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Einmalige Chance für Studierende

Die Studienstiftung des deutschen Volkes will eine eigene virtuelle Eliteuniversität gründen. Man wolle immer fünf benachbarte Fachrichtungen zusammenbinden und mit diesen ein wissenschaftliches Kolleg veranstalten, erläutert Dr. Gerhard Teufel das Modell. Besonders wichtig sei die internationale Ausrichtung. Dafür wolle man ehemalige Stipendiaten aus dem Ausland gewinnen.

Telefoninterview mit Dr. Gerhard Teufel | 22.07.2005
    Maleike: Die Diskussion um die Elite-Unis, die Exzellenzinitiative, die haben auch die Begabtenförderwerke hier in Deutschland mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, denn sie betreiben schließlich schon seit Jahren Eliteförderung, wenn man so will. Vergeben Stipendien an Talente, an die besten Studierenden und Doktoranden. Jetzt aber legt die Studienstiftung des deutschen Volkes noch eins drauf: Sie will nämlich eine eigene virtuelle Eliteuniversität gründen. Dr. Gerhard Teufel ist der Generalsekretär der Studienstiftung.Warum wollen Sie denn diese Elite-Uni jetzt? Reicht Ihnen die anstehende Exzellenzinitiative nicht aus?

    Teufel: Wir haben unsere virtuelle Eliteuniversität geplant schon im letzten Jahr, als es zur Diskussion stand in Deutschland, vier oder fünf Eliteuniversitäten, örtlich begrenzt, zu kreieren. Und das war unser Gegenvorschlag. Es wäre schade, wenn nur noch an wenigen Orten in Deutschland sozusagen exzellente Studenten studieren könnten. Und wir wollten einfach ein Gegenmodell insofern erfinden, dass wir sagen: Jeder Student, der in Deutschland besonders gut ist, kann auch an unserer virtuellen Eliteuniversität teilnehmen – auch wenn er in Greifswald, Cottbus oder in Bayreuth studiert.

    Maleike: Inwiefern unterscheidet sich denn Ihre Eliteuniversität von der Exzellenzinitiative, die jetzt geplant ist?

    Teufel: Wir wollen die besten Studenten von ganz Deutschland einladen, an einem zentralen Ort – das kann auf der grünen Wiese sein, das kann ein Schloss sein, das kann aber auch eine Universität sein – zweimal pro Jahr zusammenzukommen, jeweils eine Woche vor Semesterbeginn. Und denen machen wir also Angebote, die in fünf Gruppen stattfinden sollen. Wir wollen immer fünf benachbarte Fachrichtungen zusammenbinden und mit denen ein wissenschaftliches Kolleg veranstalten.

    Maleike: Also ist das sowas wie eine Art Sommerakademie, mit bestimmten Disziplinen?

    Teufel: Ja. Die Sommerakademien sind die Basis unserer Erfahrungen. Das hat sich in den letzten 30 Jahren hervorragend bewährt, junge Leute einzuladen, zwei Wochen zusammen morgens wissenschaftliche Forschung zu machen und nachmittags Freizeitvergnügen zu haben, Urlaub zu machen, abends wieder zu forschen. Und dieses Modell übertragen wir jetzt auf diese Woche vor Semesterbeginn. Konkret gesagt, nehmen wir ein Beispiel, gesellschaftswissenschaftliches Kolleg: die besten Studenten im Bereich Jura, Politikwissenschaften, BWL, VWL und auch Soziologie laden wir ein, gemeinsam dieses Kolleg zu gestalten. Die erste Tranche wird jetzt Anfang Oktober stattfinden: Wir gehen auf ein Schloss nördlich von Berlin, in der Nähe von Prenzlau, und werden dort in fünf Gruppen uns dem Thema widmen: Wie kann man die Welt von morgen gestalten?

    Maleike: Wenn man den Fächerkanon liest - also geisteswissenschaftliches Kolleg soll es geben, gesellschaftswissenschaftliches haben Sie schon angesprochen, es soll aber auch Lebenswissenschaften geben, Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften –, dann könnte man sagen, das sind wahrscheinlich auch die Disziplinen, die in der Exzellenzinitiative ziemlich weit vorne sind, zumindest die Naturwissenschaften und die Ingenieurwissenschaften. Warum haben Sie jetzt zum Beispiel nicht gesagt: Wir fördern mal die Musik oder die Kunst oder die Architektur?

