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Einparken wird bald kinderleicht

Die moderne Elektronik warnt künftig nicht nur vor dem Zusammenstoß mit einem Fahrzeug, sondern hilft ebenso bei kleinen Parklücken. Der Autofahrer muss auch in anderen brenzligen Situationen in Zukunft weniger tun, das macht der 83. Genfer Automobilsalon deutlich.

Von Thomas Wagner | 06.03.2013
    Rauf aufs Gaspedal, runter vom Gas, Bremsen, Anfahren, Bremsen - immer dieser Stau. Ein Glück, das Ganze spielt nur am Fahrsimulator auf dem Messegelände in Genf. Doch für diejenigen Autofahrer, die die Nase voll haben vom realen Stopp-an-Go-Fahren, keimt Hoffnung auf:

    "Wir nennen das "pilotiertes Fahren". Und die Lösung sieht wie folgt aus: Dass im Stau der Fahrer selbst entscheiden kann, ob er das Fahrzeug fahren lässt für sich, oder ob er selber fährt. Es gibt Situationen im Stau oder beim Parken in Parkhäusern, da macht das Fahren keinen Spaß. Und genau an dieser Stelle setzt das pilotierte Fahren an: Wenn ich nicht fahren will, dann lass' ich mich fahren."

    Ricky Hudy ist Leiter der Entwicklung Elektronik beim Autohersteller Audi. "Pilotiertes Fahren" - das heißt im Klartext: Der Fahrer kann bei niedrigen Geschwindigkeiten die Hände in den Schoss legen und per Knopfdruck das Auto selber fahren lassen.

    "Wir haben Kamera-Systeme, die nach vorne rausblicken. Wir haben Radarsensoren. Das heißt: Bereits heute wird ein sehr gutes Bild von der Umwelt um das Fahrzeug herum gezeichnet. Und wir bringen eine enorme Intelligenz und Rechenleistung mit dem zentralen Fahrerassistenz-System ins Steuersystem. Und damit beschreiten wir den Weg zum pilotierten Fahren."

    Bis zu einer Geschwindigkeit von zehn Stundenkilometern ist der "Autopilot im Auto" nach Herstellerangaben bereits zugelassen; "pilotiertes Fahren" wäre aber bis 50 Stundenkilometer technisch möglich. Schon in den kommenden Jahren soll das System serienreif sein. Die Entwicklung macht eines deutlich: Der Trend zum "elektronischen Beifahrer", der auf Wunsch auch mal das Lenkrad übernimmt, ist unverkennbar.

    Ein paar Messestände weiter: Der Navi eines Ausstellungsfahrzeuges hat die Position geortet, nämlich Genf. In der Mittelkonsole hat der Fahrer sein Smartphone abgelegt, das sich automatisch mit dem Bordrechner verbindet - und auf Knopfdruck Wissenswertes über die Umgebung der Parkposition erzählt - eine Beispiel von vielen, das für das Zusammenwachsen von Smartphone und Auto steht. In diesem Fall hat das Auto aber noch viel mehr unter der Haube - nämlich einen Einpark-Assistenten.

    "Das ist ein System, da mich im Prinzip bei der Parkplatzsuche unterstützt. Das heißt: Wenn ich jetzt einen Parkplatz suche, aktiviere ich den Knopf. Bis zu einer Geschwindigkeit von 35 km/h scannt das System, ob eine freie Parklücke da ist. Und wenn das System eine freie Parklücke gefunden hat, bekomme ich die auf dem Display angezeigt. Ich kann die dann wählen und muss im nächsten Schritt nur den Anweisungen folgen. Ich betätige selber die Bremse und das Gaspedal, um das Fahrzeug in die Parklücke zu manövrieren. Die Lenkbewegungen übernimmt das Fahrzeug selbständig."

    erklärt Stefan Grilleneder vom Hersteller BMW, der einen Einpark-Assistenten in Genf vorstellt. Ausgestattet ist es mit einem Rundum-Kamera-System, das von außen gar nicht zu erkennen ist - Einparken selbst in enge Lücken wird so zum elektronisch unterstützten Spassvergnügen. Doch das Zusammenwachsen von Smartphone und Auto einerseits, die Fülle der Fahrassistenzsysteme andererseits sind nicht unumstritten. Frank Heidmann ist Automobiljournalist in Konstanz am Bodensee.

