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Elitärer Musik-Club für Gutbetuchte

Ein Gerichtsurteil jagte das andere und täglich fieberten die Fans um Napsters Zukunft - Die elektronische Tauschbörse für Musik, die vor kurzem noch Titel kostenlos von Rechner zu Rechner transferierte, stand vor dem Aus. Nachdem die US-amerikanische Justiz dem Musikgenuss zum Nulltarif einen Riegel vorschob und Napster vom deutschen Bertelsmann-Konzern auf neue Gleise gesetzt wurde, will sich der Dienst jetzt ganz neu aufstellen: Napster soll zukünftig nur noch zahlenden Mitgliedern offen stehen.

Armin Amler |
    Ein neues Abkommen zwischen der inzwischen in den deutschen Händen des Bertelsmann-Konzerns ruhenden Musiktauschbörse Napster und einigen der marktbeherrschenden Musikverlage scheint die letzte verbliebene Möglichkeit für einen Fortbestand des Dienstes zu sein. Eine entsprechende Erklärung zu einem Pakt zwischen Napster sowie den Unternehmen AOL Time Warner, EMI und Bertelsmann könnte bereits am kommenden Dienstag oder Mittwoch bekannt gegeben werden. Doch ob Napster weiter so erfolgreich sein wird, wie die Betreiber des so genannten Peer-to-Peer-Dienstes hoffen, hängt entscheidend davon ab, ob der Tausch von illegal erstellten Schlagerkopien via Napster erfolgreich unterbunden werden kann.

    Die Anstrengungen Napsters, den vor Gericht durchgesetzten Ausschluss bestimmter Titel vom Tausch über das Internet umzusetzen, zeigen indes Wirkung: "Die Filtermechanismen blockieren nach anfänglichen Problemen jetzt tatsächlich sehr effektiv den Transfer der gesperrten Stücke", konstatiert Matt Bailey, Analyst des Internet-Unternehmens "Web Noise". Entscheidender Nachteil der strikten Musikkontrolle: Als Resultat der Filter sei die Zahl der weiterhin verfügbaren Titel um ungefähr 90 Prozent zurückgegangen. Bleibe dies auch weiterhin so, meinen Vertreter der Plattenfirmen, wäre die Basis für eine Zusammenarbeit geschaffen und Napster könnte dann auch auf "MusicNet" zurückgreifen - einen Online-Dienst der Industrie, der eine hohe technische Qualität überspielter Aufnahmen, korrekte Buchführung und Inkasso miteinander verbindet.

    Unklar ist allerdings, wie hoch das Entgelt für soviel Musikgenuss ausfallen wird. "Unsere Umfragen bei Napster-Benutzern ergaben, dass 70 Prozent der College-Studenten bis zu 15 US-Dollar auszugeben bereit seien, um den Dienst auch weiterhin nutzen zu können", erklärt Bailey. Dass dies ein guter für den weiteren Betrieb der Tauschbörse unter neuen Konditionen sei, meinen auch die Betreiber sowie die besorgten Musikkonzerne – solange die urheberrechtlichen Rahmenbedingungen von Napster eingehalten würden. In den vergangenen Monaten hatte sich der Dienst redlich bemüht, den Anforderungen der Industrie gerecht zu werden und dabei nur eine einzige Gebühr von den Nutzern zu erheben. Doch das wird möglicherweise nicht ausreichen, meint der Szene-Kenner John Borland: "Das neue Konzept sieht eine Kooperation mit verschiedenen Musiklabels neben Bertelsmann vor. Doch diese Unternehmen zeigen derzeit kein Interesse an einer solchen Mitarbeit." Höhere Gebühren sollen daher die Ansprüche der zurückhaltenden Konkurrenz abdecken. So sieht ein Modell etwa zwei verschiedene Beiträge vor, von denen einer in Höhe von rund zehn US-Dollar das Kopieren zwischen Mitgliedern abdeckt, während gegen ein zusätzliches Entgeld auch Titel von " MusicNet" bezogen werden könnten.