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Elfenbeinküste
Kakaobauern bangen um Ernte und Ertrag

In der Elfenbeinküste beginnen die „Nationalen Kakao-und Schokoladentage“ – ein wichtiges Ereignis in dem westafrikanischen Land, das der weltweit größte Kakaoproduzent ist. Wichtig vor allem deshalb, weil in diesem Rahmen auch der staatlich festgesetzte Kakaopreis für diese Ernte bekannt gegeben wird.

Von Anne Françoise Weber | 28.09.2018
    Ein Bauer sitzt auf einem Hocker vor ihm liegen mehrere Kakao-Früchte. Er schneidet eine auf. Das Bild zeigt in Nahaufnahme seine Händer.
    Der Preis für Kakao ist im vergangenen Jahr stark gesunken (imago stock&people)
    Rund 40 Kilometer östlich vom Stadtzentrum von Abidjan, der Hauptstadt der Elfenbeinküste, zeigt Moussa Koné seine Kakaoplantage. Sie liegt an einem Hang, nicht weit von einer wichtigen Verkehrsader entfernt – in ein paar Jahren wird sich die Stadt bis hierher ausgebreitet haben. Vorerst aber kann Moussa Koné hier noch auf drei Hektar seine rund 6.000 Kakaobäume pflegen und ihre Früchte ernten. Die Kakaofrüchte wachsen vor allem direkt am Stamm – dieses Jahr sind sie besonders früh dran, einige Früchte sind schon gelb und schwer:
    "Die Ernte ist dieses Jahr nicht so das Wahre. Normalerweise gibt es um diese Zeit noch nicht so viele Fruchtansätze. Das sollte erst später beginnen und bis Januar weitergehen. Aber dieses Jahr sind es jetzt schon viele. Das beunruhigt uns."
    Einkommenssorgen wegen sinkender Kakaopreise
    Denn auch im vergangenen Jahr begann die Ernte schon früh und gut, aber bald ließ der Ertrag nach. Das fürchtet Moussa Koné nun auch für dieses Jahr und sorgt sich, dass er dann nicht genug Geld für seine große Familie hat. Zumal der Kakaopreis im letzten Jahr stark gesunken ist – seit April gab es nur noch wenig mehr als einen Euro für ein Kilo Kakaobohnen. 30 bis 40 Prozent Einkommensverlust hatten die Kakaobauern der Elfenbeinküste innerhalb eines Jahres. Und jetzt ist auch noch die Witterung unsicher:
    "Es regnet zu viel. Das ist der Klimawandel, die Jahreszeiten verändern sich. Vor einiger Zeit hatten wir Sorge, dass eine Trockenheit kommt. Jetzt kündigt die Wettervorhersage Regen bis Mitte Dezember an. Davor haben wir Angst, denn das bedeutet Ernteeinbußen."
    Gemeinsamkeit soll stark machen
    René Yao ist der Vorsitzende der Kooperative SCOOP-BAD, der sich auch Moussa Koné vor ein paar Jahren angeschlossen hat. Rund 730 Kakaobauern haben sich hier zusammengefunden, um eine bessere Position auf dem Kakaomarkt zu haben und um Weiterbildungen zu erhalten, nicht zuletzt über den Umgang mit dem Klimawandel. Damit das System dauerhaft funktioniert, müssen aber auch die Kakao-Konsumenten in den reichen Ländern des Nordens mitmachen, erklärt René Yao:
    "Sie müssen den Kakao besser bezahlen, damit wir Bauern nicht wie verrückt unsere Plantagen vergrößern, um mehr zu verdienen. Denn wer große Plantagen hat, hat nicht genug Geld, um Arbeiter anzustellen und wird seine Kinder arbeiten lassen. Aber wenn dieser Bauer hier für den Kakao einen guten Preis bekommt, dann werden ihm seine drei Hektar reichen, um gut zu leben und sich gut um seine Kinder zu kümmern."
    Kinderarbeit - oft immer noch Alltag
    Gefährliche Arbeiten sind für Kinder in der Elfenbeinküste eigentlich verboten, aber auf vielen Kakaoplantagen immer noch Alltag. René Yao weiß, wie sehr das die Konsumenten im Norden kritisieren. Man müsse aber genau zwischen Ausbeutung und Wissensvermittlung unterscheiden. Auch er selbst nehme manchmal seine Söhne mit in die Plantage, um sie in den Kakaoanbau einzuführen – aber natürlich erst nachmittags nach der Schule, und schwere Arbeiten würde er sie nie machen lassen. Seine Kooperative habe sogar eine Schule gebaut, um Kindern in einem abgelegenen Dorf Bildung zu ermöglichen. Denn die sei auch notwendig, um den Kakaoanbau so produktiv und nachhaltig wie möglich zu gestalten.
    Die Abhängigkeit vom Weltmarktpreis ist sehr problematisch für die Elfenbeinküste - mindestens zehn Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts macht der Kakaoanbau aus. Trotzdem setzt Wirtschaftsminister Adama Koné auf die Expansion des Sektors – und auf die Zusammenarbeit mit dem Nachbarland Ghana, weltweit Nummer zwei in der Kakaoproduktion. Die beiden Länder wollen in Zukunft den Marktpreis stärker mitbestimmen:
    "Der Markt funktioniert über Angebot und Nachfrage. Da muss man sich zusammensetzen, um über die verschiedenen Faktoren zu sprechen, die den Preis bestimmen. Aber bislang ist es so, dass man uns jedes Jahr sagt: Das ist der Marktpreis, und wir akzeptieren ihn."
    Rund 60 Prozent des Weltmarktpreises wiederum beträgt der Preis, den die Kakaobauern für ein Kilo erhalten. Ihn setzt die Regierung spätestens am 1. Oktober fest und niemand darf ihn beim Kakaobohnen-Einkauf in der Elfenbeinküste unterschreiten. Von diesem Preis und von seiner eigenen Ernte wird abhängen, wie der Kakaobauer Moussa Koné durch das Jahr kommt.