"Ich beginne immer, indem ich das in die Suchmaschine eingebe, und da landet man tatsächlich zuerst bei einer Information von der Apotheken-Umschau." Carola Sraier sucht im Internet nach Informationen zu einer Krankheit.
"Und die finde ich eigentlich ganz gut, also als Verbraucher würde ich sagen: Ach, das hört sich doch erst mal gut an. Das gucken wir uns jetzt mal an."
Sraier arbeitet beim Münchner Gesundheitsladen als Patientenberaterin – und sie ist auch Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientenstellen. Eine Frau, die an Gürtelrose leidet, hat sich an sie gewandt – und die Patientenberaterin schaut nach, was sie im Internet zu dem Thema findet, etwa zur Ansteckung mit den Viren, die den schmerzhaften Hautausschlag auslösen. Zunächst geht sie auf die Seite des Wort-und-Bild-Verlags, dessen Zeitschrift Apotheken-Umschau die meisten Deutschen kennen.
"Wenn wir hier drauf schauen auf diese Seite, wird der Begriff erklärt, was ist Gürtelrose? Ich kann sogar sehen in einem Foto, wie das aussehen kann, kann also einen Abgleich mit der Realität haben, ich finde das ganz interessant. Und wenn ich jetzt zur Ansteckung mich informieren will, gibt es ein kleines Video dazu, also einen Animationsfilm. Das ist auch ganz hübsch, ja."
Patientenberaterin: Werbung bei Apotheken-Umschau zu aufdringlich
Das Online-Angebot der Apotheken-Umschau habe aber einen Haken, findet sie:
"Sie haben auch hier im Text ein Angebot zu einem Online-Hautarzt, wo sie für 24,95€ genau jetzt noch mal schnell einen Termin machen können, um ihre Bläschen vielleicht fotografisch dahin zu schicken, und er kann sich das anschauen – ist es das oder vielleicht ein anderes Ekzem oder sie haben hat er einen entzündeten Mückenstich? Und das finde ich für uns als Verbraucher nicht so gut. Weil erst mal will ja nur informiert werden, und zwar richtig, aktuell, umfänglich, wie kann man es behandeln und so weiter. Und das würde mich jetzt hier stören."
Die Werbung für die Dienstleistung eines Online-Hautarztes ist nach Ansicht der Patientenberaterin zu aufdringlich in das Angebot der Apotheken-Umschau eingebaut. Problematisch findet Carola Sraier es auch, wenn Pharmakonzerne über bestimmte Internet-Adressen Patienten auf ihre Seiten lotsen, wie es etwa der Großkonzern Brystol-Myers-Squibb mit der Seite "krebs.de" tut oder der Pharmariese MSD mit "pille.de". Es gibt aber auch Informationsangebote zu Medizinthemen, die garantiert werbefrei sind, etwa die Seiten des Robert-Koch-Instituts. Die staatlich finanzierte Einrichtung befasst sich vor allem mit Infektionskrankheiten. Aber die Patientenberaterin Sraier hat auch mit den Seiten des RKI Probleme. Sie sind ihr zu wissenschaftlich – was auch daran liegt, dass das Institut sich vor allem an Fachleute wendet:
"Also das ist eher etwas für Experten, der sich da noch mal vertiefen wollen oder großes Interesse beispielsweise an Impf-Leistungen haben, da würde man gute Information finden können. Aber nicht für mich als medizinischer Laie."
Medizinprofessorin: Angebot "völlig chaotisch und unstrukturiert"
Gesundheitsinformationen im Internet zu finden, die korrekt sind, verständlich und unabhängig, sei ausgesprochen schwer, findet auch die Medizinprofessorin Ingrid Mühlhauser von der Universität Hamburg. Sie betreut beim Verein Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin den Bereich Patienteninformation. Das EbM-Netzwerk macht sich für eine Gesundheitsversorgung stark, bei der wissenschaftliche Erkenntnisse im Mittelpunkt stehen.
"Ich würde sagen, das Angebot im Internet ist im Augenblick völlig chaotisch und unstrukturiert. Als Nutzer kann man gute von schlechten Informationen praktisch kaum unterscheiden. Also man bräuchte eigentlich ein sehr hohes Maß an kritischer Gesundheitskompetenz, um sich da zurecht finden zu können."
