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Elitenetzwerk Bayern

Mit den ersten zehn Elitestudiengängen und fünf Doktorandenkollegs macht das Bundesland Bayern wahr, was noch von Exwissenschaftsminister Hans Zehetmaier vor über einem Jahr angekündigt worden war: Das Elitenetzwerk Bayern, kurz ENB, startet am Montag mit einem finanziellen Polster von 14 Millionen Euro und 223 zusätzlichen Professoren- und Assistentenstellen in eine Begabtenförderung, die auf drei Ebenen arbeitet.

Von Susanne Lettenbauer |
    Einerseits gibt die auf fünf Jahre bewilligten maximal 20 Elitenstudiengänge, die als Parallel-Option zu bestehenden Studiengängen eingeführt werden, diese also nicht verdrängen, vielmehr das Gesamtangebot der Hochschulen differenzieren und erweitern sollen. Sie dürfen ausdrücklich nicht in einem abgeschirmten Raum der Hochschule stattfinden.

    Bewerben kann sich jeder Student nach einem Vordiplom beziehungsweise Bachelor-Abschluss. Wer angenommen wurde, wie zum Beispiel der Münchner Moritz Köhler, durchläuft in drei bis vier Semestern ein Masterstudium oder einen Diplom-Teilstudiengang. Der 24jährige Moritz Köhler, seit 6 Jahren Firmeninhaber und Auftragnehmer von BMW und MAN, beginnt in diesem Wintersemester an der Technischen Universität München den englischsprachigen Elitestudiengang "Technology Managment" - neben seinem Informatik-Hauptstudium. Acht Professoren mit einem Durchschnittsetat von 90 000 Euro sind derzeit für ihn und weitere 19 Jungwissenschaftler in der 2jährigen Ausbildung verantwortlich. Normalerweise können pro Elitestudiengang zur Verbesserung der Betreuungsrelation bis zu sechs zusätzliche Stellen zur Verfügung gestellt werden; die Spannbreite der Wertigkeit der Stellen reicht von A 9 bis A 15 für Assistenten und von C 1 bis C 3 für Professoren.

    Doch nicht nur Informatik- oder Naturwissenschaftliche Fächer fördert das Elitenetzwerk, sondern auch Geisteswissenschaftler. Regina Höschele, 22jährige Magister Artium der Altgriechischen Literaturwissenschaft, studiert die nächsten 3 Semester mit 10 anderen Philologen am Graduiertenkolleg der Ludwig Maximilians-Universität München "Textualität der Vormoderne". Die bisher 5, später maximal 10 Graduiertenkollegs sind neben den Studiengängen das zweite Standbein des Elitenetzwerks Bayern, sie führen Uniabsolventen bzw. Fachhochschulabsolventen in 2 Jahren zur Promotion.

    Doch Elitenstudiengänge gibt es nicht nur in München; weitere sollen in den nächsten ein/zwei Jahren an allen bayerischen staatlichen Universitäten, der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt sowie der Universität der Bundeswehr in München angeboten werden.

    Ob es demnächst noch andere Studiengänge als "Advanced Materials Science" in Augsburg, "Makromolekülforschung" in Bayreuth, "Physik mit integriertem Doktorandenkolleg" in Erlangen, "Neuro-Cognitive Psychology" in Regensburg oder "Osteuropastudien" ebendort geben wird – um nur einige zu nennen – das hängt von den Uni-Professoren ab. Sie beantragen den gewünschten Elitestudiengang.
    Mathematikprofessor Peter Gritzmann wurde sein "Top Math" benannter Münchner Studiengang bereits bewilligt. Bei ihm sollen die derzeit 8 Studenten nach dem Vordiplom in 4 Jahren statt den bisher 7 Jahren promovieren können. Die sonst üblichen Vorlesungen werden ersetzt durch sog. "independent studies".
    Die "Diplom-Prüfung" wird übersprungen. Und nach erfolgter Promotion wird den Studierenden zusätzlich ein "Honors Master" verliehen.

    Für die Realisierung des Elitenetzwerkes setzt sich neben der Staatsregierung vor allem die bayrische Wirtschaft ein. Die breite regionale Präsenz des Elitenetzwerkes soll Firmen auch außerhalb Münchens oder Nürnbergs die Möglichkeit bieten, hoch qualifizierte Führungskräfte an sich zu binden.

    Bei der Vereinigung der bayrischen Wirtschaft vwb ist Christof Prechtl zuständig für den Bildungsbereich. Allein die Idee des damaligen Staatsministers Hansd Zehetmaier hatte ihn und den Vorstand so überzeugt, dass die bayrische Wirtschaft das Elitenetzwerk Bayern in den kommenden 5 Jahren mit gut 7 Millionen Euro unterstützt - ohne sich in die Auswahl der eingereichten Anträge auf neue Elitenstudiengänge einzumischen.

    Zum Schluss darf nicht das dritte Standbein vergessen werden: Das ist die nachhaltige Förderung Hochbegabter mittels Elitemodule. Dazu reformiert und modernisiert Bayern derzeit seine Begabten- und Nachwuchsförderung, die Stipendien von Bafög, privaten und staatlichen Stiftungen sowie projektgebundene Gelder nach dem bayrischen Begabtenförderungsgesetz vorsehen.