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Eliteausbildung in Indien

Indien zählt noch immer zu den exotischen Labendem für ein Auslandssemester. Nur wenige deutsche Studenten verschlägt es zum Studium dorthin. Dabei gibt es dort exzellente Eliteuniversitäten, nach amerikanischem Vorbild. Im Bereich der Wirtschaftswissenschaften sind das die Indian Institutes of Management. Das renommierteste befindet sich in Ahmedabad im Bundesstaat Gujarat. Die Auswahl der Studenten ist härter als in Harvard oder Yale. Internationale Unternehmer stehen Schlange nach den Absolventen.

    Die Italiener legen sehr viel Wert auf Titel. Zunächst ist es absolut wichtig, dass man die Geschäftspartner mit Signora oder Signore anredet...

    Es ist Donnerstagmorgen, viertel vor neun. Im Seminar zu internationalen Wirtschaftsbeziehungen geht es um Geschäftsgebaren in Europa. Auf dem Pult steht ein Laptop, Powerpoint-Präsentationen sind Standard. Thema heute: Wie verhalte ich mich in Verhandlungen mit Italienern. Die Professoren am Indian Institute of Management legen viel Wert darauf, dass ihre Studenten die Wertesysteme und Strategien des Westens kennen. Indien ist auf dem Weg, eine globale Wirtschaftsmacht zu werden. Und dazu werden exzellente Führungskräfte gebraucht. Die Studenten in Ahmedabad wissen genau, was ihr Masters wert sein wird, sagt Prakul Kaushiva, einer der Referenten, nach Ende des Seminars.

    Auch wenn es heute viele indische Firmen gibt, die global tätig sind, ist ihr Management 20 bis 30 Jahre zurück im Vergleich zu anderen Ländern. Viele funktionieren immer noch als unprofessionelle Familienunternehmen. Dabei wird der Druck auf diese Unternehmen durch die Globalisierung immer größer. Das sehen wir auch, wenn die Unternehmen zu unserem Institut kommen, um neue Führungskräfte anzuwerben. Sie wollen junge, professionelle Manager. Und hier liegt unsere Chance.

    Im Gemeinschaftsraum des Wohnheims steht der Fernseher, es läuft wie so oft ein Kricketmatch. Rashmi Bansal hat sich im Jogginganzug davor gesetzt und gönnt sich eine kurze Pause, bevor sie gleich weiter zum nächsten Seminar muss. Die zwei Jahre seien vermutlich die anstrengendsten ihres Lebens, sagt sie schmunzelnd:

    Es ist eine unglaublich tolle Erfahrung, das beste, was mir passieren konnte. Es ist ein Haufen Arbeit, den wir erledigen müssen. Ich stehe um fünf auf, lerne bis um halb sieben. Danach habe ich eine Stunde zum Joggen und Frühstücken und bis die Kurse um halb zehn anfangen, lerne ich weiter. Oft bleiben wir auch bis um zwei Uhr morgens auf, um Gruppenarbeiten zu erledigen. Wenn man das Diplom hat, ist nichts mehr zu hart.

    Der Campus des Instituts ist eine Oase. Er liegt außerhalb der Stadt, inmitten riesiger Rasenflächen und alter Bäume. Die Seminargebäude und Wohnheime sind aus rotem Backstein. Sie erinnern mit ihren riesigen, kreisrunden Durchblicken entfernt an das deutsche Kanzleramt. Doch es ist nicht nur der majestätische Campus, der den Aufenthalt in Ahmedabad so einmalig macht, sagt der französische Austauschstudent Nicolas d'Audiffret aus Paris. Er sitzt in der Mittagspause auf einer Bank und genießt die Märzsonne bei hochsommerlichen Temperaturen:

    Die Professoren arbeiten meist als Regierungsberater oder in der freien Wirtschaft. Und die Studenten sind einfach exzellent. Es ist toll, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Außerdem war die Gastfreundschaft eine Überraschung für mich, und daran sollten wir uns in Frankreich ein Beispiel nehmen im Umgang mit Austauschstudenten. Ich war sofort integriert und gehörte von Anfang an dazu. Ich kann es jedem nur empfehlen, in Ahmedabad zu studieren und so die indische Kultur mal ganz anders kennen zu lernen.

    Autorin: Friederike Schulz

    Links zum Thema

    Indian Institute of Management