Gibt man in der Suchmaschine Google das Wort Corona ein, öffnen sich direkt viele Vorschläge zum Thema. Ganz oben aber prangt ein großer Kasten mit der Überschrift "Gesundheitsinformationen". Darunter werden die wichtigsten Symptome der Infektion beschrieben, dann folgt der Link auf die Corona-Informationsseite des Bundesgesundheitsministeriums.
Er erwarte sich dadurch einen Bekanntheitsschub für das neue Gesundheitsportal des Ministeriums, hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Dienstag (10.11.2020) bei der Vorstellung der Kooperation gesagt. Die Corona-Pandemie zeige, wie wichtig seriöse Gesundheitsinformationen seien: "Wenn wir ein Interesse daran haben, objektive, fundierte, evidenzbasierte Informationen rüberzubringen, dann bringt es mir nichts, wenn wir bei Google an Stelle 783.000 auftauchen", so Spahn. Zur Kooperation mit Google erklärte er, es sei nun einmal eine Tatsache, dass die große Mehrheit der Deutschen jeden Tag Google nutze.
Werbeschub für das Portal des Ministeriums?
Das "Gesundheitsportal" des Ministeriums war am 1. September gestartet. Bürgerinnen und Bürger sollen sich darüber künftig "schnell, zentral, verlässlich, werbefrei und gut verständlich über alle Themen rund um Gesundheit und Pflege informieren können", hatte Spahn bei der Vorstellung erklärt. Seit dem Deal mit Google poppt das Portal nun nicht nur bei Corona-Fragen auf, sondern auch dann, wenn man etwa Begriffe wie Migräne, Depression oder Allergien ins Google-Suchfeld eintippt.
Während sich viele Gesundheitsexperten und Ärztevertreter positiv über die neue Kooperation der Bundesregierung mit Google äußern, hagelt es vonseiten der Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen massive Kritik. Sie sehen sich durch die dominante Position des Links benachteiligt. Das Ministerium stärke damit "die quasimonopolistische Stellung des Suchmaschinenkonzerns zu Lasten kleinerer Anbieter", sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), Dietmar Wolff. Gerade in den vergangenen Monaten der Corona-Pandemie hätten Zeitungen gezeigt, dass sie mindestens genauso verlässlich wie das vom Ministerium finanzierte Gesundheitsportal umfassend und nah an den Bedürfnissen der Bürger informierten.
"Angriff auf die Pressefreiheit"
Von einem "einmaligen und neuartigen Angriff auf die Pressefreiheit" spricht sogar der Präsident des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), Rudolf Thiemann. Die private Presse werde durch ein solches "staatliches Medienangebot auf einer digitalen Megaplattform" verdrängt.
Philipp Welte, VDZ-Vizepräsident und Vorstand von Hubert Burda Media, sagt, die Kooperation versetze der freien journalistischen Gesundheitsinformation einen "schweren Schlag". Das Ministerium "deklassiere" die freien, marktwirtschaftlich organisierten Gesundheitsportale und setze "alle Mechanismen der freien Information und damit der freien Meinungsbildung in unserer Demokratie außer Kraft".
Auch die Aufsichtsratsvorsitzende der Funke Mediengruppe, Julia Becker, kritisiert, mit der Kooperation von Bundesgesundheitsministerium und Google würden "privatwirtschaftliche Angebote pauschal diskriminiert".
"Missliche" Verbindung von Google und Ministerium
Die Kritik könne er verstehen, sagt Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Chefredakteur des Internetportals MedWatch, im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Für manche Anbieter mit Onlineplattformen sei es durchaus "misslich, dass sie jetzt nicht weit oben auftauchen". Aber auch der Bund und Google hätten "berechtigtes Interesse, verlässliche Informationen den Suchenden prominent anzuzeigen". Als "ungünstig" bezeichnet er die Tatsache, dass direkt hinter den Infos das Ministerium stehe. Besser wäre eine unabhängige Institution gewesen, meint Feldwisch-Drentrup - wie etwa eine Stiftung.
Und er erinnert daran, dass der Medienstaatsvertrag Intermediären wie Google verbiete, journalistisch gestaltete Angebote zu bevorzugen. Allerdings seien hier Zweifel angebracht, ob die Inhalte des Portals gesund.bund.de wirklich als journalistisch zu bezeichnen seien. Die Informationen würden schließlich "zum großen Teil von Wissenschaftlern zusammengestellt und haben dadurch eine gewisse Unabhängigkeit", sagt Feldwisch-Drentrup. Immerhin: Mit genau dieser Frage beschäftige sich jetzt auch die Aufsichtsinstitution Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein.