Studie
Einkommensverlust für Frauen nach Geburt weit höher als bislang angenommen

Der Einkommensverlust von Müttern nach der Geburt des ersten Kindes ist einer Studie zufolge größer als bisher angenommen. Mütter verdienen im vierten Jahr nach der Geburt durchschnittlich fast 30.000 Euro weniger als gleichaltrige Frauen ohne Kinder. Bisherige Schätzungen lagen bei rund 20.000 Euro.

    Eine junge Mutter am Laptop mit ihrem Baby auf dem Arm.
    Mütter haben nach der Geburt ihres Kindes oft Einkommensverlusten. (Getty Images / Oscar Wong)
    Die Untersuchung des Mannheimer Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und der niederländischen Universität Tilburg nimmt allerdings nicht nur Gehaltseinbußen als solche in den Blick. Sie beleuchtet auch unterschiedliche Szenarien je nach Lebensalter - mit entsprechender Fortschreibung für die Zukunft.
    "Werden Frauen unter 30 Jahren erstmals Mutter, erleiden sie einerseits Verluste im gegenwärtigen Einkommen. Andererseits verpassen sie auch wichtige Karriereschritte in der besonders prägenden frühen Berufsphase mit entsprechenden Folgen für ihren weiteren Werdegang", sagte Studien-Koautor Lukas Riedel aus der ZEW-Forschungsgruppe "Ungleichheit und Verteilungspolitik".

    Beruflich etablierte Mütter können später wieder durchstarten

    Frauen, die zu einem späteren Zeitpunkt Kinder bekämen, hätten diese Phase mit häufig hohem Lohnwachstum bereits durchlaufen und sich im Arbeitsmarkt etabliert. Deshalb verzeichneten sie zwar in absoluten Zahlen stärkere Einbußen im Einkommensniveau, etwa durch reduzierte Arbeitszeiten. "Langfristig gelingt es ihnen aber besser, ihre Karriere nach der Geburt wieder aufzunehmen", so Riedel. "Die Verluste nach der ersten Geburt entwickeln sich also unterschiedlich für Mütter unterschiedlichen Alters."
    Einkommensverluste bei Müttern nach der ersten Geburt werden in der Wirtschaftsforschung als "Child Penalty" bezeichnet. Die ZEW-Studie verwendet amtliche Daten von über 186.000 Müttern aus der "Stichprobe der Integrierten Arbeitsmarktbiografien", die zwischen 1975 und 2021 erhoben wurden. In der gängigen Methode würden die Verluste dagegen mithilfe sogenannter Event Studies geschätzt, schreibt das ZEW.

    Verzerrungen durch Schätzverfahren

    Bleibe das Alter bei der ersten Geburt außen vor, würden die Ergebnisse verzerrt. Für verlässliche Daten müssten Mütter gleichaltrigen kinderlosen Personen gegenübergestellt werden. "Unsere Schätzmethode nutzt nur saubere Vergleiche mit gleichaltrigen Frauen, die noch kein Kind haben", sagte Valentina Melentyeva, Koautorin von der Universität Tilburg. So könnten die weiter fortgeschrittenen Karrieren älterer Mütter berücksichtigt und die Einkommensentwicklung im Falle der Kinderlosigkeit abgebildet werden.
    Als Hauptursachen der dargestellten Gehaltseinbußen benennen die Wissenschaftler "vergleichsweise traditionelle Geschlechterrollen in Deutschland und ein Kinderbetreuungsangebot, das trotz mehrerer Ausbauschritte oft keine Vollzeitarbeit erlaubt". Die Folgen für die Mütter seien weitreichend: Wegen geringerer Bezüge, etwa aufgrund von Teilzeitarbeit, fielen für sie auch die Rentenzahlungen im Alter geringer aus.
    Hier können Sie die ZEW-Studie im Original lesen.
    Diese Nachricht wurde am 24.10.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.