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Einheitskost schädigt Darmflora

Medizin. - Irische Forscher haben die Darmflora älterer Menschen verglichen, die im Altersheim oder zuhause lebten. Erstere tendierten dazu, sich einseitig zu ernähren. Diese Gewohnheit schädige auch die Darmflora und das führe wiederum zu "mehr Gebrechlichkeit". In "Nature" wird das Thema jetzt eingehender erläutert.

Von Christine Westerhaus |
    Zu viel Fleisch, zu viel Zucker und vor allem: Zu wenige Ballaststoffe. Wenn ältere Menschen in ein Altersheim umziehen, gewöhnen sich einige von ihnen offenbar einen einseitigen und ungesunden Ernährungsstil an. Darunter leide auch die Vielfalt im Darm, berichteten Paul O'Toole und seine Kollegen vom University College in Cork im Fachmagazin "Nature". Einige Bakterienarten gehen zugrunde und das wirke sich negativ auf die Gesundheit der Menschen im Altersheim aus.

    "Wir haben gesehen, dass die Ernährung einen starken Einfluss auf die Darmbakterien hat. Interessanterweise konnten wir gleichzeitig auch einen Zusammenhang zwischen der Vielfalt der Darmflora und dem Gesundheitszustand der untersuchten Menschen beobachten. Die Ernährung hat also einen großen Einfluss auf die Darmflora und diese wirkt sich wiederum auf die Gesundheit aus."

    Für ihre Studie haben die Forscher die Darmflora von 178 erwachsenen Probanden untersucht. Diese waren im Schnitt 78 Jahre alt und lebten entweder in ihren eigenen vier Wänden oder waren in einem Altersheim untergebracht. Die Forscher befragten die Menschen nach ihren Ernährungsgewohnheiten und verglichen diese mit der Bakterienvielfalt in den Stuhlproben. Die Auswertung ergab, dass sich Menschen im Altersheim einseitiger und ungesunder ernähren, als wenn sie zu Hause wohnen. Gleichzeitig tummeln sich weniger Bakterienarten in ihrem Darm. Daraus schließen die Forscher, dass die schlechtere Ernährung auf Kosten der Vielfalt im Darm geht. Dass dafür andere Faktoren im Altersheim verantwortlich sind, schließt Paul O'Toole aus.

    "Wir haben gesehen, dass sich die Darmflora von körperlich fitten Menschen innerhalb von sechs bis zwölf Monaten verändert, wenn sie ihre Ernährung umstellen. Unabhängig von den Ursachen, warum jemand in ein Altersheim gekommen ist, haben wir auch beobachtet, dass sich Entzündungswerte und die Muskelmasse im Körper verändern. Wir sind deshalb ziemlich sicher, dass dieser Zusammenhang zwischen Darmflora und Gesundheit unabhängig ist von anderen Alterungsprozessen, die sich auf die Gebrechlichkeit auswirken."

    Bisher ist jedoch unklar, auf welchem Weg die Ernährung die Bakterienvielfalt im Darm beeinflusst. Und wie sich die Stoffwechselprodukte der Bakterien auf Entzündungsprozesse und auf die Muskelmasse im Körper auswirken, wird gerade erst erforscht. Fredrik Bäckhed, der an der Göteborg Universität die Wirkung von Darmbakterien auf Stoffwechselprozesse im Körper untersucht, findet die Rückschlüsse seiner irischen Kollegen deshalb etwas voreilig.

    "All diese Studien, die die Rolle der Darmflora untersuchen, sind Querschnittsstudien. Man weiß nicht, was Ursache und was Wirkung ist. Die Menschen in einem Altersheim haben vielleicht auch einen anderen Lebensstil, als Menschen, die zu Hause wohnen. Und das kann sich auf die Darmflora auswirken."

    Dass die Darmflora älterer Menschen anders aussieht, als bei jüngeren, ist belegt. Unklar ist aber, warum bestimmte Bakterienarten mit der Zeit verschwinden. Fredrik Bäckhed kann sich vorstellen, dass hier ein interessanter Zusammenhang zu typischen Alterserscheinungen besteht.

    "Es heißt, dass die Darmflora bei Älteren instabiler wird. Es könnte also sein, dass wir bei Menschen, die an Alzheimer oder an anderen altersbedingten Leiden erkranken, Unterschiede in der Zusammensetzung der Darmflora finden."

    Auch Bäckheds Kollege Sven Pettersson geht davon aus, dass es eine Verbindung gibt zwischen typischen Altersleiden und einer veränderten Darmflora. Wer im Herbst seines Lebens steht, sollte deshalb möglichst auf seine Bakterien Acht geben.

    "Wir wissen, dass die Darmflora bei jungen Menschen ganz anders aussieht. Im Alter können wir die Bakterien aber möglichst lange über Umweltfaktoren beeinflussen, um Krankheiten und Symptome vorzubeugen. Mit anderen Worten: Wenn wir Sport treiben und uns gut ernähren können wir die positiven Effekte der Darmflora länger erhalten."