"Gebt mir einen Tanker voll Eisen, und ich gebe Euch eine neue Eiszeit!" So griffig wie der amerikanische Ozeanograph John Martin vor 25 Jahren hat nie wieder jemand den Reiz der Eisendüngung beschrieben.
"Diese Idee von John Martins lauerte immer im Hintergrund, war aber nicht der eigentliche Antrieb für die Experimente. Als die Versuche dann jedoch Erfolg hatten, wuchs der Wunsch, diesen Mechanismus als Instrument gegen den Treibhauseffekt zu nutzen."
Doug Wallace vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften in Kiel. Schon vor der Kontroverse um das aktuelle Lohafex-Experiment waren Forscher wie er nicht gerade glücklich über die Erwartungen, die an die Eisendüngung gerichtet wurden. Noch sind viel zu viele Fragen offen. Immerhin scheint eines klar: Mit dem Tanker voll Eisen kann man eine Algenblüte hervorrufen. Zwölf größere Experimente wurden bislang durchgeführt und schon das erste hatte es 1995 gezeigt. Im Pazifischen Ozean düngten US-Forscher in Äquatornähe eine 64 Quadratkilometer große Wasserfläche mit Eisen - und dreimal mehr mikroskopisch kleine Algen wuchsen als im ungedüngten Wasser. Vier Jahre später gelang das auch in den stürmischen Gewässern des Südozeans vor der Antarktis. Eines der Experimente war Eisenex - geleitet vom Alfred-Wegener-Institut und durchgeführt mit dem deutschen Forschungseisbrecher "Polarstern". Keines konnte aber klären, was mit den Algen nach der Blüte geschieht.
"Wir wissen dass die Pflanzen so gut wachsen, dass wir sie sogar aus dem Weltraum heraus sehen können. Aber die große Frage ist, ob die Pflanzen nach dem Absterben auch in die Tiefsee absinken oder ob das Zooplankton und die Wale sie fressen, ehe sie absinken. Um diese Frage zu beantworten, sind die Experimente nicht ausgelegt worden."
Ken Johnson vom Monterey Bay Aquarium Research Institute. Will man die Algenblüten als Instrument gegen das Treibhausgas Kohlendioxid verwenden, ist das aber die alles entscheidende Frage. Sinken die Algen wirklich mit dem Kohlendioxid in die Tiefsee hinab, wird das Gas unter Umständen für lange Zeit weggeschlossen. Peter Croot vom Kieler Leibniz-Institut:
"In vielen Experimenten hat man Hinweise dafür erhalten, dass der größte Teil der Biomasse bereits wieder verbraucht wurde, während das Experiment noch lief. Das heißt, es wurde kaum Kohlendioxid dauerhaft aus der Atmosphäre entfernt."
Keine guten Aussichten also im Kampf gegen den Treibhauseffekt. Die Wirkung auf das Kohlendioxid in der Atmosphäre ist aber nur eine Seite. Eine andere sind die Folgen für das Ökosystem Ozean selbst. Denn mit der Eisendüngung kippt man ja nur Dünger ins Wasser, ohne zu wissen, wer davon profitiert. Ken Johnson:
"Den Ozean zu düngen, das ist, als ob man die afrikanische Savanne in einen Dschungel verwandeln würde. Schon bei unserem ersten Experiment im tropischen Ozean geschah etwas sehr Auffälliges. Wir düngten einen tiefblauen Ozean, und Raubfische wie der Mahi-Mahi schwammen um unser Schiff und jagten. Kaum hatten wir das Experiment begonnen, explodierte das Algenwachstum und das Wasser wurde grün und trüb. Die Mahi-Mahi waren verschwunden, stattdessen waren überall Schildkröten. Düngt man die Meere in großem Maßstab, um den Klimawandel abzupuffern, werden sich die Veränderungen durch das gesamte Ökosystem hinauf fortsetzen."
Die Folgen sind noch nicht einmal abzuschätzen, urteilt Ken Johnson vom Monterey Bay Aquarium Research Institute. Manchmal verpufft die Düngung auch komplett. Peter Croot:
"Das war bei einigen kleineren Experimenten so, eins vor der Küste von Neuseeland. Als da Eisen ins Wasser gegeben wurde, gab es überhaupt keine Blüte. Es funktioniert eben nicht immer, man muss die richtigen Bedingungen erwischen. Jetzt nach mehr als zehn Jahren Forschung wissen wir etwa, worin die bestehen, aber das heißt nicht, dass wir das immer und überall schaffen."