Bei dem, was Wissenschaftler als Gesundheitskompetenz bezeichnen, stehen die Deutschen allerdings nicht besonders gut da – das zeigen Untersuchungen, die die Gesundheitswissensschafts-Professorin Doris Schaeffer von der Universität Bielefeld mit betreut. Dabei wurden Bürgerinnen und Bürger unter anderem dazu befragt, wie oft sie das Gefühl haben, Erklärungen beim Arzt, in der Apotheke oder auch von der Krankenkasse nicht zu verstehen.
Eingeschränkte Gesundheitskompetenz bei 54 Prozent der Deutschen
"Dazu haben wir Studien in Deutschland seit einigen Jahren, und die zeigen durchgängig immer wieder, dass die sogenannte Gesundheitskompetenz der Deutschen, also die Fähigkeit zum Umgang mit Gesundheitsinformationen, nicht so gut ausgeprägt ist. Und die größten Schwierigkeiten haben sie damit, Informationen zu suchen, beziehungsweise zu finden und sie einzuschätzen."
Nach den Untersuchungen der Uni Bielefeld hatten zuletzt gut 54 Prozent der Deutschen nur eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz. Mehr als die Hälfte der Deutschen sehe sich "vor erhebliche Schwierigkeiten gestellt, wenn es darum geht, mit gesundheitsrelevanten Informationen umzugehen", schrieb die Uni Bielefeld bei der Veröffentlichung ihrer Daten. Carola Sraier, die Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientenstellen, hofft deshalb auf ein neues Angebot, das die Bundesregierung im vergangenen Jahr angekündigt hat, und das jetzt im Sommer noch online starten soll: Ein Nationales Gesundheitsportal.
"Wir haben das Problem bei den Patienten, dass die Masse das Problem ist, die Masse und die Qualität. Und wenn wir hier eine Möglichkeit bekämen, das Eingangstor etwas zu verkleinern, dann wäre das sicher auf jeden Fall hilfreich."
Das Bundesgesundheitsministerium antwortet auf Fragen zu dem neuen Portal schriftlich:
"Ziel ist es, nachhaltig das Wissen um Gesundheit zu steigern und damit auch dazu beizutragen, das Gesundheitswesen nutzerfreundlicher zu machen. Das Nationale Gesundheitsportal soll die zentrale Anlaufstelle für die Suche nach Gesundheitsinformationen werden."
Die Botschaft aus Berlin klingt ehrgeizig – zumal die Frage offen ist, wie das Gesundheitsportal im Einzelnen aussehen wird. Zunächst startet es in einer Probeversion. Das Ministerium schreibt in einer Antwort, dort würden viele Inhalte zu finden sein, die offizielle Institutionen jetzt schon ins Internet stellen, wie das Deutsche Krebsforschungszentrum und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
Letzteres hat vor zwei Jahren auch ein Konzept vorgelegt, auf welche Weise ein Nationales Gesundheitsportal möglichst viele Menschen erreichen könnte. Das Bundesgesundheitsministerium wollte die Vorschläge allerdings nicht so umsetzen, wie das IQWiG sie ausgearbeitet hatte. Klaus Koch, der bei dem Institut die Online-Informationen betreut, will die Entscheidung des Ministeriums nicht kommentieren. Er selbst ist heute dafür verantwortlich, Inhalte, die sein Institut liefern soll, in das neue Nationale Gesundheitsportal des Ministeriums einzubauen. Koch hofft, dass das Portal die Chancen der Patienten verbessert, an verlässliche Informationen zu kommen.
Co-Direktor der Bertelsmann-Stiftung: Coronakrise habe Bedarf gezeigt
"Es soll keine neue Nadel im Heuhaufen sein, sondern es soll eigentlich die Nadeln im Heuhaufen an einer Stelle zusammensuchen, das Nationale Gesundheitsportal. Also wir haben ja die Situation, dass es jetzt schon viele wertvolle Informationsquellen zu gesundheitlichen Fragen im Internet gibt - die aber, wenn man Suchmaschinen oder andere Kanäle nutzt, nicht gut herauszufiltern sind für einen normalen Nutzer aus halbgaren, aus überholten, falschen oder vielleicht sogar bewusst in die Irre führende Informationen, die es oft gibt."
