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Einsam in Ungarn
Pro-Europäer gegen Orbán

Der ungarische Premier Viktor Orbán setzt auf ein "Europa der Nationen" ohne Vorgaben aus Brüssel. Mit diesem Kurs hat er gute Chancen die Parlamentswahl im nächsten Jahr zu gewinnen. Allerdings gibt es auch in Ungarn pro-europäische Kräfte. Etwa eine junge Partei, mit dem Namen "Momentum". Auch die Bewegung "Pulse of Europe" wirbt für ihr Anliegen.

Von Jörg Brandscheid | 10.11.2017
    Pro-Europe demonstration, Budapest , Hungary UNGARN, 01.05.2017, Budapest - XIV. Bezirk. Grossdemonstration fuer Europa und gegen den wachsenden Einfluss Russlands auf Initiative der neuen linksliberalen Partei Momentum.
    Europäische Probleme, europäisch angehen - ein Ansatz den die EU-Befürworter in Ungarn verfolgen. (imago stock&people/ Martin Fejer)
    Der ungarische Premier Viktor Orbán setzt auf ein "Europa der Nationen" ohne Vorgaben aus Brüssel. Mit diesem Kurs hat er gute Chancen die Parlamentswahl im nächsten Jahr zu gewinnen. Allerdings gibt es auch in Ungarn pro-europäische Kräfte. Etwa eine junge Partei, mit dem Namen "Momentum". Auch die "Pulse of Europe-Bewegung" wirbt für ihr Anliegen.
    Sie sind nicht zu überhören, die Europafreunde in Ungarn. In einem Ungarn unter der Regierung von Viktor Orbán ist Europa jedoch vor allem eines: Definitionssache und wohl Projektionsfläche - auch für die düsteren Prophezeiungen des Konservativen, der davor warnt, dass der Kontinent sein Gesicht verliert, wenn der Migrationsdruck zunimmt. Im Europa Viktor Orbáns hat Brüssel nicht allzu viel zu melden, schon gar nicht in der Flüchtlingspolitik. Er wirbt für ein Europa indem die Nationen das Sagen haben.
    Gefährliche Nähe Orbáns zu Moskau
    Eine Position, mit der er und seine Partei Fidesz beste Chancen haben, im nächsten Jahr die Parlamentswahlen in Ungarn zu gewinnen. Ob es Orbán schaden wird, dass er die Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin sucht, bleibt abzuwarten. Seinen Gegnern macht er es damit jedoch zumindest einfacher, die Ungarn bei ihrer Freiheitsliebe zu packen: "Gehören wir zu Europa? Ja! Lassen wir es zu, dass wir an Russland gekettet werden? Nein, Wir möchten nicht zur Russland gehören sondern zu Europa, es sollte keine Frage sein, Momentum wird dafür alles tun, aber wir brauchen Eure Hilfe."
    András Fekete-Györ ist so etwas wie der Hoffnungsträger einer neuen Generation von klar pro-europäischen Politikern in Ungarn. "Momentum" heißt die von ihm gegründete Partei, die sich nicht weniger vorgenommen hat, als eines Tages die Fidesz-Regierung abzulösen. Immerhin: zu seinen Kundgebungen kommen auch schon mal tausende Anhänger: "Statt eines reichen, modernen und freien Europas möchte Orbán uns das arme, rückständige, unterdrückte Russland als Beispiel setzen. Aber wir, die jungen Leute, die heimgekehrt sind, wir werden unser Schicksal in die eigenen Hände nehmen und die Tendenz umkehren."
    Erst 28 Jahre alt ist der Momentum-Chef und in der Tat sind es vor allem junge Akademiker mit Auslandserfahrung, die er in Budapest um sich schart, doch seine Abneigung gegen russische Dominanz nach Jahrzehnten kommunistischer Unfreiheit ist keine Generationsfrage. Bei seinem Besuch Putins in Budapest demonstrierten tausende und nicht nur Junge.
    Fanatismus darf Europa nicht kaputt machen
    Die blaue Europafahne, wie sie die überparteiliche Bürgerbewegung "Pulse of Europe" monatlich in vielen Städten schwenkt, sie ist auch in Budapest zu sehen. Dort organisiert Klara Landwehr die Kundgebungen. Sie und sie wünscht sich mehr Unterstützung. Polarisieren - das ist nicht ihre Sache. Für Orbán oder für Europa, das sei die falsche Fragestellung:
    "Weil Orbán und Europa müsste und könnte auch funktionieren. Natürlich gibt’s auch was zu kritisieren."
    Und das gilt für die Europa-Aktivistin durchaus auch in der Flüchtlingspolitik. Fanatismus dürfe Europa nicht kaputt machen warnt die Deutsch-Ungarin. Das hält sie aber nicht davon ab, von Zuwanderern auch eine Integrationsleistung zu fordern und sie andernfalls aus dem Land zu weisen. Da seien die Gesetze in Europa leider nicht hart genug. Europäische Probleme, europäisch angehen - ein Ansatz den die EU-Befürworter in Ungarn verfolgen. Ob Orbán diese Bewegung wirklich gefährlich werden könnte, ist ungewiss. Doch ihren europäischen Optimismus lässt sich Klara Landwehr nicht nehmen, da glaubt sie die Ungarn gut zu kennen: "Die Leute wollen Europa, also da bin ich überzeugt, wenn hier eine Wahl wäre ob für oder gegen Europa, absolut, dann wären noch mehr Leute für Europa."