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Einschneidende Sparmaßnahmen

Forschungspolitik. – Die Krise der Staatsfinanzen ereilt die deutschen Forschungsgesellschaften mit aller Macht. Auf ihrer Jahreshauptversammlung in Hamburg berichtet die Max-Planck-Gesellschaft über ein sattes Defizit im laufenden und in den kommenden Haushalten. Da Einnahmeerhöhungen nicht in Sicht sind, dachten die Repräsentanten der bedeutendsten deutschen Organisation für Grundlagenforschung über Streichungen und Schließungen nach.

05.06.2003
    Mit bundesweit 80 Instituten und über 12.000 Beschäftigten – unter ihnen 3500 Wissenschaftler – ist die Max-Planck-Gesellschaft die bedeutendste deutsche Forschungsorganisation im Bereich der Grundlagenforschung. Doch am Forschungs- und Wissenschaftsstandort Deutschland bekommen auch international renommierte Institutionen die Haushaltskrise zu spüren. Im Fall der mpg heißt das mittelfristig ein Haushaltsdefizit von jährlich 28 Millionen Euro. Die Situation hatte sich im vergangenen Jahr nach der Ankündigung von Wissenschaftsministerin Edelgard Bulmahn, die versprochene Steigerung der Bundeszuschüsse um drei Prozent zu streichen, verschärft. Die mpg schätzte damals, dass ihr gegenüber dem tatsächlichen Finanzbedarf sogar 50 Millionen Euro pro Jahr fehlen. Jetzt reagiert der mpg-Senat, das Führungsorgan der Organisation, mit einschneidenden Sparmaßnahmen auf die verschlechterte Lage.

    Zwölf von insgesamt 270 Forschungsabteilungen sollen bis 2007 geschlossen werden, ein ganzes Institut, das für experimentelle Endokrinologie in Hannover, soll verschwinden. "Das Institut in Hannover wird geschlossen, weil es in der Masse unterkritisch ist, wir versuchen, die Aktivität dann an anderem Ort zu produzieren", erklärte mpg-Präsident Peter Gruss in Hamburg. Das Hannoveraner Institut soll im Göttinger Schwesterinstitut für biophysikalische Chemie aufgehen. Ebenfalls zusammengeführt werden die Institute für psychologische Forschung in München und neuropsychologische Forschung in Leipzig. Ab 2006 sollen beide Teile in der sächsischen Stadt angesiedelt werden. Die Schließung von Instituten und Abteilungen ist allerdings noch nicht genug, um das Haushaltsloch zu stopfen, folglich müssen alle mpg-Teile kurzfristig pauschal vier Prozent ihres Etats einsparen.

    Gestiegene Kosten der Forschung, eine ehrgeizige Expansion in den neuen Ländern sowie zahlreiche neue Programme haben die Schieflage der ehrwürdigen Forschungsorganisation ebenso verursacht wie die klamme Haushaltslage der öffentlichen Finanziers. 18 neue Institute gründete mpg in den neuen Ländern, von denen die letzten drei erst in diesem Jahr eingeweiht werden. Darüber hinaus steigen die Kosten für internationale Spitzenkräfte stetig an. Die Berufung eines Institutsdirektors kostet heutzutage 30 bis 50 Prozent mehr als früher. Die stärkere Kooperation mit den Universitäten hat ebenfalls Geld gekostet, ohne dass entsprechende Zuschüsse dagegenliefen. Schließlich ist auch ein Rückgang der Drittmittel zu erwarten, da das kommende EU-Forschungsrahmenprogramm industrieorientiert sein wird und damit für die Grundlagenforschung der mpg weniger Mittel bereitgestellt werden.

    [Quelle: Frank Grotelüschen]