So würden in den Tropen durch eine Düngung oft nur an einer Stelle Nährstoffe verbraucht, die dann andernorts fehlen, so dass dort weniger Biomasse entsteht. Obwohl viele Meeresforscher der Eisendüngung kritisch gegenüberstehen, müssten die Forschungen weiter laufen. Ken Johnson:
"Weil die Menschen über das Kohlendioxid besorgt sind, werden wir darüber nachdenken müssen: Werden die Probleme übermächtig, drängt man uns einfach in die Ecke."
Am 7. Januar ist die "Polarstern" in Richtung Südozean ausgelaufen. Dort wollen die Wissenschaftler an Bord ein weiteres Eisendüngungsexperiment durchführen. Doch diesmal, so scheint es, stehen sie gerade deswegen in der Ecke.
Frieder Meyer-Krahmer, Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, im Gespräch mit Gerd Pasch
Gerd Pasch: Kann das Alfred-Wegener-Institut mit der Polarstern das Experiment durchführen wie geplant?
Frieder Meyer-Krahmer: Ja, ich kann bestätigen, dass meine Ministerin gerade grünes Licht für dieses Projekt beschlossen hat. Das AWI kann also nun zusammen mit den internationalen Partnern das Experiment in eigener Verantwortung durchführen.
Pasch: Was hat denn das Forschungsministerium prüfen müssen?
Meyer-Krahmer: Wir haben zwei ganz unterschiedliche Fragen geprüft: Einmal haben wir geprüft die dahinter stehenden Befürchtungen und Ängste, und zum anderen auch die Frage der Bedenklichkeit oder der Unbedenklichkeit des Projektes als solches. Die Befürchtungen und Ängste dahinter sind einmal, dass dieses Projekt ein Einstieg in die kommerzielle Eisendüngung der Ozeane darstellt. Hier kommen wir klar zu dem Ergebnis, dass es sich darum nicht handelt, und auch die Bundesregierung als Ganzes lehnt auch die kommerzielle Eisendüngung der Ozeane ab, weil sie keinen Beitrag zum vorsorgenden Klimaschutz darstellt. Die zweite wesentliche Frage war, dass es hier um Geoengineering handelt, das heißt auch so etwas Ähnliches wie eine produktionstechnische Umsetzung des Ansatzes. Auch hier können wir Entwarnung geben. Wir haben des weiteren international renommierte Institutionen und herausragende Wissenschaftler gebeten, dieses Experiment nun zu bewerten, den British Arctic Survey sowie das IFM Geomar in Kiel von der fachlichen Seite und von der völkerrechtlichen und seerechtlichen Seite das Max-Planck-Institut sowie ein Institut für Internationales Recht an der Universität Kiel. Die Ergebnisse sind relativ klar, es wird bestätigt, es gibt keine Gefährdung für die Meeres-Umwelt, es handelt sich um ein Experiment der Grundlagenforschung. Zum Einsatz kommt Eisensulfat in der kleinsten möglichen Menge. Dieses Kriterium der Kleinräumigkeit, das in den Konventionen zur Biodiversität zugelassen worden ist, stimmt, und ist der Fall. Und das ganze Experiment bewegt sich auch auf so genannten Coastal Waters. Das heißt also, die Umweltverträglichkeit, die fehlende Gefährdung der Meeres-Umwelt ist auf der einen Seite gegeben, auf der anderen Seite aber auch die Verträglichkeit mit den Beschlüssen zur Biodiversität und der London-Konvention vom Oktober letzten Jahres.
Pasch: Da sind wir gerade bei den letzten Punkt, der Vorwurf stand ja im Raum, das Experiment verstoße gegen diese Londoner Konvention der Vereinten Nationen zum Schutz der Meere?
Meyer-Krahmer: Wir haben die Gutachter genau das auch gefragt neben der fachlichen Einschätzung des Projektes. Und die Gutachter haben uns sowohl von der fachlichen wie auch von der juristischen Seite ganz klar bescheinigt, dass es sich hier nicht um einen Verstoß gegen die London-Konvention handelt.
"Diese Idee von John Martins lauerte immer im Hintergrund, war aber nicht der eigentliche Antrieb für die Experimente. Als die Versuche dann jedoch Erfolg hatten, wuchs der Wunsch, diesen Mechanismus als Instrument gegen den Treibhauseffekt zu nutzen."
Doug Wallace vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften in Kiel. Schon vor der Kontroverse um das aktuelle Lohafex-Experiment waren Forscher wie er nicht gerade glücklich über die Erwartungen, die an die Eisendüngung gerichtet wurden. Noch sind viel zu viele Fragen offen. Immerhin scheint eines klar: Mit dem Tanker voll Eisen kann man eine Algenblüte hervorrufen. Zwölf größere Experimente wurden bislang durchgeführt und schon das erste hatte es 1995 gezeigt. Im Pazifischen Ozean düngten US-Forscher in Äquatornähe eine 64 Quadratkilometer große Wasserfläche mit Eisen - und dreimal mehr mikroskopisch kleine Algen wuchsen als im ungedüngten Wasser. Vier Jahre später gelang das auch in den stürmischen Gewässern des Südozeans vor der Antarktis. Eines der Experimente war Eisenex - geleitet vom Alfred-Wegener-Institut und durchgeführt mit dem deutschen Forschungseisbrecher "Polarstern". Keines konnte aber klären, was mit den Algen nach der Blüte geschieht.
"Wir wissen dass die Pflanzen so gut wachsen, dass wir sie sogar aus dem Weltraum heraus sehen können. Aber die große Frage ist, ob die Pflanzen nach dem Absterben auch in die Tiefsee absinken oder ob das Zooplankton und die Wale sie fressen, ehe sie absinken. Um diese Frage zu beantworten, sind die Experimente nicht ausgelegt worden."
Ken Johnson vom Monterey Bay Aquarium Research Institute. Will man die Algenblüten als Instrument gegen das Treibhausgas Kohlendioxid verwenden, ist das aber die alles entscheidende Frage. Sinken die Algen wirklich mit dem Kohlendioxid in die Tiefsee hinab, wird das Gas unter Umständen für lange Zeit weggeschlossen. Peter Croot vom Kieler Leibniz-Institut:
"In vielen Experimenten hat man Hinweise dafür erhalten, dass der größte Teil der Biomasse bereits wieder verbraucht wurde, während das Experiment noch lief. Das heißt, es wurde kaum Kohlendioxid dauerhaft aus der Atmosphäre entfernt."
Keine guten Aussichten also im Kampf gegen den Treibhauseffekt. Die Wirkung auf das Kohlendioxid in der Atmosphäre ist aber nur eine Seite. Eine andere sind die Folgen für das Ökosystem Ozean selbst. Denn mit der Eisendüngung kippt man ja nur Dünger ins Wasser, ohne zu wissen, wer davon profitiert. Ken Johnson:
"Den Ozean zu düngen, das ist, als ob man die afrikanische Savanne in einen Dschungel verwandeln würde. Schon bei unserem ersten Experiment im tropischen Ozean geschah etwas sehr Auffälliges. Wir düngten einen tiefblauen Ozean, und Raubfische wie der Mahi-Mahi schwammen um unser Schiff und jagten. Kaum hatten wir das Experiment begonnen, explodierte das Algenwachstum und das Wasser wurde grün und trüb. Die Mahi-Mahi waren verschwunden, stattdessen waren überall Schildkröten. Düngt man die Meere in großem Maßstab, um den Klimawandel abzupuffern, werden sich die Veränderungen durch das gesamte Ökosystem hinauf fortsetzen."
Die Folgen sind noch nicht einmal abzuschätzen, urteilt Ken Johnson vom Monterey Bay Aquarium Research Institute. Manchmal verpufft die Düngung auch komplett. Peter Croot:
"Das war bei einigen kleineren Experimenten so, eins vor der Küste von Neuseeland. Als da Eisen ins Wasser gegeben wurde, gab es überhaupt keine Blüte. Es funktioniert eben nicht immer, man muss die richtigen Bedingungen erwischen. Jetzt nach mehr als zehn Jahren Forschung wissen wir etwa, worin die bestehen, aber das heißt nicht, dass wir das immer und überall schaffen."
