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Elektronik für Acker und Stall

Was die deutschen Landwirte produzieren, ist höchst unterschiedlich. Aber: Ob Getreide, Schweine oder Milch, alle Bauern haben eines gemeinsam. Und das ist der Computer, der mittlerweile zum Standard auf den meisten Höfen gehört. Digitale Flurkarten, die Düngung mit Hilfe von Satellitenbildern und natürlich die Buchführung erleichtern vor allem auf größeren landwirtschaftlichen Betrieben die Arbeit im Stall und auf dem Feld. Die moderne Elektronik hat einen großen Anteil daran, dass gerade in der Landwirtschaft die Produktivität oft schneller wächst als in vielen anderen Bereichen der Gesellschaft. Neues zum Thema Bauernhof und Computer wird derzeit auf den Agrar-Computertagen gezeigt, eine dreitägige Veranstaltung, die heute in Augsburg zu Ende geht.

Von Michael Schlag | 21.02.2005
    Schnurgerade zieht der Schlepper seine Bahn im Schnee vor den Augsburger Messehallen. Der Fahrer tut im Moment nichts, er überlässt das Steuer den Funksignalen von GPS-Satelliten. Sie führen den Schlepper auf einer unsichtbaren Spur, die vorher mit zwei festgelegten Punkten als Referenzspur für dieses Feld gespeichert wurde. Die Linie erscheint jetzt auf einem Flachbildschirm rechts von der Windschutzscheibe, der Traktor ist als kleines Dreieck abgebildet. Das Ende des Feldes ist erreicht, Marcus Schorr greift ans Lenkrad, um zu wenden. Schorr ist Vertriebsleiter der Firma geo-concept, die das amerikanische System Autopilot in Deutschland vertreibt:

    Also ich wende manuell in die nächste Spur ein. Ich habe hier in der Anzeige immer die aktuelle Spur in der ich mich befinde. Wir lenken jetzt in die erste Spur rechts von der Referenzspur und aktivieren dann den Autopiloten durch Knopfdruck. Er braucht jetzt fünf, sechs Meter, bis er sich in die Spur eingefädelt hat und lenkt dann parallel zur eben definierten Referenzspur.

    Der Schlepper lenkt wie von Geisterhand kurz nach links, kurz nach rechts und fährt jetzt wieder auf der unsichtbaren Spur im Abstand von genau fünf Metern parallel zurück. Das System soll Zeit und Kosten sparen, denn es setzt die Arbeitsspuren auf dem Feld präzise nebeneinander, und man kann damit bei immer gleicher Genauigkeit zu jeder Tages- und Nachtzeit arbeiten. Es kostet in seiner teuersten Form mit zwei Zentimetern Spur-Genauigkeit 35.000 Euro, mit einem weniger präzisen Funksignal wird es billiger.

    Neu bei der Software für die Landwirtschaft ist die Vernetzung der Acker-Schlagdatei, also des Feldbuches im Hofcomputer. Das Ziel heißt: keine Eingabe mehr per Hand. Das so genannte "offene Feldbuch" versorgt sich selbsttätig mit Informationen aus Datenbanken außerhalb des Hofes - wie neuen Zulassungen für Pflanzenschutzmittel und geänderten Vorschriften der Landwirtschaftsverwaltung. Uwe Helm, Geschäftsführer der Firma Helm Software:

    Wir pflegen im Internet auf einem Server permanent die Stammdaten wie Pflanzenschutzmittelbezeichnung, Düngemittel und hier sind auch die kompletten Verfahrensdaten hinterlegt. Der Landwirt kann über Internet-Update - was er ja von seinem Windows kennt - sich immer die aktuellen Daten in seine PC-Schlagkartei spielen. Die Vernetzung wird überwiegend über das Internet stattfinden, damit ist man unabhängig vom Standort. Die Zukunft sehe ich noch in der Vernetzung mit dem Handy. Das heißt: jeder Landwirt hat ja ein Handy in der Tasche. Jetzt müssen wir nur noch sehen, dass wir Dokumentations-Informationen in dieses Handy hineinbekommen und dann auch wieder in die Schlagkartei.

    Mit Anbindung an das geostationäre Satellitensystem zur exakten Bestimmung der Äcker, und Verbindungsmöglichkeiten zum Hand-PC und Traktordokumentation kostet das Programm bis zu 2000 Euro. Wer aber braucht wirklich alles, was die neueste Agrarsoftware bieten kann? Tüftler halten mittlerweile mit kleinen Arbeitsprogrammen dagegen, die preiswert und mit einfacher Bedienung nur das Nötigste bieten. Timo Schleßelmann, 23 Jahre und Landwirt aus Seedorf schrieb das Mastprogramm für seine Schweine selber:

    Als ich da vor cirka sechs Jahren damit angefangen habe, hatten wir noch einen Berater, der das für uns gemacht hat. So ist es ja auch in vielen Betrieben. Bloß, diese Beratung war eben recht teuer und da habe ich mir überlegt: "Mensch, vor dem Computer sitzen, das kann ich auch selber". Und dann habe ich selbst angefangen, so ein Programm zu entwickeln. Auf unserem Betrieb wird es schon seit einigen Jahren eingesetzt und auch Nachbarbetriebe bei uns im Dorf verwenden es. Jetzt hoffe ich natürlich, dass das Programm noch weitere Landwirte nutzen.

    Mit 99 Euro im Selbstvertrieb kostet es etwa ein Viertel vergleichbarer Industrieprogramme, allerdings, sein Einsatz ist auf den Hof beschränkt – bei der Vernetzung enden die Möglichkeiten der Tüftlerprogramme.