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Eingewanderte Tiere und Pflanzen bedrohen Fauna und Flora

Der Bisam – ein Tier aus Nord- und Mittelamerika wurde vor Jahren zur Pelzproduktion nach Europa eingeführt. Doch der clevere Nager konnte aus den Pelztierfarmen entkommen. Seitdem haben sich die Bisams auch in Deutschland explosionsartig vermehrt. Kein Deich und kein Damm ist vor ihrer Wühlwut sicher. Die Länder führen Vernichtungsfeldzüge gegen die Tiere – bislang vergeblich, erzählt der Biologe Rüdiger Albrecht vom Schleswig-Holsteinischen Landesamt für Natur und Umwelt:

Ein Beitrag von Ursula Storost |
    "Wir hatten bis vor wenigen Jahren versucht, die Grenze Nord-Ostseekanal zu halten und gesagt, wir bekämpfen alles rigoros, was über den Nord-Ostseekanal rüberkommt. Selbst diese Linie ist inzwischen aufgegeben worden und der Bisam ist bis nach Dänemark hoch und die meisten Fänge haben wir jetzt z.B. in Eiderstedt in den Gewässern dort. Es ist sehr schwierig mit Bekämpfungsmaßnahmen. "

    Neozoen nennt man Tierarten, die sich nach der Entdeckung Amerikas 1492 in Regionen verbreitet haben, in denen sie eigentlich nicht heimisch sind. Etwa 1.300 dieser Arten gibt es insgesamt in Deutschland:

    "Viele dieser Arten kommen in den Gewässern vor, weil gerade mit dem Schiffsverkehr und dem Balastwasser, was jedem Schiff mitgenommen wird und dann hier in Deutschland wieder ausgepumpt wird, viele Tierarten aus entfernten Gebieten hierher kommen und sich ganz gut zurecht finden bei uns im Lande."

    Auf diese Weise kam auch die Bohrmuschel nach Deutschland, die das Holz der Hafenanlagen zerstört und dadurch wirtschaftliche Schäden in Millionenhöhe verursacht. Vor allem über die weltweiten Handelswege verbreiten sich die Schädlinge. So wie die spanische Wegschnecke, eine äußerst gefräßige Nacktschneckenart, die Gartenbesitzer Jahr für Jahr zur Verzweiflung treibt:

    "Diese spanische Wegschnecke ist zum Beispiel mit Gartenpflanzen, die hier exportiert wurden, nach Deutschland und über Baumärkte überall hin verbreitet worden sind nach Schleswig-Holstein und nach Deutschland gekommen. Die schnellen Transportwege führen eben dazu, dass wir weltweit miteinander verbunden sind und gerade Eier, gerade bei wirbellosen Tieren werden oft Eier verschleppt, und kein Mensch kann das steuern."

    Neuester Einwanderer ist der Nandu, ein südamerikanischer Laufvogel, der aus einer Straußenfarm ausgebrochen ist und sich jetzt in Mecklenburg-Vorpommern prächtig vermehrt:

    "Und es gibt gerade eine Diskussion darum, ob dieser Laufvogel, der sich sehr erfolgreich durchgesetzt hat, dazu führt, dass andere bodenlebende Vogelarten im Grenzbereich zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern verdrängt wird durch den Nandu. Der Nandu sammelt alles vom Boden auf, was er finden kann und eben auch Eier von bodenlebenden Vogelarten, und da befürchten manche Biologen, dass der Nandu Arten wie Kiebitz oder Brachpieper verdrängt. "

    Was für die eingewanderten Tiere gilt, das gilt genauso für Pflanzen. Neophyten heißen die pflanzlichen Neuankömmlinge. Seit Kolumbus Amerika entdeckte, sind es immerhin an die 12.000 Gefäßpflanzen, die hier eingewandert sind. Auch die verursachten Schäden, weiß die Biologin Silke Lütt vom Schleswig-Holsteinischen Landesamt für Natur und Umwelt:

    "Das Gesundheitswesen z.B. durch den Riesenbärenklau, der durch Pflanzengifte bei Berührungen auf der Haut ganz nässende Ekzeme hervorruft unter Mitwirkung von Sonnenlicht. Und das sind also bösartige Verbrennungen, die, wenn das flächig auftritt, einen langwierigen Krankenhausaufenthalt nach sich ziehen. Ne andere Art ist die Ambrosie, deren Pollen allergen wirken und die Allergiker hierzulande zu peinigen beginnen."

    Neophyten können aber auch das ökologische Gleichgewicht ins Wanken bringen. Dann, wenn sie andere Pflanzen aus den angestammten Lebensräumen zurückdrängen. Im Land Berlin werden zur Bekämpfung der Traubenkirsche, einem aus Amerika eingeführten Strauchgewächs, das die Entwicklung des Waldes behindert, etwa 500.000 Euro jährlich aufgewendet. Bislang hat es allerdings noch keine eingewanderte Pflanze geschafft, eine heimische Art zum Aussterben zu bringen. Das macht vor allem der Mensch, sagt Silke Lütt:

    "Es ist so, dass der Anteil an dem Rückgang gefährdeter Arten bundesweit auf nur 5 Prozent auf Neophyten zurückgeführt wird. Der sehr viel entscheidendere Prozess ist in der Regel für den Rückgang der Arten, dass die Lebensräume der Arten zerstört werden. Das ist also sehr viel wichtiger als die Gefährdung durch Neophyten."