Jedes Jahr erinnert ein Theaterfestival in den historischen Tempelruinen von Ayutthaya an die Geschichte der Stadt. Dann drängen sich Touristen aus aller Welt in den erleuchteten Ruinen Ayutthayas und schauen zu, wie Elefanten mit ihren Dompteuren auf ihren Einsatz warten. Junge Statisten erklimmen mit Hilfe hoher Leitern die Festungsmauern und stürmen aufs Schlachtfeld. Die Tempelanlagen sind zur Bühne geworden für ein großes Melodram, gestaltet nach den alten Regeln thailändischer Schauspielkunst und den modernen Inszenierungstechniken Hollywoods.
Ayutthaya zieht aber nicht nur Touristen aus aller Welt an, sondern auch viele traditionsbewusste Thais.
" Ayutthaya ist ein ganz besonderer Ort für Thailand. Die große Buddha-Statue hat geweint, als die Burmesen kamen und hier einmarschierten. Die Spuren der Tränen kann man heute noch sehen. "
Wanida sieht sie jedenfalls jeden Tag, wenn sie morgens im Tempel Wat Phananchoeng vor der 12 Meter hohen Buddha-Statue bettet.
Statue und Tempel sind älter als die Stadt. Vielleicht verdankt Ayutthaya ihnen sogar seine Existenz. Denn der Sage nach haben die Könige im 14. Jahrhundert beschlossen, ihre Hauptstadt neben diesem Tempel zu errichten, weil sie glaubten, dass sie dann auf immer unter dem besonderen Schutz dieses einzigartigen Buddha stehen würde.
Heute sucht Wanida Namsakhun die Nähe dieses Buddhas. Unter einem Sonnenschirm wartet sie am Eingang zur Tempelanlage auf Kundschaft. Im schwarzen Hosenanzug, mit pinkfarbenem Lippenstift, die Nägel passend dazu lackiert und silberner Lesebrille auf der Nasenspitze sieht sie aus wie eine moderne Geschäftsfrau. Ist sie auch. Sie verkauft Amulette, Glücksbringer und, wie sie betont, absolut seriöse Auskünfte. Wanida ist nämlich Wahrsagerin mit einem offiziellen Abschlusszeugnis der Akademie für Astrologie in Bangkok.
" Ich beginne jeden Tag damit, dass ich kleine Opfergaben mache. Die stelle ich hier in das Geisterhäuschen neben meinem roten Stuhl. Denn hier in diesem Tamarindbaum wohnen viele Geister und die sollen mich beschützen und mir viele Kunden zuführen. In dem Baum wohnt zum Beispiel auch der Geist von dem König, der den Tempel gebaut hat, in dem der große Buddha untergebracht ist, und diesen Geist bitte ich jeden Tag um Glück. "
Buddhismus und Geisterglaube gehen in Thailand problemlos zusammen. Wahrsagerin gilt als durchaus ernstzunehmender Beruf. Für moderne Thais ist es vollkommen normal, bei wichtigen Entscheidungen oder Geschäftsabschlüssen, in Liebesdingen oder selbst vor dem Kauf eines Lotterieloses ein Medium zu konsultieren.
Etwa ein Dutzend Kunden hat Wanida jeden Tag. 100 Baht kostet eine Sitzung, umgerechnet etwa zwei Euro. Besonders freut sie sich über Ausländer, denn die geben meist ein gutes Trinkgeld. Das liegt vielleicht auch daran, dass Wanida sie niemals enttäuscht.
" Ich würde niemals einem Kunden ein Unglück vorhersagen. Selbst dann nicht, wenn ich es ganz deutlich kommen sehe. Zum Beispiel habe ich oft junge Paare hier, die wollen heiraten und fragen mich dann, ob ihre Partnerschaft wohl auf Dauer halten wird. Und manchmal kommt es vor, dass ich sehe, dass das mit den beiden nicht gut gehen wird. Oder dass etwa der Mann bald einen Unfall haben wird. Oder dass die Frau ihn vielleicht wegen eines anderen verlassen wird. Aber das sage ich dann nicht, weil sie das verletzen könnte und ich habe in meiner Ausbildung gelernt, dass man niemals einen Kunden verletzen sollte. "
Direkt belügen will sie ihre Kundschaft aber auch nicht. Denn das wäre ja unseriös.
