Nach dem Ende der letzten Eiszeit schmolzen vor rund 10.000 Jahren in Europa überall die Gletscher. Der Meeresspiegel stieg rasant an, teilweise mehrere Zentimeter pro Jahr. Viele Küstenbewohner mussten notgedrungen ihre Siedlungen verlassen, die das Meer alsbald verschluckte. Diese Veränderung, die als einer der wichtigsten Einschnitte in vergangenen Jahrtausenden gilt, wurde bis vor wenigen Jahren von Archäologen jedoch nahezu vollkommen ignoriert.
"Viele von uns haben zwar gewusst, dass mit dem Anstieg des Meeresspiegels viele Gegenden überschwemmt wurden, in denen Menschen gelebt haben. Die Archäologen haben aber immer gesagt: Natürlich gibt es viele Siedlungen unter Wasser, aber uns fehlt das Know-how, die Technik und das Geld, dort alles wissenschaftlich zu untersuchen. Zudem wissen wir ja gar nicht, ob und was wir da überhaupt finden. Und es ist nicht absehbar, dass Funde aus überfluteten Gebieten überhaupt zum Verständnis der Ur- und Frühgeschichte beitragen können","
sagt Geoff Bailey von der Universität York. Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Archäologie kann sich heute nicht mehr hinter diesen alten Argumenten verstecken. Immerhin sind 40 Prozent der ursprünglichen Fläche Europas heute überflutet. Bailey:
""Zum einen machen wir uns heute alle Gedanken darüber, wie hoch der Meeresspiegel in Zukunft durch den Klimawandel bedingt steigen und welche Auswirkungen das haben wird. Zum anderen hat sich die Technik, mit der man Siedlungen unter Wasser aufspüren und untersuchen kann, in den vergangen 20, 30 Jahren extrem verbessert. Das liegt vor allem an der Industrie, die den Meeresgrund exakt kennen muss, bevor nach Öl gebohrt wird, Pipelines verlegt oder Windparks im Meer aufgestellt werden."
In den vergangenen Jahren wurden systematisch Küstengebiete zentimetergenau vermessen. Viele Ölfirmen seien mittlerweile an archäologischen Forschungen interessiert und stellen ihre Daten und ihr Know-how zur Verfügung, auch wenn es ihnen hauptsächlich um gute Publicity geht. Dies sei für ihn als Archäologen aber kein Problem, letztlich gehe es nur um gute Daten.
"Mittlerweile gibt es einige gute Studien von Archäologen, die in Kooperation mit Ölfirmen entstanden sind, die etwa Landschaften in der Nordsee rekonstruiert haben, die heute überflutet sind. Dazu kommt, dass mittlerweile viele spektakuläre Funde unter Wasser gemacht wurden."
Bei ihm selbst sei der Groschen spätestens bei den Ausgrabungen in Gibraltar gefallen, sagt Geoff Bailey. Dort hatte der britische Archäologe vor wenigen Jahren in Unterwasserhöhlen Knochen von Neandertalern gefunden, die neue Einblicke in das Leben unserer ausgestorbenen Vettern ermöglichten. Damit war auch für ihn klar, dass einzigartige bislang unbekannte Fundstücke tief im Wasser liegen und nur darauf warten, entdeckt zu werden.
"Die Archäologie ist vorhanden und eben nicht zerstört. Man kann die Funde nicht nur detektieren, sondern auch ausgraben. Hinzu kommt, dass viele dieser Unterwassersiedlungen mit all ihren Bauten hervorragend erhalten sind, weil das Wasser sie geschützt hat."
Trotz intensiver Ausgrabungen und Forschungen an Land ist eine Vielzahl von Fragen in der Archäologie bis heute nicht annähernd beantwortet: Gab es eine Besiedlung von Afrika aus nach Europa über Gibraltar? Wo liegen die Anfänge der Meeresfischerei? Wann und wie wurden Amerika und Australien besiedelt? Alle diese Antworten könnte man unter Wasser finden. Bailey:
"Ein Hauptpunkt ist das systematische Rekonstruieren früherer Landschaften. Gelingt dies, finden wir auch Siedlungen, die heute überflutet sind. Die zweite Sache ist, dass Archäologen nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Taucher sein müssen. Normale Taucher wissen nicht, ob ein Stein zu einer Hauswand gehört oder nur ein normaler Fels ist, das heißt, wir müssen selbst ins Wasser und dort ausgraben. Und das funktioniert mittlerweile ganz gut."