Gerade in den vergangenen Monaten der Coronakrise hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, verständliche und unabhängige Gesundheitsinformationen bereitzustellen – davon ist Sebastian Schmidt-Kaehler überzeugt. Er ist Co-Direktor der Bertelsmann-Stiftung und hat auch einen Sitz im Expertenbeirat des Nationalen Aktionsplans Gesundheitskompetenz, an dem neben der Uni Bielefeld auch der AOK-Bundesverband beteiligt ist. Schmidt-Kaehler zieht eine gemischte Bilanz:
"Ich habe ganz tolle Ansätze gesehen in den Medien, um zum Beispiel Infektionskurven zu erklären oder so ein Konstrukt wie Herden-Immunität zu erläutern, da muss man wirklich mal den Medien ein großes Kompliment machen. Aber natürlich haben wir auch eine Mixtur aus Widersprüchen, Unsicherheiten und Fachbegriffen erlebt. Ich nehme als Beispiel die Aussage, Masken bringen nichts und kurz darauf haben wir eine Maskenpflicht. Und dazu kommen noch Verschwörungstheorien in den sozialen Netzwerken - und das erzeugt Angst."
Geschäftsführer: Apotheken Umschau trennt Information und Werbung
Dennis Ballwieser, der als Geschäftsführer die Informationsangebote der Apotheken-Umschau verantwortet, sieht die Möglichkeiten, sich im Internet kundig zu machen, etwas positiver. Er ist überzeugt, dass es grundsätzlich gute Möglichkeiten für alle gibt, sich zu informieren.
"Ich bin der Meinung, dass wir heute schon zu allen Schlagworten, die eine Patientin oder ein Patient suchen kann, eigentlich die laienverständlichen Gesundheitsinformationen anbieten."
Den Vorwurf, dass kommerzielle Angebote wie das der Apotheken-Umschau Werbung und Information vermischen würden, weist er zurück:
"Ich glaube, dass es viele Verlage in Deutschland gibt oder auch Medienhäuser ganz allgemein, die unter Beweis stellen, dass es zusammengeht, Redaktion und Anzeigen hart voneinander zu trennen. Ich erlebe, dass wir bei uns im Haus bei Wort und Bild in allen Medien eine härtere Trennung zwischen Redaktion und Anzeigenabteilung haben, ob das Print ist, oder Online ist, als das, glaube ich, in den meisten Medienhäusern so gelebt wird."
Auch für den Datenschutz gebe es bei seiner Firma und auch bei anderen wichtigen Anbietern inzwischen eine große Sensibilität, sagt Ballwieser. Allerdings könnte sich diese Sensibilität nicht nur von selbst entwickelt haben: Im vergangenen Herbst hat die aus Spenden und Stiftungsgeldern finanzierte Bürgerrechts-Organisation "Privacy International" eine Studie veröffentlicht, die zeigt: Privatwirtschaftliche Gesundheits-Informationsseiten geben Daten ihrer Nutzer an Dritte weiter, um sie zu Marketingzwecken auswerten zu lassen. Auch die Marktführer unter den deutschen Angeboten, also Apotheken-Umschau und Netdoktor, wurden von der britischen Organisation für ihren Umgang mit Nutzerdaten kritisiert. Der Geschäftsführer der Apotheken-Umschau ist sich aber sicher, dass es bei seriösen Anbietern inzwischen ein großes Bewusstsein dafür gebe, wie angreifbar sich ein Anbieter macht, der den Datenschutz nicht beachtet.
"Ich glaube, dass es für alle im Markt in Zukunft notwendig sein wird, wesentlich transparenter damit umzugehen, was für welchen Zweck erhoben werden soll, und den Nutzerinnen und Nutzern auch eine Möglichkeit zu geben, dann auszuwählen, was ich zulassen möchte und was nicht."