" Wenn ich sehe, dass jemanden ein böses Schicksal erwartet, dann gebe ich höchstens indirekte Hinweise. Ich rate den Menschen zum Beispiel, in den Tempel zu gehen und ein Opfer zu bringen. Oder den Mönchen eine großzügige Lebensmittelspende zu geben, wenn sie morgens ihren Bittgang durch die Straßen machen. Das könnte das Unglück dann ein bisschen abmildern. "
Der Wat Phananchoeng, vor dem Wanida sitzt, ist nur einer von einst 375 Tempeln der Stadt. Ihre Ruinen bilden heute den "Geschichtspark Ayutthaya". Hier arbeitet die Archäologin Tusnawak Sudhaswin. Wie viele Tempel und Paläste sie und ihr Team schon ausgegraben haben, weiß sie nicht. Aber sie kennt zu jedem eine Geschichte, zum Beispiel zur Tempelanlage der Könige.
" Wir Thais glauben, das Leben beginnt im Osten. Das spiegelt sich im Aufbau dieser Tempel. Sie sind wie eine Art Ahnengalerie einer alten Dynastie. Sie beginnt im Osten, der erste Tempel ist für den Gründervater. Wenn der Vater stirbt, setzen die Söhne hier seine Asche bei. Der Chedi, in dem die Urne aufbewahrt wird, ist immer auf der Westseite, denn im Westen endet das Leben. Die Söhne bauen dann den nächsten Tempel westlich vom ersten und werden darin später von ihren Kindern beigesetzt. "
Begonnen wurde der Bau im 15. Jahrhundert von König Trailok, der 40 Jahre lang regierte. Trailok war einer der stärksten Herrscher in der Geschichte Thailands. Er vereinigte zum ersten Mal weltliche und religiöse Macht. Seither gilt jeder König als staatliches wie spirituelles Oberhaupt der Nation.
Fast jeder Herrscher hat versucht, als Baumeister ein Zeichen zu setzen. Anhand der Architektur kann Tusnawak erkennen, aus welcher Periode die Tempel sind. Die ganz frühen hatten noch einen Turm im Zentrum, den sogenannten Prang. Aus jeder Himmelsrichtung führt eine steile Treppe außen den Turm hinauf und damit im einst noch stark hinduistisch geprägten Glauben der Thais zu Gott. Spätere Bauten haben dann einen Chedi im Mittelpunkt, der aussieht wie eine gigantische Glocke.
" Bei den Ausgrabungen lag manchmal die Ruine eines Gebäudes auf der eines anderen. An manchen Stellen sind offenbar Tempel zusammengestürzt und später ist an der selben Stelle eine neuer errichtet worden. Dann finden wir eine Schicht mit einer Lotusblüte und darunter die Reste eines Chedi. Aber weil wir wissen, dass die Lotusblüte immer das Fundament zierte, muss der Chedi zu einem älteren Tempel gehören. "
Zum Beispiel beim Wat Mahathat, der wurde im 14. Jahrhundert errichtet. Hier residierte der ranghöchste Geistliche, hier wurden alle Mönche geweiht, die das Privileg genossen, in den Tempeln der Stadt dienen zu dürfen. Der Wat Mahathat stand im Zentrum von Ayutthaya und er galt damit als Zentrum des Universums. Aber schon zur Hochzeit Ayutthayas war er einmal zusammengebrochen und dann wieder errichtet worden. Vor etwa 100 Jahren kollabierte er erneut und schien danach wie vom Urwald verschluckt.
Wir schreiben das Jahr 1956. Die Überreste von Wat Mahathat sind wieder entdeckt worden. Um ein Haar wären Thailands Denkmalschützer zu spät gekommen. Denn es waren Raubgräber, die als erste auf die Ruinen von Ayutthaya stießen. Wie viele wertvolle Kultgegenstände sie gestohlen haben, lässt sich heute nicht einmal mehr schätzen. In Sammlerkreisen war von einem regelrechten "Goldrausch" die Rede. Aber jetzt hat Thailands Regierung das Grabungsfeld gesichert, um es mit internationaler Hilfe systematisch archäologisch zu erschließen. Die Grundmauern werden freigelegt, einige der alten Gebäude sollen sogar rekonstruiert werden. Für wertvolle Einzelstücke entsteht ein Nationalmuseum.
