Albert Einstein ist nach Ulm zurückgekehrt, als alter Mann, als hochgeehrte, verachtete, erpressbare Legende der deutschen Wissenschaft. Und weiß nicht genau, was er in seinem Geburtsort eigentlich soll.
In Ulm ist Einstein ein Mythos, dem Jugendliche mit Perücke und weißem Kittel nacheifern, der örtliche Arbeitsgemeinschaften zu wirren Videos anregt, die etwas mit Licht, mit Relativität, mit Chaos zu tun haben - eine lässige Annäherung an ein Geheimnis, das umso ferner rückt, je näher man ihm sein will.
Gut drei Jahre hat es gedauert, ehe der Komponist Dirk d`Ase, gebürtig aus Antwerpen und in Wien lebend, eine Form gefunden hat, die Person Einstein einzukreisen, verständlich zu machen durch Musik. Und hat dabei ein symbolische Sprache gefunden, die das mathematische, analytische Denken des Physikers zumindest nachzuvollziehen sucht. Ausführlich im Programmbuch erklärt, schickt d`Ase den Zuhörer in ein symphonisches Werk voller Klangsymbolik. Noch ehe der große Sohn der Stadt auf der Bühne erscheint ist er schon präsent - als sieben Tonfolgen - und bleibt es bis zum Schluss.
Angelehnt an kabbalistische Zahlensymbolik bedeutet die Sieben Vollkommenheit. Begleitet von vier kontrapunktisch eingesetzten Stimmen, weist d´Ase Einstein auch die Zahl Fünf zu, die Zahl des Wandels, der Sinnlichkeit und des Abenteuers. Ihm zur Seite steht die Figur der Sarah, eine Pressefotografin, deren 15 Töne ein Klang von Hoffnung und Jugendlichkeit hinterlässt. Zu kabbalistischen Trias fehlt nur noch die Gewalt, der Erpresser mit einer ins Absurde steigenden Spirale aus kleinen Intervallen. Die Musik bekommt ein Korsett verpasst, das ihr gut steht.
Gegen dieses Produkt analytischen Komponierens kommt die schleppende Handlung nicht an. Hemdsärmlig und kumpelhaft ziehen die amerikanischen Piloten der "Enola Gay" frühmorgens los um den "Little Boy" abzuwerfen, jene Atombombe, die Hiroshima am 6. August 1945 ausradierte. Wie ein Spielzeug hängt die "Wunderwaffe" über der verstaubten Studierstube und sinkt den zweistündigen Abend Millimeter um Millimeter hinab. Während Einstein in seiner Wohnung in Princeton, im Rückblick neun Jahre später, den Sinn seiner Erfindungen bezweifelt, spielt Robert, der Pilot, mit einem Mini-Atompilz. Die Spuren seines erschreckenden Lichtes, das er im August 1945 verbreitete, hatte bewiesen, dass Energie die Summe der Atommasse und dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit ist.
Wie nebensächlich mutet da die von Librettist Joachim Stiller aufgeplusterte Erpressungsgeschichte an, die ein Mensch namens Hollberg in Einsteins Wohnung inszeniert. Und dies ist nur eine von den überwiegend historisch authentischen Stellen der Opernhandlung, denn tatsächlich hatte es 1905 Anschuldigungen gegeben, dass Albert Einstein bei der Entwicklung der Quantentheorie von seinem Physikerkollege David Hilbert abgekupfert habe.
Vergeblichen Nachdruck verleiht dieser lächerliche Erpresser seiner Geldforderung durch eine Brandstiftung in Einsteins "Institute for Advanced Studies". Dumm nur, dass Einsteins Genialität nicht in den verbrannten Forschungsunterlagen steckt.
Einstein soll heruntergeholt werden von seinem Nobelpreisthron, soll fürsorglich, väterlich, ja banal dargestellt werden. Was soll er schon antworten auf Sarahs Frage "Was ist das für eine Welt in der man keinem mehr trauen kann"? Oder ihre Feststellung, dass "wir alle mal einen schlechten Tag haben". Dem Librettisten Stiller nimmt man solche Plattitüden ungern ab. Mit den Dialogen können die sechs Sänger des Ulmer Theaters, allen voran die beiden Kammersänger Wilhelm Eyberg von Wertenegg als Einstein und Hans-Günter Dotzauer als sein Gegenpol Hollberg ebenso wenig anfangen, wohl der Grund für stimmliche Unzulänglichkeiten.
Lähmend legen sich die Worte über die Musik, obwohl Thomas Mandl am Pult das Ulmer Theaterorchester bemerkenswert anspornt. Hätte Komponist Dirk d`Ase doch eine Einstein-Symphonie schreiben sollen!
Den ernsthaftesten Augenblick des Abends bringt das allerletzte Bild, in dem die Oper dem Zeit seines Lebens außenstehenden Einstein am nahesten kommt. Inmitten eines dickflockigen Ascheregens sitzt es da, das Genie, die Bücher sind längst verschwunden unter einer Schicht grauen Staubes, die Musik raunt in ihren Klangsymbolik noch etwas von Schuld und Vergebung, ehe das Licht abrupt erlischt. D´Ases Musik kabbaliert noch weiter, ehe sie das Publikum von der Hand lässt. Ein wenig verdutzt und unsicher sitzt es hinterher da. Eine banale Handlung begleitet von einer hochkomplexen Musik – das ist es ja vielleicht, das Geheimnis des Albert Einstein.
