Archiv


Elchplage

Dem Elch in den schwedischen Wäldern geht’s jetzt wieder an den Kragen. Im Norden Schwedens durften sich bereits die ersten Jäger auf die für viele als heilig empfundene Elchjagd begeben. Im Rest des Landes geht es – so schreibt es die Jagdverordnung vor – am zweiten Montag im Oktober los. Anders Veterín von der Naturschutzbehörde in Stockholm erklärt, warum das so ist:

Axel Hammerl |
    Im Norden beginnt man so früh mit der Jagd um genügend Zeit zu haben bevor der Schnee das Ganze erschwert. Aber die Elche haben ihre Brunstzeit ungefähr Ende September, Anfang Oktober. Da muss die Jagd eine Zeit aussetzen. Im Süden jagt man nach der Brunft , da man da nicht das Problem mit dem Schnee hat. Da können sich die Elche in Ruhe paaren.

    Um dann doch unbarmherzig abgeschossen zu werden. Im 19. Jahrhundert waren die Elche stark dezimiert. Ihre Zahl nahm Anfang des 20. Jahrhunderts langsam wieder zu, auch weil in den Jahren 1912 und 1913 neue Jagdverordnungen eingeführt wurden – zum Schutz der Elche. Doch auf einmal wurden es zu viele. Warum? Anders Veterín:
    Das ist eine Kombination verschiedener Ursachen: Einmal sind die großen Raubtiere weitgehend verschwunden. Aber was die Elchpopulation wirklich so stark anwachsen lies, das war unsere Waldwirtschaft. Wir haben in den 50er und 60er Jahren enormen Kahlschlag betrieben. Dadurch wuchsen viele junge Triebe und das war die perfekte Nahrung für die Elche, so dass sie sich innerhalb kürzester Zeit extrem vermehrten. Ende der 70iger Jahre haben wir dann das Resultat gesehen, da hatten wir die sogenannte Elchexplosion.

    Und das große Hallali begann. Schoss man 1945 noch rund 10.000 Elche, so waren es im Rekordjahr 1982 175.000 Tiere in einem einzigen Herbst. Dieses Jahr werden es – wie auch die vergangenen Jahre - rund 100.000 sein. Auch deutsche Jäger lieben es, sich für einen Elch auf die Lauer zu legen. Jedes Jahr sind es einige tausend, die nach Schweden fahren, um das Lieblingstier der Deutschen als Trophäe mit nach Hause zu bringen. Dabei genießen die süßen kleinen Elchkälber keinen besonderen Schutz – im Gegenteil:

    Man versucht so viele Kälber wie möglich zu schiessen, damit das Durchschnittsalter nicht ständig sinkt. Das geschieht ja, wenn man nur alte Tiere schießt. Wir wollen eine gute Altersverteilung haben. Das ist also ziemlich gut, viele Kälber zu schießen.

    Bei Anders Veterin in Stockholm laufen alle Abschussdaten zusammen: jeden geschossenen Elch melden die Jäger bei der zuständigen Provinzregierung, die wiederum Abschussort und Alter des Tieres an die Naturschutzbehörde weiterleiten. So kontrolliert man, dass nicht zu viele oder zu wenige Elche geschossen werden. Die Jäger sind eher zu zurückhaltend, findet Veterín. Denn für die Forstwirtschaft und auch für andere Tierarten stellen die Elche ein Problem da:

    Teils trampeln die Elche über die kleinen Pflanzen oder beissen sie ab, so dass sie nicht groß werden können. Das gewöhnlichste Problem ist, dass die Elche junge Kiefern, die zwischen zwei und fünf Meter hoch sind, anknabbern - sowohl die Triebe als auch die Rinde. Dadurch stirbt der Baum im schlimmsten Fall oder man hat einen Qualitätsverlust, dadurch dass das Holz sich verfärbt usw. Was uns von der Naturschutzbehörde am meisten bekümmert ist, dass die Elche in bestimmten Regionen die Laubbäume kahlfressen, so dass bestimmte Tierarten, z.T. auch seltene Vogelarten, keinen Lebensraum mehr haben. Das ist ein zunehmend ernster werdendes Problem.

    Deswegen heisst es jetzt wieder ran an den König des Waldes. Um auch jüngere Menschen für die Elchjagd zu begeistern, betreiben Jägerverband und die großen Forstbetriebe in Schweden fleissig Werbung. Und auch die Frauen sind eine Zielgruppe, die nach und nach an Gewicht gewinnt. Mari-Ann Lag aus dem südlichen Småland schiesst bereits seit einigen Jahren Elche und findet, dass das Jagen ein besseres Image verdient hat:

    Ich glaube, dass wir uns wieder ein wenig zurückbesinnen müssen und in den Schulen erzählen, wie ursprünglich das ist, mit der Jagd zu leben. Es gibt uns doch alle dank der Jagd, das ist ja so. Und das ist nichts Befremdliches. Es gibt nichts Natürlicheres als zu pirschen und zu töten.