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Einseitige Belastung privater Haushalte bei der Energiewende

Die Strompreise steigen und zwar heftig. Auf einen Vier-Personen-Haushalt könnten 2013 Mehrkosten von 150 Euro zukommen. Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert die Lastenverteilung bei der EEG-Umlage: Statt Vergünstigungen für energieintensive Unternehmen fordert sie Entlastungen für sozial Schwache.

Von Anja Nehls | 15.11.2012
    Die Strompreise steigen und zwar heftig. Berlins größter Energieversorger Vattenfall will zum kommenden Jahr die Strompreise um rund 13 Prozent erhöhen. Fast 2,5 Millionen Kunden sind davon betroffen. Davor hatten auch bereits EnBW oder RWE Preiserhöhungen angekündigt. 160 Versorger in Deutschland verteuern den Strom durchschnittlich um elf Prozent. Eine Familie mit 3000 Kilowattstunden Jahresverbrauch muss ungefähr neun Euro mehr im Monat zahlen.

    Als verlogen bezeichnet die deutsche Umwelthilfe hauptsächlich die Begründung der Stromanbieter für die Preisanstiege, dass sie lediglich die Erhöhung der sogenannten EEG Abgabe, mit der die Energiewende ja finanziert wird, an die Verbraucher weitergeben. Denn wenn man das immer wieder betont, macht man den Menschen die Energiewende madig. Fakt ist: die EEG Umlage soll von 3,6 Cent auf 5,3 Cent steigen. Die Energiewende verursacht aber noch weitere Kosten, die nun an die Verbraucher weitergeben werden, sagt Hannes Hönemann von Vattenfall.

    "Das EEG, als das, womit die Energiewende maßgeblich finanziert wird, ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Preissprungs, darüber hinaus gibt es aber auch noch ein paar andere Faktoren und Abgaben, die aber ebenfalls auf die Energiewende zurückzuführen sind."

    Das sind zum Beispiel Kosten für den Transport der Energie, die Benutzung des Stromnetzes, eine Förderung für Kraft-Wärme Kopplungsanlagen und die Tatsache, dass besonders energieintensive Unternehmen große Vergünstigen bekommen. Das muss aufhören, fordert Michael Spielmann von der Deutschen Umwelthilfe.

    "Die weitgehende Freistellung von der EEG-Umlage für energieintensive Betriebe ist aus unserer Sicht völlig überzogen. Und die Milliarden, die man damit sparen könnte, stünden zur Verfügung, man könnte damit den Strompreis insgesamt senken, wir sagen die EEG-Umlage könnte um etwa einen Cent für jeden Haushalt gesenkt werden."

    Denn gerade für sozial schwache Familien ist die Strompreiserhöhung schwer zu verkraften – hier wären Vergünstigungen möglich und erforderlich, meint die deutsche Umwelthilfe.

    "Was viel wichtige ist, dass dann auch der Eindruck nicht mehr bestünde, dass es sozial unausgewogen ist. Genau das führt aus unserer Sicht dazu, dass viele Leute sagen, das ist nicht gerecht, und weil es nicht gerecht ist, wird die Energiewende insgesamt infrage gestellt."

    Dabei ist die Akzeptanz für die Energiewende an sich relativ hoch. Deutschland will bis 2020 aus der Atomenergie aussteigen. Bis zum Jahre 2050 sollen sogar 80 Prozent des Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden, dass das erstmal Kosten verursacht akzeptieren viele Verbraucher.

    "Wir nehmen auch jetzt Strom, wo kein Atomstromanteil mit dabei ist, daher würde ich schon im Monat fünf Euro mehr bezahlen, ist mir was wert, doch einige Cent, weil ich schon der Meinung bin, dass diese Atomkraftgeschichten abgeschafft werden sollten. wir können ja nicht ewig auf die fossilen Brennstoffen setzen, von daher wäre es das wert."

    Einige sehen das anders - die Energiewende sollte von den Konzernen getragen werden, weil die ja am Ende auch wieder am Strom aus erneuerbaren Energien verdienen.

    "Man muss eigentlich nicht mehr zahlen, denn eigentlich ist er preiswerter, eigentlich ist er billiger, denn vom Rohstoffverbrauch gibt es nichts, die Investition jetzt in die Infrastruktur, das ist das teure, der Strom ist eigentlich fast kostenlos, bis auf die Maschinen eben."

    Wer jetzt als Verbraucher in einem Grundversorgertarif die Ankündigung für die Preiserhöhung bekommen hat, sollte sich überlegen, ob er kündigt und den Stromanbieter wechselt. Wolfgang Baumgarten von der Verbraucherzentrale Brandenburg empfiehlt dabei, aber nicht nur auf den Preis zu achten.

    "Man sollte immer eins berücksichtigen, der Preis ist nicht alles. der Vertrag, den man eventuell abschließt beinhaltet ja nicht nur den Preis, sondern auch andere Bedingungen, wie zum Beispiel die Laufzeit. je länger man sich bindet ist man auch an dieses Vertragsverhältnis gebunden und kann dort nicht ohne weiters raus."

    1998 war der Strommarkt liberalisiert worden, seitdem sind die Strompreise nicht wie erhofft gesunken, sondern kräftig gestiegen, um rund 50 Prozent in den vergangenen 14 Jahren.