen sie einfach nicht - jene fünf Studierende aus dem mazedonischen Tetovo. Die Ortsgruppe Konstanz der Studentenorganisation Aegee Europe hatte sie eingeladen.

    "Eine Woche davor haben wir mitbekommen, dass es in Mazedonien studentische Unruhen gibt wegen massiver Kürzungen im Bildungsbudget und dass es wohl auch zu gewalttätigen Protesten kam. Und eine halbe Woche vor dem Austausch bekamen wir dann die E-Mail: Sie bekommen keine Genehmigung zum Ausreisen. Wir haben dann herausgefunden, dass die lokalen Behörden den Studenten keine Ausreisegenehmigung erteilt haben. Sie haben gesagt, sie müssten vor Ort bleiben, weil die Lage sehr unübersichtlich sei."

    Alexander Illg von der Konstanzer Ortsgruppe von Aegee blieb nichts anderes übrig, als das ganze Programm, das er und sein Team für die Studierenden aus Mezedonien vorbereitet hatten, wieder abzusagen. Dies sei, so seine Kommilitonin Sandra Geldmacher von Aegee Konstanz, kein Einzelfall.

    "Es ist doch für manche Nation relativ schwierig, ein Visum zu bekommen, gerade wenn es relativ kurzfristig sein muss: Also ich habe Erfahrungen mit einer Konferenz, die wir zum Kosovokonflikt veranstaltet haben. Und da hatten wir massive Probleme, Studenten wirklich aus dem Kosovo und aus Serbien hierher zu bekommen. Wir hatten auch massive Probleme mit einer Studentin aus der Ukraine, die kommen wollte und mit einer Studentin aus der Republik Moldau."

    Mal sind es Ausreisebeschränkungen in Mazedonien, mal Visaprobleme mit den deutschen Botschaften in europäischen Nicht-EU-Staaten - fest steht: Der Traum von einem grenzenlosen europäischen Studierendenaustausch in Europa ist eigentlich nur ein Traum. Dabei hat es sich gerade "Aegee Europe” zum Ziel gesetzt, die studentische Mobilität innerhalb Europas zu fördern - trotz aller immer noch bestehender Einschränkungen.

    Sandra Geldmacher:

    "Wir setzen uns einfach schon dafür ein, dass es einfacher wird, zu reisen. Und wir setzen uns auch dafür ein, dass es weniger Visumsproblematik gibt und dass es besonders für Studierende und junge Menschen leichter wird, zu reisen und zu sehen, was es noch so alles gibt in Europa."

    Dass betrifft Studierende aus dem Ausland ebenso wie deutsche Austauschstudierende. Auch die haben manchmal, wenn es ums Reisen geht, so ihre Probleme. Beispiel: Eine zurückliegende Aeegee-Konferenz in Nordzypern:

    "Also da Nordzypern nur von der Türkei anerkannt wird, ist es schwierig, dort hinzureisen. Es ist schwierig, direkt hinzufliegen. Dann war es so, dass die Aegee-Gruppe vor Ort in Nordzypern eigentlich alles ganz gut organisiert hatte. Aber es war so, wenn man in Südzypern, in der Republik Zypern angekommen war mit dem Flugzeug, musste man selber erst einmal zusehen, wie man bis zur Grenze kommt. Und ab der Grenze war dann alles organisiert."

    Wie schwierig es ist, Studierende oder Wissenschaftler aus bestimmten Ländern einzuladen, wissen auch die Experten in den Auslandsreferaten der Hochschulen. Amaschka Falter vom Auslandsreferat der Universität Konstanz:

    "Also wir arbeiten ja mit Partneruniversitäten zusammen. Aber mindestens drei, vier, fünf Monate muss man schon rechnen. Ich denke, je offizieller eine Veranstaltung ist, im Rahmen eines Austausches oder eines Stipendienprogramms, desto einfacher wird es."

    Deshalb lässt Aegee Europe nicht nach in dem Bemühen, die grenzenlose Mobilität der europäischen Studierenden im Rahmen von Konferenzen, Sommercamps und Austauschprogrammen zu unterstützen - trotz aller Schwierigkeiten. Wichtig erscheint es den Mitgliedern, auch selbst zu reisen - gerade in Länder, die abseits der touristischen Routen liegen. Und dort erleben sie Erstaunliches - beispielsweise , dass die Europabegeisterung unter den Studierenden in Osteuropa viel größer ist als hierzulande. Sandra Geldmacher:

    "Es ist schon so, je weiter man in den Osten geht, desto mehr sind die Leute motiviert. Also auch in den neuen Beitrittsländern ist die Begeisterung noch da. Und ich kenne auch viele Leute aus der Türkei, die da sehr dahinter stehen. Und gerade die Türkei ist ja in Deutschland immer so eine Sache, die diskutiert wird: Soll die Türkei der EU beitreten oder nicht? Die jungen Türken sind da doch sehr dafür."

    Im übrigen hat Sandra Geldmacher von der Konstanzer Aeegee-Ortsgruppe am eigenen Leib erfahren, wie unterschiedlich die Studienbedingungen in Europa sind.

    "Bei meinem Aufenthalt in Rumänien haben wir eine Nacht im rumänischen Studentenwohnheim verbracht. Da sah es schon etwas anders aus als im deutschen Wohnheim. Es ist zum Beispiel üblich, dass man keine Einzelzimmer hat, also Zwei- und Drei-Bett-Zimmer, und dass die sanitären Anlagen doch etwas gewöhnungsbedürftig waren. Das ist aber etwas, da muss man einfach mit leben und als interkulturelle Erfahrung mitnehmen."