Zwar sind große Ausgrabungen in einer Wassertiefe unter zwölf Metern noch immer nicht möglich, aber das sei nur noch eine Frage der Zeit. Die Archäologie habe sich mittlerweile auf den Wandel ihrer Disziplin eingelassen. In den Startlöchern befindet sich nun auch ein EU-weites Forschungsprojekt: Darin sollen in den kommenden vier Jahren großflächig neue Siedlungen unter Wasser aufgespürt und erforscht werden.
"Viele von uns haben zwar gewusst, dass mit dem Anstieg des Meeresspiegels viele Gegenden überschwemmt wurden, in denen Menschen gelebt haben. Die Archäologen haben aber immer gesagt: Natürlich gibt es viele Siedlungen unter Wasser, aber uns fehlt das Know-how, die Technik und das Geld, dort alles wissenschaftlich zu untersuchen. Zudem wissen wir ja gar nicht, ob und was wir da überhaupt finden. Und es ist nicht absehbar, dass Funde aus überfluteten Gebieten überhaupt zum Verständnis der Ur- und Frühgeschichte beitragen können","
sagt Geoff Bailey von der Universität York. Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Archäologie kann sich heute nicht mehr hinter diesen alten Argumenten verstecken. Immerhin sind 40 Prozent der ursprünglichen Fläche Europas heute überflutet. Bailey:
""Zum einen machen wir uns heute alle Gedanken darüber, wie hoch der Meeresspiegel in Zukunft durch den Klimawandel bedingt steigen und welche Auswirkungen das haben wird. Zum anderen hat sich die Technik, mit der man Siedlungen unter Wasser aufspüren und untersuchen kann, in den vergangen 20, 30 Jahren extrem verbessert. Das liegt vor allem an der Industrie, die den Meeresgrund exakt kennen muss, bevor nach Öl gebohrt wird, Pipelines verlegt oder Windparks im Meer aufgestellt werden."
In den vergangenen Jahren wurden systematisch Küstengebiete zentimetergenau vermessen. Viele Ölfirmen seien mittlerweile an archäologischen Forschungen interessiert und stellen ihre Daten und ihr Know-how zur Verfügung, auch wenn es ihnen hauptsächlich um gute Publicity geht. Dies sei für ihn als Archäologen aber kein Problem, letztlich gehe es nur um gute Daten.
"Mittlerweile gibt es einige gute Studien von Archäologen, die in Kooperation mit Ölfirmen entstanden sind, die etwa Landschaften in der Nordsee rekonstruiert haben, die heute überflutet sind. Dazu kommt, dass mittlerweile viele spektakuläre Funde unter Wasser gemacht wurden."
Bei ihm selbst sei der Groschen spätestens bei den Ausgrabungen in Gibraltar gefallen, sagt Geoff Bailey. Dort hatte der britische Archäologe vor wenigen Jahren in Unterwasserhöhlen Knochen von Neandertalern gefunden, die neue Einblicke in das Leben unserer ausgestorbenen Vettern ermöglichten. Damit war auch für ihn klar, dass einzigartige bislang unbekannte Fundstücke tief im Wasser liegen und nur darauf warten, entdeckt zu werden.
"Die Archäologie ist vorhanden und eben nicht zerstört. Man kann die Funde nicht nur detektieren, sondern auch ausgraben. Hinzu kommt, dass viele dieser Unterwassersiedlungen mit all ihren Bauten hervorragend erhalten sind, weil das Wasser sie geschützt hat."
Trotz intensiver Ausgrabungen und Forschungen an Land ist eine Vielzahl von Fragen in der Archäologie bis heute nicht annähernd beantwortet: Gab es eine Besiedlung von Afrika aus nach Europa über Gibraltar? Wo liegen die Anfänge der Meeresfischerei? Wann und wie wurden Amerika und Australien besiedelt? Alle diese Antworten könnte man unter Wasser finden. Bailey:
"Ein Hauptpunkt ist das systematische Rekonstruieren früherer Landschaften. Gelingt dies, finden wir auch Siedlungen, die heute überflutet sind. Die zweite Sache ist, dass Archäologen nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Taucher sein müssen. Normale Taucher wissen nicht, ob ein Stein zu einer Hauswand gehört oder nur ein normaler Fels ist, das heißt, wir müssen selbst ins Wasser und dort ausgraben. Und das funktioniert mittlerweile ganz gut."
Zwar sind große Ausgrabungen in einer Wassertiefe unter zwölf Metern noch immer nicht möglich, aber das sei nur noch eine Frage der Zeit. Die Archäologie habe sich mittlerweile auf den Wandel ihrer Disziplin eingelassen. In den Startlöchern befindet sich nun auch ein EU-weites Forschungsprojekt: Darin sollen in den kommenden vier Jahren großflächig neue Siedlungen unter Wasser aufgespürt und erforscht werden.