In Ulm ist Einstein ein Mythos, dem Jugendliche mit Perücke und weißem Kittel nacheifern, der örtliche Arbeitsgemeinschaften zu wirren Videos anregt, die etwas mit Licht, mit Relativität, mit Chaos zu tun haben - eine lässige Annäherung an ein Geheimnis, das umso ferner rückt, je näher man ihm sein will.
Gut drei Jahre hat es gedauert, ehe der Komponist Dirk d`Ase, gebürtig aus Antwerpen und in Wien lebend, eine Form gefunden hat, die Person Einstein einzukreisen, verständlich zu machen durch Musik. Und hat dabei ein symbolische Sprache gefunden, die das mathematische, analytische Denken des Physikers zumindest nachzuvollziehen sucht. Ausführlich im Programmbuch erklärt, schickt d`Ase den Zuhörer in ein symphonisches Werk voller Klangsymbolik. Noch ehe der große Sohn der Stadt auf der Bühne erscheint ist er schon präsent - als sieben Tonfolgen - und bleibt es bis zum Schluss.
Angelehnt an kabbalistische Zahlensymbolik bedeutet die Sieben Vollkommenheit. Begleitet von vier kontrapunktisch eingesetzten Stimmen, weist d´Ase Einstein auch die Zahl Fünf zu, die Zahl des Wandels, der Sinnlichkeit und des Abenteuers. Ihm zur Seite steht die Figur der Sarah, eine Pressefotografin, deren 15 Töne ein Klang von Hoffnung und Jugendlichkeit hinterlässt. Zu kabbalistischen Trias fehlt nur noch die Gewalt, der Erpresser mit einer ins Absurde steigenden Spirale aus kleinen Intervallen. Die Musik bekommt ein Korsett verpasst, das ihr gut steht.
Gegen dieses Produkt analytischen Komponierens kommt die schleppende Handlung nicht an. Hemdsärmlig und kumpelhaft ziehen die amerikanischen Piloten der "Enola Gay" frühmorgens los um den "Little Boy" abzuwerfen, jene Atombombe, die Hiroshima am 6. August 1945 ausradierte. Wie ein Spielzeug hängt die "Wunderwaffe" über der verstaubten Studierstube und sinkt den zweistündigen Abend Millimeter um Millimeter hinab. Während Einstein in seiner Wohnung in Princeton, im Rückblick neun Jahre später, den Sinn seiner Erfindungen bezweifelt, spielt Robert, der Pilot, mit einem Mini-Atompilz. Die Spuren seines erschreckenden Lichtes, das er im August 1945 verbreitete, hatte bewiesen, dass Energie die Summe der Atommasse und dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit ist.
Wie nebensächlich mutet da die von Librettist Joachim Stiller aufgeplusterte Erpressungsgeschichte an, die ein Mensch namens Hollberg in Einsteins Wohnung inszeniert. Und dies ist nur eine von den überwiegend historisch authentischen Stellen der Opernhandlung, denn tatsächlich hatte es 1905 Anschuldigungen gegeben, dass Albert Einstein bei der Entwicklung der Quantentheorie von seinem Physikerkollege David Hilbert abgekupfert habe.
Vergeblichen Nachdruck verleiht dieser lächerliche Erpresser seiner Geldforderung durch eine Brandstiftung in Einsteins "Institute for Advanced Studies". Dumm nur, dass Einsteins Genialität nicht in den verbrannten Forschungsunterlagen steckt.
Einstein soll heruntergeholt werden von seinem Nobelpreisthron, soll fürsorglich, väterlich, ja banal dargestellt werden. Was soll er schon antworten auf Sarahs Frage "Was ist das für eine Welt in der man keinem mehr trauen kann"? Oder ihre Feststellung, dass "wir alle mal einen schlechten Tag haben". Dem Librettisten Stiller nimmt man solche Plattitüden ungern ab. Mit den Dialogen können die sechs Sänger des Ulmer Theaters, allen voran die beiden Kammersänger Wilhelm Eyberg von Wertenegg als Einstein und Hans-Günter Dotzauer als sein Gegenpol Hollberg ebenso wenig anfangen, wohl der Grund für stimmliche Unzulänglichkeiten.
Lähmend legen sich die Worte über die Musik, obwohl Thomas Mandl am Pult das Ulmer Theaterorchester bemerkenswert anspornt. Hätte Komponist Dirk d`Ase doch eine Einstein-Symphonie schreiben sollen!
Den ernsthaftesten Augenblick des Abends bringt das allerletzte Bild, in dem die Oper dem Zeit seines Lebens außenstehenden Einstein am nahesten kommt. Inmitten eines dickflockigen Ascheregens sitzt es da, das Genie, die Bücher sind längst verschwunden unter einer Schicht grauen Staubes, die Musik raunt in ihren Klangsymbolik noch etwas von Schuld und Vergebung, ehe das Licht abrupt erlischt. D´Ases Musik kabbaliert noch weiter, ehe sie das Publikum von der Hand lässt. Ein wenig verdutzt und unsicher sitzt es hinterher da. Eine banale Handlung begleitet von einer hochkomplexen Musik – das ist es ja vielleicht, das Geheimnis des Albert Einstein.