So würden in den Tropen durch eine Düngung oft nur an einer Stelle Nährstoffe verbraucht, die dann andernorts fehlen, so dass dort weniger Biomasse entsteht. Obwohl viele Meeresforscher der Eisendüngung kritisch gegenüberstehen, müssten die Forschungen weiter laufen. Ken Johnson:
"Weil die Menschen über das Kohlendioxid besorgt sind, werden wir darüber nachdenken müssen: Werden die Probleme übermächtig, drängt man uns einfach in die Ecke."
Am 7. Januar ist die "Polarstern" in Richtung Südozean ausgelaufen. Dort wollen die Wissenschaftler an Bord ein weiteres Eisendüngungsexperiment durchführen. Doch diesmal, so scheint es, stehen sie gerade deswegen in der Ecke.
Frieder Meyer-Krahmer, Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, im Gespräch mit Gerd Pasch
Gerd Pasch: Kann das Alfred-Wegener-Institut mit der Polarstern das Experiment durchführen wie geplant?
Frieder Meyer-Krahmer: Ja, ich kann bestätigen, dass meine Ministerin gerade grünes Licht für dieses Projekt beschlossen hat. Das AWI kann also nun zusammen mit den internationalen Partnern das Experiment in eigener Verantwortung durchführen.
Pasch: Was hat denn das Forschungsministerium prüfen müssen?
Meyer-Krahmer: Wir haben zwei ganz unterschiedliche Fragen geprüft: Einmal haben wir geprüft die dahinter stehenden Befürchtungen und Ängste, und zum anderen auch die Frage der Bedenklichkeit oder der Unbedenklichkeit des Projektes als solches. Die Befürchtungen und Ängste dahinter sind einmal, dass dieses Projekt ein Einstieg in die kommerzielle Eisendüngung der Ozeane darstellt. Hier kommen wir klar zu dem Ergebnis, dass es sich darum nicht handelt, und auch die Bundesregierung als Ganzes lehnt auch die kommerzielle Eisendüngung der Ozeane ab, weil sie keinen Beitrag zum vorsorgenden Klimaschutz darstellt. Die zweite wesentliche Frage war, dass es hier um Geoengineering handelt, das heißt auch so etwas Ähnliches wie eine produktionstechnische Umsetzung des Ansatzes. Auch hier können wir Entwarnung geben. Wir haben des weiteren international renommierte Institutionen und herausragende Wissenschaftler gebeten, dieses Experiment nun zu bewerten, den British Arctic Survey sowie das IFM Geomar in Kiel von der fachlichen Seite und von der völkerrechtlichen und seerechtlichen Seite das Max-Planck-Institut sowie ein Institut für Internationales Recht an der Universität Kiel. Die Ergebnisse sind relativ klar, es wird bestätigt, es gibt keine Gefährdung für die Meeres-Umwelt, es handelt sich um ein Experiment der Grundlagenforschung. Zum Einsatz kommt Eisensulfat in der kleinsten möglichen Menge. Dieses Kriterium der Kleinräumigkeit, das in den Konventionen zur Biodiversität zugelassen worden ist, stimmt, und ist der Fall. Und das ganze Experiment bewegt sich auch auf so genannten Coastal Waters. Das heißt also, die Umweltverträglichkeit, die fehlende Gefährdung der Meeres-Umwelt ist auf der einen Seite gegeben, auf der anderen Seite aber auch die Verträglichkeit mit den Beschlüssen zur Biodiversität und der London-Konvention vom Oktober letzten Jahres.
Pasch: Da sind wir gerade bei den letzten Punkt, der Vorwurf stand ja im Raum, das Experiment verstoße gegen diese Londoner Konvention der Vereinten Nationen zum Schutz der Meere?
Meyer-Krahmer: Wir haben die Gutachter genau das auch gefragt neben der fachlichen Einschätzung des Projektes. Und die Gutachter haben uns sowohl von der fachlichen wie auch von der juristischen Seite ganz klar bescheinigt, dass es sich hier nicht um einen Verstoß gegen die London-Konvention handelt.