An den Wänden des Nationalmuseums hängen Holzreliefs, die einst Tempel zierten. Sie zeigen gekrönte Häupter oder Drachenfiguren. In den Vitrinen werden Buddha-Statuen in allen Größen aufbewahrt, stehend, liegend und im Lotus-Sitz. Daneben göttliche Frauengestalten, Symbole für Fruchtbarkeit, die die Bauern anriefen, wenn sie um eine gute Ernte beteten. Dem Museumsführer Siranthan ist jedes Ausstellungsstück heilig.
" Wir können sehr stolz sein, weil wir immer ein friedliches Land waren, ein Land, in dem es sich unter der Regierung des Königs zu jeder Zeit gut leben ließ. Wir waren ein wohlhabendes Land, gerade zur Zeit der Ayutthaya-Dynastie. Die Flüsse waren voll mit Fischen, wir haben viel Reis angebaut, wir hatten eine florierende Landwirtschaft. Und wir waren immer unabhängig und haben uns nie kolonialisieren lassen. "
Mehr über den Alltag der Menschen erfährt man direkt gegenüber vom Museum, im Zentrum für historische Studien.
Aus einem kleinen Lautsprecher tönt der Gesang von Fischern, die auf ihren Fahrten von der Liebe träumten. Chaiwat, der Direktor des Studienzentrums, präsentiert stolz sein Modell des alten Ayutthaya. "Stadt des Wassers" bedeutet der Name. Gleich drei große Flüsse treffen hier zusammen und bilden eine Insel, auf der die Stadt errichtet wurde.
" Sie sehen: Ayutthaya war gut zu verteidigen, weil jeder Angreifer übers Wasser musste. Und der einzige gefährliche Feind waren die Burmesen, und die konnten nur von Norden kommen. Da mussten sie drei Tage lang kurvenreiche Flüsse hinunter schippern, die Verteidiger hatten also Zeit sich vorzubereiten. Andererseits war die Stadt aus allen Himmelsrichtungen gut zu erreichen und lag keine 150 Kilometer vom Meer entfernt. Sie war also ein idealer Handelsplatz. "
Die Geschäfte müssen gut gelaufen sein. Auf Chaiwats Modell glitzert es fast überall in der Stadt. Die Dächer der Paläste sind ebenso mit Gold überzogen wie die Chedis der Tempel.
" Ayutthaya handelte natürlich mit Reis, aber auch mit Silber, Blei und Zinn, mit edlen Hölzern, mit Fischhäuten, und mit zahllosen Gewürzen und Natur-Farbstoffen. "
Die Handelsrouten reichten im Osten bis nach China und im Westen bis Portugal. Die Bürger durften nicht direkt mit Ausländern Geschäfte machen. Alles lief über eine königliche Außenhandelsorganisation. Die belegte jede Transaktion mit einer Umsatzsteuer. Die Kunden schreckte das offenbar nicht ab.
" Eine Schiffsreise von Europa nach Ayuttaya dauerte mindestens acht Monate. Die Portugiesen waren die ersten, die kamen, etwa vor 450 Jahren. Bis heute gibt es hier noch einen Nachtisch in den Supermärkten zu kaufen, der typisch portugiesisch ist. Später kamen Holländer, die haben nicht nur Handel getrieben, sondern manche blieben als Bootsbauer hier und haben gutes Geld verdient. "
Die Holländer traten als Angestellte in den Dienst der Thais. Nach deren Plänen bauten sie große Dschunken und Reisbarken, aber sie steuerten auch eigenes Fachwissen mit bei. Überhaupt profitierten die Thais technologisch von den Kontakten zum Westen. Ausgrabungen zeigen, dass Ayutthaya im 18. Jahrhundert ein ausgeklügeltes System der Be- und Entwässerung besaß, nach französischem Vorbild zusammengesetzt aus Terrakotta-Rohren.
Franzosen, Portugiesen, Briten, Holländer und Japaner durften außerhalb der Befestigungsanlagen eigene kleine Siedlungen gründen. Von manchen stehen noch ein paar Grundmauern, andere sind nur noch auf Chaiwats Modell zu sehen.
Auch wenn die ethnischen Gruppen offenbar getrennt voneinander lebten, war Ayutthaya eine multikulturelle und religiös sehr tolerante Stadt. Die Europäer besaßen eigene Kirchen, von denen die Josephs-Kathedrale aus dem 18. Jahrhundert noch erhalten ist. Den Persern wurden sogar erlaubt, innerhalb der Stadtmauern eine Moschee zu errichten.
