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Eliteschulen des Sports

Die Olympischen Winterspiele vor vier Jahren in Turin haben den Wert der Eliteschulen des Sports einmal mehr unterstrichen. Etwa drei Viertel der deutschen Medaillengewinner gingen aus dem dualen System von Schule und Sport hervor. Eliteschüler stellten rund die Hälfte der deutschen Olympiateilnehmer in Turin. 2008 bei den Sommerspielen in Peking gingen 120 ehemalige und acht derzeitige Eliteschüler an den Start und gewannen insgesamt 31 Medaillen.

Von Manfred Christoph | 30.01.2010
    Ein ehemaliger Eliteschüler ist der frühere Kanute Andreas Dittmer. Der dreifache Olympiasieger und mehrfache Weltmeister betont, dass seine sportliche Karriere von dieser Schulform enorm profitiert habe. Andreas Dittmer:

    "Ja, es ist natürlich so, dass man schon in jungen Jahren ein sehr professionelles Umfeld hatte, um beide Bereiche genau auszustatten und ich muss sagen, dass es wirklich ein perfektes Umfeld war, um sportliche Leistungen auch zu erzielen, denn selbst auch heute befinden wir uns in einem absoluten, ich sage mal, Wettbewerb der Nationen und jeder Schüler muss natürlich sich auch die Bedingungen schaffen, um sich auch weiterzuentwickeln und da denke ich, dass die Eliteschulen des Sports einfach das beste Beispiel sind oder die besten Möglichkeiten bieten, um dann auf den Weg zur Weltspitze zu gelangen."

    In die Weltspitze gelangt ist Patrick Beckert schon im Alter von 16 Jahren. Der 19-Jährige nimmt als Eisschnellläufer über 5000 Meter an den Olympischen Spielen in Vancouver teil. Weniger glatt verlief seine schulische Karriere. Er beendete das Pierre-de-Coubertin-Gymnasium nach der zwölften Klasse mit dem Fachabitur und stellt seiner ehemaligen Eliteschule in Erfurt kein gutes Zeugnis aus. Patrick Beckert:

    "Ich denke, das Grundkonzept ist eigentlich gut, dass es Schulen gibt, die mit dem Sport vereint werden, dass die Sportler dann auch gewisse Freiräume für ihre Trainingseinheiten haben und auch für die Wettkämpfe, aber ich denke, vor allem hier in Erfurt ist es noch überhaupt nicht ausgereift, sodass die Sportler, die dann wirklich sehr oft nicht in der Schule sind wegen Wettkämpfen oder Trainingslagern, dass die dann auch teilweise - ich will nicht sagen benachteiligt -, aber da wird dann am Ende nicht mehr so die Rücksicht genommen, wie es eigentlich sein sollte."

    Solche Einwände kennt Andreas Dittmer nur zu gut. Der 37-Jährige ist seit seinem Karriereende als Bankkaufmann beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband DSGV für die Förderung der Eliteschulen des Sports zuständig.

    "Das ist natürlich nicht so erfreulich. Ich denke schon, dass man an einer Spezialschule so ein Personal auch haben sollte, die natürlich volles Verständnis für den Leistungssport mitbringen und ich denke mal, das ist in vielen Einrichtungen auch der Fall. Es gibt sicherlich hier und dort Qualitätsunterschiede in der Einrichtung, aber insgesamt denke ich, dass die Schulen in den letzten zehn Jahren einen ganz guten Weg gegangen sind. Aber kein Erfolgsmodell ist so gut, dass es sich nicht noch weiterentwickeln kann. Also, ich sehe es eigentlich relativ positiv, dass sich auch diese Schulen weiterentwickeln werden und so ein Umfeld für die Athleten schaffen, dass [es] im Endeffekt die Bedingungen gewährleistet werden, um wirklich erfolgreich Leistungssport zu betreiben."

    Zur erfolgreichen Leistungssportlerin hat es auch Patrick Beckerts Schwester Stephanie gebracht. Die 21-Jährige gilt als Medaillenhoffnung in Vancouver im Eisschnelllauf über die drei- und 5000 Meter. Patrick erinnert sich an den Abgang Stephanies nach der mittleren Reife:

    "Die Schule in Erfurt hat sich ein bisschen quer gestellt - einige Lehrer - und haben dass gesagt wegen der ganzen Nachholarbeiten und dem ganzen Stoff, den sie nachholen musste, das war denen dann sozusagen egal, das muss sie für sich machen und haben dann, wo sie nach Nachhilfestunden und so gefragt hatte, auch nicht richtig geholfen. Da haben sie erst gesagt: Ja, machen wir dann in der dritten, vierten Stunde und das war genau die Zeit, wo wir immer Training hatten. Dass es natürlich in der Zeit nicht geht, ist ja logisch, denn da wir Sportler ja auch auf unser Training achten müssen und da, na ja, alles so auf dem Sportgymnasium nicht geklappt und da hat sie dann extern auf einer anderen Realschule die zehnte Klasse gemacht und da muss ich auch sagen, dass die mehr Rücksicht genommen haben auf sie, als das auf dem Sportgymnasium war."

    Um derartige Probleme zu verbessern, lässt sich der DSGV seine Unterstützung der Eliteschulen an 40 Standorten in ganz Deutschland eine gute sechsstellige Summe pro Jahr kosten, wie Dittmer versichert. Es kennt Einrichtungen, in denen ein triales System aus Schule, Sport und Wohnen ausgereifter ist als in Erfurt, wo Sportler und Nicht-Sportler gemeinsam am Unterricht teilnehmen.

    "Man muss den besten Talenten auch die Möglichkeit geben, sich zu entfalten und das funktioniert halt nur über diese ... Eliteschulen des Sports, wo man dann halt diese Rahmenbedingungen findet. Also in Berlin war ich jetzt jüngst gewesen oder letztens auch in Oberwiesenthal, da sind halt 180 Schüler, die machen alle Sport und da sind halt die Lehrer, Erzieher und so weiter alle mit dem Sport sozusagen verwoben und entsprechend vernetzt und da funktioniert das wunderbar."