    Teufel: Na ja, wir haben natürlich Förderprogramme auch für Kunst und für Musik. Das sind gesonderte Programme der Studienstiftung mit sehr vielen Stipendiaten. Aber jetzt, im Augenblick sieht es ja so aus, dass im Rahmen der Exzellenzinitiative die Studenten nichts direkt abbekommen. Es werden nur gefördert die Graduierten-Kollegs und die Forschungsbereiche der Universitäten, aber die Studenten, im Bereich von Lehre bekommen sie keine zusätzlichen Angebote. Und unser Modell wird den Studenten neue, einmalige Chancen eröffnen. Insofern ergänzen wir durchaus diese Exzellenzinitiative.

    Maleike: Wollen Sie nicht auch ein bisschen zeigen, dass Eliteförderung eigentlich Ihr Ding ist? Denn, ich meine, durch die Exzellenzinitiative fragt man sich ja auch: Warum brauchen wir eigentlich noch Begabtenförderwerke?

    Teufel: Ich glaube, das ist immer auch gute Tradition der deutschen Universitäten war, Eliten zu fördern. Insofern haben wir immer uns nicht als Gegenpol verstanden zu den deutschen Universitäten, sondern sozusagen als Partner der Hochschullehrer und Universitäten. Und das hat toll funktioniert, denn unsere Sommerakademien waren ja immer eine gemeinsame Produktion mit den besten Hochschullehrern in Deutschland und auch aus anderen Ländern.

    Maleike: Wie sieht es eigentlich aus? Können sich die Studierenden selbst bewerben oder muss man sich vom Professor vorschlagen lassen?

    Teufel: Die Stipendiaten der Studienstiftung können sich direkt bewerben und werden ohne weiteres dann auf diese Kollegs zugelassen. Die exzellenten Studenten, die noch nicht in der Studienstiftung gefördert werden, können sich auch selbst bewerben und bekommen dann ein besonderes Auswahlverfahren, damit sie rechtzeitig für diese Kollegs dann auch in der Studienstiftung aufgenommen sind.

    Maleike: Wie international werden denn diese Kollegs denn sein? Das ist ja auch ein ganz wichtiger Faktor eigentlich, wenn man den Wissenschaftsstandort Deutschland nach vorne bringen will.

    Teufel: Das war für uns eine wichtige Überlegung, dass wir von Anfang an auch Hochschullehrer aus dem Ausland einladen wollen. Wir machen jetzt eine Konferenz, Anfang September, zusammen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, wo wir alle Hochschullehrer, die wir ursprünglich mal hier in Deutschland als Stipendiaten gefördert haben, die aber heute in Chicago oder St. Andrews, Cambridge oder Oxford oder wo auch immer sitzen, dass wir die zurückeinladen nach Deutschland und sagen: Hört mal, Ihr seid zwar "verloren" für die Bundesrepublik, weil Ihr einen anderen Standort gewählt habt, aber kommt doch zumindest einmal pro Jahr - oder zweimal pro Jahr - eine Woche zurück und bringt Eure Forschungsergebnisse sozusagen nach Deutschland. Und ich hoffe, dass wir da auf einen fruchtbares Echo stoßen.

    Maleike: Herr Teufel, jetzt könnte man sagen, Sie haben eine gute Idee gehabt. Was macht Sie so sicher, dass die anderen Begabtenförderwerke nicht eine ähnliche haben? Sind Sie da in Kontakt irgendwie?

    Teufel: Wir haben diese Idee jetzt mal sozusagen lanciert und öffentlich gemacht bei unserer ersten großen Tagung der Begabtenförderwerke. Wir haben von den Stipendiaten ein begeistertes Echo bekommen. Wir haben sehr viele Bewerbungen – auch schon von anderen begabten Studenten, die wir nicht fördern, aber die bei der Konkurrenz sind. Insofern denken wir schon, dass das ein Angebot ist, was aus der Sicht der Stipendiaten höchst attraktiv ist. Dass die Begabtenförderwerke auch in einer gewissen Konkurrenz zueinander stehen, ist sicher richtig. Und ich glaube, das belebt das Geschäft, dass jedes Förderwerk die besten Modelle sozusagen auch in Konkurrenz zu anderen Förderwerken entwickelt.

    Maleike: Also, die Studienstiftung des deutschen Volkes will im Herbst ein neues Eliteförderprojekt starten. Informationen waren das von Dr. Gerhard Teufel, dem Generalsekretär der Stiftung.