Neben den ausländischen Siedlungen im Süden fällt auf Chaiwats Modell der Elefantenkraal auf. Er sieht aus wie ein kleines Fort. In der Mitte steht ein Schrein und am Rand ein Pavillon, von dem aus die Könige bei der Dressur zugeschaut haben.
" Wilde Elefanten wurden aus dem Dschungel in diesen umzäunten Viehhof getrieben, um sie hier monatelang auszubilden. Man band ihnen die Hinterfüße fest, so dass die Tiere nicht weglaufen konnten. Die Elefantentreiber konnten auf ihre Köpfe klettern und sie ausbilden. Nur die besten Elefanten wurden für die Armee ausgewählt. Bevor sie in die Schlacht zogen, wurden sie von Mönchen geweiht. Wenn sie siegreich heimkehrten, wurden sie wie gute Soldaten vom König ausgezeichnet. "
Elefanten wurden für die Kriegsführung gebraucht. Sie waren Arbeitstiere oder Handelsware, für die Inder oder Perser hohe Preise zahlten. Das Elfenbein ihrer Stoßzähne war in China und Japan begehrt.
Elefanten gibt es immer noch in Ayutthaya und einige leben auch nach wie vor im Elefantenkraal. Jeden Morgen kommen sie in die Stadt und suchen erst mal den Schatten von ein paar alten Brodi-Bäumen, die mit leuchtenden Bändern umwickelt sind, um die Geister bei guter Laune zu halten. Hier warten sie und ihre Dompteure dann auf Touristen.
" Elefanten haben es bei uns so gut wie noch nie, sie müssen sich nicht im Dschungel durchschlagen und sie werden nicht für den Krieg gedrillt wie früher im Fort von Ayutthaya und sie müssen auch nicht so hart arbeiten wie in der Holzindustrie, hier ist es ein lockeres Leben. "
Rot-gelbe Samtdecken schmücken Kopf und Rücken der Tiere. Die Dompteure im Nacken kontrollieren jede ihrer Bewegung. Besucher können für umgerechnet einen Euro ein Bündel Bananen, Bambus oder Zuckerrohr kaufen und die Elefanten damit füttern. Für Fotografen führen sie Kunststückchen vor, heben die Vorderfüße oder knien vor den Fremden nieder. Wer will kann sich sogar an ein liegendes Tier ankuscheln und dann spüren, wie hart und stachelig sich die Haut anfühlt. Angst braucht man keine zu haben. Jeder Elefant gehorcht seinem Dompteur aufs Wort.
" Wirklich gut kenne ich nur einen Elefanten, mit dem ich jeden Tag zusammenarbeite. Es ist sehr wichtig, dass man jeden Tag mit dem selben Tier arbeitet. Sie müssen sich an deine Stimme gewöhnen und wenn sie dich dann akzeptiert haben, weil du ihnen ja auch essen gibst und sie wäschst, dann hören sie auf dich, aber nur auf deine Stimme. Dein Kollege könnte nie sicher sein, dass das Tier ihm auch ohne weiteres gehorchen würde. "
Wir schreiben das Jahr 1782. Thailand hat sich immer noch nicht von der Niederlage gegen die Burmesen erholt. Ayutthaya liegt in Trümmern. König Rama der Erste beschließt, 70 Kilometer weiter südlich eine neue Hauptstadt zu bauen: Bangkok. Königspalast und Tempel werden nach dem Vorbild der alten Hauptstadt gestaltet. Rama der Erste lässt sogar Ziegelsteine aus der Ruinen Ayutthayas holen, um mit ihnen die ersten Prachtbauten in Bangkok zu errichten.
Östlich der historischen Altstadt, jenseits des Pasak-Flusses dehnt sich heute das neue Ayuttaya aus, eine gesichtslose Industriestadt, geprägt vom Wirtschaftsaufschwung der letzten zwanzig Jahre. Knapp 100.000 Menschen leben hier, die meisten neu zugezogen. Auf den Wasserwegen fahren 50 oder 60 Meter lange Schub- und Schleppverbände. Große asiatische Konzerne vor allem der Elektro- und Elektronik haben Fabriken errichtet. Die schaffen weit mehr Arbeitsplätze als der Tourismus zu den Tempeln und Palästen. Die Wahrsagerin Wanida Namsakhun stellt ihrer Stadt kein positives Horoskop.