    "Ich persönlich würde mich ungern auf solche Systeme verlassen, weil ich der Meinung bin, dass sie auch ablenken können und einfach die eigene Urteilsfähigkeit, die eigene Fahrfähigkeit beeinträchtigen können."

    Die Hersteller sprechen dagegen von mehr Sicherheit beim Fahren. Sind solche elektronischen Assistenzsysteme deutlich auf dem Vormarsch, so dümpelt die noch vor zwei Jahren hochgelobte Elektromobilität eher vor sich hin. Christian Schmidt arbeitet bei dem Westschweizer Unternehmen Green Motion, das sich auf Ladestationen für Elektroautos spezialisiert hat.

    "Wir sind ein bisschen enttäuscht über die Absatzzahlen von diesen Fahrzeugen. Viele Fachleute haben das richtig gesehen, wenn sie sagen, dass der Marktanteil viel kleiner ist als erwartet. Es ist vorgesehen jetzt zwei Prozent im Jahre 2015. Viele haben 4,5 Prozent in 2015. Was ist der Hemmschuh? Der Hemmschuh ist sicher der höhere Preis für das Elektrofahrzeug."

    Und der wird vor allem von den immer noch teuren Batterien mitbestimmt: Alleine die Batterie eines elektrobetriebenen Mittel- oder Oberklassewagens kann auf rund 15.000 Euro kommen. Deshalb haben sich einige Hersteller von Elektroautos einen Trick ausgedacht, so Christian Schmid von Green Motion:

    "Sie kaufen das Fahrzeug und mieten pro Monat die Batterie. Das heißt: Für den Kunden ergeben sich zwei wichtige Sachen. Er hat das Fahrzeug zu einem Preis wie einem normalen Fahrzeug und kann eine Miete von etwa 75 Euro pro Monat."

    Damit werden die Anschaffungskosten für Elektroautos spürbar verringert; die Hersteller erhoffen sich damit eine größere Nachfrage. Denn Elektroautos gelten, wenn sie beispielsweise mit Ökostrom betrieben werden, als überaus umweltfreundlich - ebenso wie jenes in Genf vorgestellte Konzept, das eine neue Generation im öffentlichen Nahverkehr markiert.

    Der Züricher Fahrzeugdesigner Frank Rinderknecht träumt vom "Urban Swarm", vom Stadtschwarm, bestehend aus vielen hundert eigentümlichen Fahrzeugen. Der Prototyp steht an seinem Messestand - ein rund drei Meter hoher, von der Länge her gestaucht erscheinender Kleinbus namens "Micromax". Viele hundert "Micromax"-Fahrzeuge sollen, so die Vision von Frank Rinderknecht, einem großen Fischschwarm gleich zukünftig in großen Städten unterwegs sein.

    "Wir sprechen von einem Schwarm. Und unsere Vision sieht viele Micromaxes vor. Und für meinen Weg springe ich von einem zum anderen, wie ein Vogelschwarm, der rumfliegt. Und ich weiß, in zwei Minuten steht Fahrzeug B an dieser Kreuzung und kann mich zu C nehmen und dann zu D. Das heißt: ich wechsele das Fahrzeug mehre Male. Dadurch erreiche ich einen kurzen Arbeits- oder Reiseweg und mache das natürlich komfortabler."

    Das Von-Punkt-zu-Punkt trampen mit dem Micomax-Schwarm ist daher eine Art Mittelding zwischen Öffentlichem Nahverkehr und Individualverkehr - und würde, wenn eine Stadt das Konzept einmal umsetzt, in der Summe zu erheblich weniger Verkehr führen:

    "Stellen Sie sich vor: Im Berufsverkehr nur noch ein Drittel der Autos - aber dieselbe Zahl von Menschen wird transportiert. Das tönt ja fast schon wie so eine Art "Himmel auf Erden" in Sachen Stau und Arbeitszeit."