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Einsatz für einen besseren Schutz von Küsten und Inseln

Die Wattenmeerküste an der Nordsee ist ständig in Bewegung: Die heute bestehenden Inseln müssen vielerorts aufwändig geschützt werden, um nicht langsam aber sicher im Meer zu verschwinden. Besonders bedroht durch die Abtragung ist Sylt. Dort treffen sich Vertreter der Nordseegemeinden aus den Niederlanden, aus Deutschland und Dänemark, um über den Schutz der Küsten zu beraten.

Von Annette Eversberg |
    Am Roten Kliff in Kampen auf Sylt haben sich viele Schaulustige versammelt. Aus einem Rohr strömt Sand ans Ufer. Der Strand, der bisher noch ganz flach war, bekommt langsam sein gewohntes Profil. Das Kliff aus rotem Lehm hat wieder ein Gefälle. Diese Sandvorspülungen sind heute einer der Hauptprogrammpunkte der Wattenmeerkonferenz der Nordseegemeinden. Wie soll es weitergehen im Küstenschutz, ohne die Natur und die touristische Attraktion von Küste und Inseln zu gefährden? Küstenschützer Rüdiger Schirmacher vom Amt für Ländliche Räume in Husum.

    "Man kann sich ja schwer vorstellen, dass man jetzt eine große Spundwand baut und hat dann keinen Strand mehr. Das würde den gesamten Charakter der Insel Sylt zerstören. "

    Die Küstenschützer sprechen aus Erfahrung. Denn bis in die 50er Jahre hatte man noch Buhnen aus Beton und Stahl vor Sylt versenkt, um das zerstörerische Werk der Nordsee zu bremsen. Greg Baber ist zuständig für den Strand von Kampen. Er hat die Wirkung dieser festen Wehre genau verfolgt.

    "Die sind damals gebaut worden, um den Sanddrift nach Norden aufzuhalten. Teilweise sind sie kaputt natürlich. Es hat sich ergeben, dass sie nicht so funktionieren, wie sie funktionieren sollten. Und manche meinen, dass sie mehr Schaden anrichten, als sie gut tun. "

    Der Raubbau am Sand ist tatsächlich weitergegangen. Auch weil der Meeresspiegel immer weiter gestiegen ist. Um fast 2 Meter in den letzten 1000 Jahren. Das hat für das Wattenmeer erhebliche Folgen gehabt, weiß Rüdiger Schirmacher.

    "Dadurch ist das Wasservolumen, das täglich hin und her geführt wird, in dem gesamten Wattregime erhöht, und dadurch kann es auch zu erhöhten Strömungen kommen in einigen Bereichen und zu größeren Ausräumungen. Das ist eine ganz große Gefahr, die man hier sehen muss. "

    Die Inseln im Vorfeld der niederländischen, deutschen und dänischen Küsten lagern sich ständig um. Die dänische Insel Röm liegt bereits östlicher als Sylt. Trotzdem will man diesen Prozess nicht aufhalten. Obwohl man davon ausgehen muss, dass - modernen Satellitenmessungen zufolge - der Meeresspiegel der Nordsee um 35 cm in 100 Jahren steigen wird. Eine Quadratur des Kreises nennt auch der Gastgeber der Wattenmeerkonferenz der Nordseegemeinden und Bürgermeister von Rantum, Helge Jansen, den Küstenschutz in der Nordsee. Deshalb befürwortet er das geplante Forschungsprogramm zum Schutz der Südspitze von Sylt, der Hörnum Odde. Hier will man prüfen, wie man die Natur erhalten, und die vom Abbruch bedrohte Spitze dennoch sichern kann. Wissenschaftler wie der Leiter des Alfred-Wegener-Instituts in List auf Sylt, Karsten Reise, wissen, wie wichtig der Sedimenttransport der Nordsee ist und was passiert, wenn er nicht stattfindet.

    "Ein ansteigender Meeresspiegel entwickelt in Ufernähe so etwas wie einen Sandhunger. Und wenn da kein Sediment vorhanden ist, nichts von Land gezogen werden kann, allenfalls von den Rückseiten der Inseln etwas abgebrochen wird, dann sind die Watten tiefer. Damit werden auch die Wellenenergien größer in diesem Bereich. Und alle feinen Partikel werden rausgetragen in die Nordsee. "

    Er plädiert deshalb dafür, da, wo es notwendig ist, den Sedimenttransport künstlich zu unterstützen. Für Sylt bedeutet dies, dass Sand nicht nur im Westen der Insel, sondern auch im Osten aufgespült wird. Er macht sich schon Gedanken darüber, wie man Häuser vom Westen in den Osten verlagert. Solche Veränderungen sind für die Inselbewohner auch in den Niederlanden und Dänemark nicht neu. Sich schrittweise daran anzupassen sei für sie kein Problem, meint Helge Jansen. Schließlich habe man schon immer mit den Sturmfluten gelebt. Weiche Küstenschutzmaßnahmen wie die Sandvorspülungen auf Sylt haben für die Inselbewohner aber eindeutigen Vorrang. Für den Schutz der Küsten sind die gleichwohl teuren Maßnahmen auf den Inseln aus der Sicht von Küstenschützer Rüdiger Schirmacher unerlässlich.

    "Das bedeutet, dass die Wellen, die auf die Küste zulaufen, erst einmal gebrochen werden und den ersten Angriff abbauen. Das ist ganz wichtig, und das führt auch dazu, dass wir die Inseln so erhalten, wie sie jetzt sind. "