" Wenn ich mir als Wahrsagerin die Konstellationen anschaue, muss ich sagen, in der Zukunft wird es ungemütlicher werden, hier zu wohnen. Es wird mehr Konflikte geben, weil immer mehr Leute kapieren, dass man hier gutes Geld verdienen kann und jeder will seinen Anteil haben. Früher gab es ein paar Leute, die haben mit Gewalt anderen etwas weggenommen und die konnte man einsperren. Heute sind die meisten cleverer, überlegen sich Tricks, wie sie andere reinlegen oder über den Tisch ziehen. Das kann man schwerer nachweisen, da kann man gar nicht sagen, was Recht oder Unrecht ist, aber das schafft böses Blut. "
Ayutthaya ist für viele Thais heute wieder das spirituelle Zentrum ihres Landes. In den Ruinen finden zwar keine religiösen Zeremonien mehr statt. Aber einige Tempel sind wieder aufgebaut worden und rund um die Altstadt sind viele neue Klöster entstanden. Für jeden Mönch ist es eine Ehre, wenn er hierher zu Exerzitien eingeladen wird.
Seit Ayutthaya 1991 zum Weltkulturerbe erklärt wurde, sind die Besucherzahlen drastisch gestiegen. Ausländer wie Thais kommen gleich busladungsweise, viele aber nur für einen Kurztrip.
Tusnawak, die Archäologin, freut sich über das Interesse, wird aber manchmal zornig, wenn sie sieht, wie achtlos manche Gäste durch die historische Stadt streifen. In jedem Haus wohnen nach thailändischer Überlieferung schließlich noch die Geister der Verstorbenen, auch wenn das Haus inzwischen eine Ruine ist. Tusnawak selbst verneigt sich deshalb jedes Mal, bevor sie einen Tempel oder Palast betritt, legt die Hände einander und bittet die Geister um Erlaubnis, eintreten zu dürfen. Von den Fremden erwartet sie ja gar nicht das Gleiche, aber ein bisschen mehr Respekt könnten sie schon zeigen, findet sie.
" Japaner, mich ärgern besonders die Japaner. Es gibt hier ja einige Buddha-Statuen, bei denen der Kopf fehlt. Dann stellen sie sich dahinter und legen ihr Kinn auf die abgebrochen Statue. Damit setzen ihr Gesicht an die Stelle von Buddhas Kopf und lassen sich so fotografieren. Das beleidigt unsere Religion. Wenn ich so etwas sehe, gehe ich hin und sage, bitte kommen sie runter, Sie sind nicht unser Gott. "
Tusnawak hat eigenhändig Schilder entworfen, die den Touristen veranschaulichen sollen, was verboten ist.
Man benimmt sich schnell daneben in Ayutthaya. Man darf sich nicht nur nicht an die Stelle von Buddha setzen, man muss auch aufpassen, dass man ihn nicht überragt. Touristen vergessen das oft am Wat Mahathat. Dort ist der Kopf einer Buddha-Statue freigelegt worden, der umschlungen ist von den Wurzel eines riesigen Baumes. Hunderte Besucher wollen sich jeden Tag neben dem Gesicht dieses Buddhas fotografieren lassen, aber sie vergessen niederzuknien, um sich ihm symbolisch unterzuordnen, wie es der Glaube verlangt.
Nicht nur Touristen, auch viele Einheimische gehen achtlos um mit dem historischen Erbe. Sie fahren mit ihren Mopeds, Geländewagen und Reisebussen zwischen den Ruinen herum, obwohl sie wissen, dass Abgase und Erschütterungen die Bausubstanz weiter schädigen. Tusnawak hadert manchmal damit, wie schwer die Belange des Denkmalschutzes durchzusetzen sind.
" Es kommen immer wieder Delegationen von der UNESCO, die sich die Entwicklung hier anschauen. Und wenn sie unzufrieden sind können wir den Status als Weltkulturerbe verlieren. Aber es gibt eben viele unterschiedliche Interessen. Wenn die UNESCO sagt, hier muss eine autofreie Insel sein, dann fühlen sie sich viele Einwohner bevormundet. Die wollen hier ihre Geschäfte machen, die wollen Straßen und sich frei darauf bewegen. Man muss die Interessen irgendwie ausgleichen. "
Schließlich ist Ayutthaya ein lebendes Denkmal: eine Stadt, die die Vergangenheit festhalten, aber auch die Zukunft nicht verpassen will.
