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Einnahmeverluste durch Corona-Pandemie
Fußball im Visier der Investoren

Die europäischen Fußball-Ligen verlieren Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe auf Grund der Corona-Pandemie. Jetzt wollen die Ligen in Deutschland, Italien und Spanien gemeinsam mit Private Equity-Unternehmen Vermarktungs- oder Techfirmen gründen, um langfristig neue Einnahmen zu generieren.

Von Piet Kreuzer | 02.01.2021
Fernsehkameras bei einem Spiel ohne Zuschauer in der Bundesliga
Fernsehkameras bei einem Spiel ohne Zuschauer in der Bundesliga (imago images / Laci Perenyi)
Die Ausgangsposition ist günstig. Auf der einen Seite brauchen Europas Fußball-Ligen dringend Geld, auf der anderen scharren Investoren mit den Füßen.
"Da ist im Moment sehr, sehr viel Geld in den Märkten weltweit. Gleichzeitig sind die Investitionsmöglichkeiten sehr reduziert. Das heißt, Kapital sucht jetzt tatsächlich nach lukrativer Anlage", beschreibt Henning Vöpel, Direktor des Hamburger WeltWirtschaftsInstituts. "Insofern kommt das nicht überraschend, dass die Kapitalgeber jetzt einsteigen in den Fußball, weil der natürlich international eine sehr geeignete Plattform bildet, auf der neben ganz viel Fußball auch in Zukunft noch stattfinden kann. Und hier sucht und findet das internationale Kapital eben die Anlageform, die auch in Zukunft Rendite verspricht."
Und trifft auf eine Fußball-Landschaft, die auf die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie reagieren muss. Daniel Sillman, Chef der Vermarktungsagentur Relevant Sports Group sagte der Süddeutschen Zeitung: "Die Fußballindustrie wird einen Balanceakt vornehmen müssen. Wenn der europäische Fußball weiterwachsen will, muss er sich für Investoren öffnen und bereit sein, stärker zu expandieren."
DFL hat Angebote von Investoren
Auch die Deutsche Fußball-Liga DFL hat Angebote von Investoren, etwa 20 Private Equity-Firmen sollen nach Medienberichten Interesse haben. Das bestätigte auch DFL-Chef Christian Seifert nach der Mitgliederversammlung Anfang Dezember: "Wir haben Anfragen von Investorenseite, insbesondere was die internationalen Aktivitäten der Bundesliga angeht."
Mit Hilfe von Investoren sollen dann unter anderem Einnahmeverluste bei der Auslandsvermarktung langfristig ausgeglichen werden. Die Tochterfirma Bundesliga International vermarktet derzeit die Rechte für Bundesliga und 2. Liga im Ausland und musste auf Grund der Pandemie und Veränderungen im Markt Einnahmeverluste hinnehmen. Von 250 Millionen Euro sind die Einnahmen auf 200 Millionen gesunken. Robert Klein, Geschäftsführer von Bundesliga International im Deutschlandfunk: "Die Zahl, die sie eingangs genannt haben, ist dabei von der Größenordnung her gesehen zutreffend im Moment."
Leere Tribünen, eine Kamera vom Medienvermarkter Sportcast am Spielfeldrand.
Probleme und Verluste bei der Auslandsvermarktung
Noch erlöst die DFL mit ihrer Tochter Bundesliga International eine Viertel Milliarde Euro in der Auslands-Medienvermarktung. Doch die Tendenz ist fallend: Medien berichten von einem Rückgang von 20 Prozent.
Nach Brancheninformationen geht es um Anteile von zehn bis 20 Prozent an Bundesliga International. Bei einer Bewertung von einer Milliarde Euro, über die gerade spekuliert wird, könnte die DFL so mit einem dreistelligen Millionenbetrag rechnen. Im Februar will die DFL-Führung das Konzept den Vereinen bei einer Mitgliederversammlung präsentieren:
"Wenn sich die Klubs dafür entscheiden sollten, dann nicht deshalb, weil man jetzt kurzfristig Geld braucht, sondern weil man nach der Pandemie besser gerüstet sein möchte für den globalen Wettbewerb. Um dann die Stärken und Vorteile, die die DFL Organisation hat, angefangen von einer eigenen TV-Produktion über ein digitales Archiv, über eine eigene Datenfirma, über eine eigene Inhalte, stärker im Sinne der Liga nutzen zu können."
Digitale Inhalte-Plattform soll aufgebaut werden
Als strategische Fortentwicklung soll eine digitale Inhalte-Plattform aufgebaut werden, um langfristig die Einnahmen zu steigern. Die erwarteten Kosten liegen bei mindestens 200 Millionen Euro. Ein Teil der zukünftigen Erlöse müsste dann zwar mit den Investoren geteilt werden. Doch die Alternativen sind deutlich unattraktiver. Entweder müsste die DFL auf eine innovative Weiterentwicklung verzichten. Oder eine solche aus eigenen Mitteln finanzieren, was faktisch bedeuten würde: Die Klubs müssten eine Saison auf die Einnahmen aus dem Verkauf der internationalen Medienrechte verzichten. Das kann sich derzeit kein Verein leisten.
Bereits Nägel mit Köpfen hat die Serie A gemacht. Die italienische Liga hat zehn Prozent einer neu gegründeten Vermarktungsgesellschaft für die nationalen und internationalen Medienrechte verkauft. 1,7 Milliarden Euro zahlen die Investoren dafür. Für Ligachef Paolo Dal Pino ist dieses Investment wichtig, um die Bekanntheit der Marke Serie A weiter weltweit zu steigern.
Aber es gibt auch andere Ausrichtungen, erläutert der Ökonom Vöpel: "Wir wissen, es geht in der Digitalökonomie, in der Digitalwirtschaft um Daten, um Plattform und Reichweite, also das ist ein Vehikel, was nicht überraschend kommt und das, was zugleich auch den Wettbewerb, zwischen den Ligen in der Zukunft sicherlich charakterisieren wird."
Das beste Beispiel ist die spanische Liga. Diese will Anteile an ihrer Tochterfirma LaLiga Tech veräußern. Das Unternehmen bietet digitale Dienstleistungen an, bisher nutzen 70 andere Sportorganisationen den Service. So werden unter anderem der MotoGP-Promoter Dorna und die belgische Profiliga mit Anti-Piraterie-Tools beliefert. Erste Gespräche mit der Liga laufen bereits, Investoren wollen bis zu 60 Prozent von LaLigaTech erwerben.