Ballwieser: Genug zuverlässige private Angebote
In der Summe findet Ballwieser, dass es heute schon genug zuverlässige privatwirtschaftliche Angebote gebe – wie das seiner Apotheken-Umschau, oder auch Netdoktor der Burda-Mediengruppe oder Onmeda aus dem Springer-Verlag. Deshalb hat er an das neue, staatlich finanzierte Nationale Gesundheitsportal, das jetzt an den Start geht, eine Forderung:
"Ich würde mir erwarten, dass wenn jetzt von öffentlicher Seite ein Angebot kommt, dass das quasi von der Versorgungsseite hier noch mal eine besondere Zugänglichkeit für Krankenversicherte zum Beispiel anbietet. Also, da würde ich mir einen Mehrwert erhoffen, wenn die öffentliche Hand quasi in den Wettbewerb um die beste Information einsteigt."
Auch Sebastian Schmidt-Kaehler vom Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz hat eine ähnliche Forderung an das neue Info-Portal der Bundesregierung:
"Dass wir dort nicht nur Informationen bekommen zu Erkrankungen und Behandlungsmethoden. Sondern wir wissen, dass die Menschen ganz häufig ganz andere Fragen haben, nämlich zum Beispiel zum Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, zu Behandlungsfehlern, zu Anträgen, zu Krankengeld. Wie funktioniert das Gesundheitssystem? Wer behandelt mich? Wer ist zuständig? Das sind alles Fragen, die ein Nationales Gesundheitsportal langfristig auch beantworten sollte."
Gefahr politischer Einflussnahme auf das Portal
Ingrid Mühlhauser von Netzwerk Evidenzbasierte Medizin hat eine Sorge: Weil das neue Info-Portal ans Bundesgesundheitsministerium angegliedert sein wird, könnte es politische Einflussnahmen geben, fürchtet sie. Als Beispiel nennt sie die flächendeckenden Röntgenuntersuchungen zur Brustkrebs-Früherkennung. Viele Frauen seien nicht gut darüber aufgeklärt, welche Chancen dieses Mammographie-Screening tatsächlich bietet – und welche Risiken damit auch verbunden sein können, kritisiert die Medizinprofessorin. Vielen Patientinnen sei eine wichtige Zahl nicht bewusst, sagt sie: Statistisch gesehen werde in einem Zeitraum von zehn Jahren nur eine von tausend Screening-Teilnehmerinnen durch die Untersuchung vor einem Tod durch Brustkrebs bewahrt – während es gleichzeitig immer wieder auch falschen Alarm und unnötige Operationen gebe. Bundesgesundheitsminister Spahn setzt bei diesem Thema ihrer Ansicht nach aber nicht auf umfassende Aufklärung, sondern er fahre eine Kampagne.
"Also wenn der Minister zum Beispiel die Ansage macht, es sollten mindestens 70 Prozent der Frauen am Mammographie-Screening teilnehmen, dann steht das einer informierten Entscheidung entgegen – einer informierten Entscheidung, ob ich als einzelne Frau an einem solchen Früherkennungsprogramm teilnehmen möchte oder nicht."
Das Bundesgesundheitsministerium bemüht sich, solche Sorgen zu zerstreuen. In einer schriftlichen Antwort versichert ein Sprecher, politische Einflussnahme auf das neue Nationale Gesundheitsportal werde es nicht geben:
"Unsere Verantwortung ist uns durchaus bewusst. Das Bundesministerium für Gesundheit ist Träger des Portals, die Portal-Redaktion ist jedoch unabhängig. Das Bundesministerium für Gesundheit ist nicht involviert in den Redaktionsprozess (…) Auf dem Nationalen Gesundheitsportal wird darüber hinaus keine politische Kommunikation betrieben oder stattfinden."
Nationales Gesundheitsportal komme 20 Jahre zu spät, sagen Kritiker
Unter Fachleuten gibt es aber nicht nur die Sorge, dass das neue Nationale Gesundheitsportal unter politischem Einfluss stehen könnte. Doris Schaeffer hat seit 1997 an der Uni Bielefeld eine Professur für Gesundheitswissenschaft. Sie fürchtet, dass ein öffentlich finanziertes, nicht privatwirtschaftliches Gesundheitsportal viel zu spät kommt.
