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Elite-Unis und der Rest

Die Hochschulen in Deutschland sollen neu geordnet werden. Der Wissenschaftsrat will künftig zwischen Spitzen-Unis, forschungsstarken Hochschulen und allen anderen unterscheiden. Befürworter sprechen von einer Profilbildung - Kritiker von einem Kartell.

Von Andrea Lueg | 13.07.2013
    Es begann im April mit einer undichten Stelle: In die Medien sickerte durch, dass der Wissenschaftsrat über eine tiefgreifende Neuordnung der Hochschullandschaft nachdachte. Von einer Einteilung der Hochschulen in drei Gruppen war die Rede. Gruppe eins: die international konkurrenzfähigsten Spitzenuniversitäten. Dann eine zweite Riege mit forschungsstarken Hochschulen und schließlich sozusagen der Rest. Der Vorsitzende des Wissenschaftsrates Wolfgang Marquardt rechtfertigte die, wie er sagte, verkürzt dargestellten Pläne im Deutschlandfunk bei Campus & Karriere:

    "Unsere Vorstellung ist, dass eine einzelne Einrichtung, Universität oder Fachhochschule unmöglich die breiten und immer breiter werdenden Anforderungen in all diesen Leistungsdimensionen auf hohem Niveau - international kompetitiv meine ich da - leisten kann. Und daraus folgt letztlich, dass Hochschulen sich differenzieren müssen, also die Dinge, die sie gut können, wo die Anlagen gut sind, diese weiter auszubauen und zu stärken."

    Von einer Hierarchisierung der Hochschulen wollte Marquardt nichts wissen, er sprach von Profilbildung:

    "Wir haben eine Landschaft im Hochschulbereich, die sich durch ein hohes Niveau im Mittel auszeichnet. Wir brauchen aber eben auch herausragende Spitzen, die über dieses Mittel deutlich rausgehen und das wird nur wenigen Hochschulen gelingen, institutionell sozusagen herauszuragen und nicht nur in speziellen Teilgebieten."

    Bildungsgerechtigkeit und Qualität vereinbaren?
    An dem Papier wird seit Januar letzten Jahres gearbeitet. Letztlich geht es um die Frage, wie Bildungsgerechtigkeit und Qualität unter einen Hut gebracht und dann auch noch finanziert werden können. Vor allem mit dem Ausblick auf das Ende der Exzellenzinitiative 2017. Dem HRK-Präsidenten Horst Hippler wird vorgeworfen, er wolle forschungsstarke Hochschulen in den Vordergrund spielen, immer mehr würden sich unter den Unis Interessenverbünde bilden, oder, wie es der Rektor der Uni Duisburg Essen, Ulrich Radtke, formulierte, Kartelle. Und die führten zur Kannibalisierung unter den Hochschulen, schrieb er in einem offenen Brief an seine Kollegen:

    "Das Problem ist, das sich in Deutschland jetzt Gruppen gebildet haben, aus sich selbst heraus. Und a priori wird etwas gesetzt: Wir sind die forschungsstarken oder die forschungsstärksten, das ist Selbstdefinition. Das ist für mich ein Kartell, weil es Wettbewerb verhindert."

    Radtke meint damit Zusammenschlüsse wie TU 9, ein Verbund, in dem sich die aus eigener Sicht besten Technischen Hochschulen des Landes vereint haben. Bei den nicht-technischen Hochschulen haben sich alle mit Exzellenz-Prädikat und einige weitere zu den U15 gruppiert.

    Gruppenbildung von deutschen Hochschulen
    Die Frage ist auch, ob die als besonders forschungsstark eingestuften Universitäten auch eine besondere Behandlung erfahren sollen, zum Beispiel finanziell. Und welche Rolle würden in diesem Gefüge die außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie Helmholtz-Gemeinschaft oder Max-Planck-Institute spielen? Im Gerangel um die Kosten fordert die Hochschulrektorenkonferenz wie die DFG eine andere Aufteilung der Kosten. Bildung und Forschung, so der Generalsekretär der HRK, Thomas Kathöfer, seien eine Nationale Aufgabe:

    "Deswegen gibt es in der Hochschulrektorenkonferenz ja schon seit Langem die Forderung, dass der Bund angesichts von Schuldenbremse, von dem Auslaufen der Pakte und so weiter stärker im Hochschulbereich sich engagieren sollte."

    Über Monate wurde an den Empfehlungen des Wissenschaftsrates gefeilt und die Vorschläge mit allen Beteiligten abgestimmt - hinter verschlossenen Türen. Alle warten deshalb gespannt auf die endgültigen Empfehlungen des Wissenschaftsrates.