"Wir an der Universität Bielefeld hatten einen ersten Vorlauf schon vor fast 20 Jahren, muss ich Ihnen sagen, da gab es damals schon einen Versuch, ein solches nationales Portal zu erstellen. Und das wäre, glaube ich, die Zeit gewesen, wo das gut machbar gewesen wäre. Jetzt ist es ja sehr schwierig, weil dieses Portal wird ja neben vielen anderen stehen."
Und die Hamburger Medizinprofessorin Ingrid Mühlhauser, die beim Netzwerk Evidenzbasierte Medizin den Bereich Patienteninformation betreut, vermisst einen intensiven Dialog des Gesundheitsministeriums mit Fachleuten aus verschiedensten Bereichen. Die Vorbereitungen für das Portal, das eine breite Öffentlichkeit erreichen soll, seien weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt, kritisiert sie.
"Ob die ursprünglichen Ziele tatsächlich erreicht werden können, kann ich im Augenblick überhaupt nicht beurteilen. Dazu bräuchte es eine Struktur, ein Rahmenmodell eines wissenschaftlichen Netzwerks zur Erstellung und auch zur kontinuierlichen Überprüfung der Entwicklungsschritte und der Ergebnisse eines solchen Nationalen Gesundheitsportals. Aber solche Bestrebungen kann ich im Augenblick nicht erkennen."
Portal wird sich Vertrauen und Auffindbarkeit erst erarbeiten müssen
Klaus Koch, der am Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen die Online-Informationen betreut, die zum Teil auch in das neue Nationale Gesundheitsportal einfließen sollen, bemüht sich, solche Sorgen zu zerstreuen. Auch er hätte sich einen früheren Start gewünscht – aber gar kein Start sei auch keine Option, findet er.
"Es ist richtig, dass Deutschland da spät dran ist, aber sicher nicht zu spät. Weil Krisen wie Corona zeigen ja gerade, welche Bedeutung das Internet hat, und dass es einen großen Bedarf nach aktuellen, verlässlichen und auch verständlichen Informationen gibt. Insofern ist ein Nationales Gesundheitsportal sicher auch ein Element gegen Desinformation. Das setzt allerdings voraus, dass sich dieses Portal erst mal Vertrauen erarbeitet und Bekanntheit erarbeitet und das wird sicherlich einige Zeit dauern."
Auch der Co-Direktor der Bertelsmann-Stiftung Sebastian Schmidt-Kaehler hat die Erfahrung gemacht, dass es für zuverlässige Informationsangebote nicht leicht ist, auffindbar zu sein. Dieses Schicksal könnte auch dem neuen Nationalen Gesundheitsportal den Start erschweren, fürchtet er.
"Das Problem ist leider, dass die Google-Relevanz nicht immer gleich der Qualität ist. Ein gutes Angebot rutscht nicht automatisch nach oben im Google-Ranking. Und deswegen sind die hochwertigen Angebote leider manchmal Nadeln im Heuhaufen."
Chronisch Kranke bräuchten eine zentrale verlässliche Quelle
Die Gesundheitswissenschaftlerin Doris Schaeffer von der Uni Bielefeld hofft, dass Patienten bald einen leichteren Zugang zu Informationen im Internet bekommen. Denn Studien ihrer Universität hätten eines klar gezeigt: Viele Patienten vermissten eine zentrale, verlässliche Quelle.
"Und da sehen wir, dass speziell bei Menschen, die ein Gesundheitsproblem haben, oder die chronisch erkrankt sind, dass sie an der Vielzahl von Informationen, die inzwischen existieren, wirklich verzweifeln. Und auch eben an dem Problem, an Informationen zu kommen, und ob man sich wirklich auf sie verlassen kann. Wo sie wissen, hier finde ich alles und hier muss ich nicht fragen, ob ich am Ende einer Falschinformation aufgesessen bin."
Gesundheitsportal-Budget könnte deutlich zu niedrig sein
Carola Sraier, die Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientenstellen, hofft, dass die Bundesregierung genug Energie in den Aufbau eines neuen Gesundheitsportals steckt. Denn der Bedarf sei groß, sagt sie.
"Wenn wir uns das Nationale Portal vorstellen als eine Eingangstür zu einer Bibliothek, und wenn ich hineingehe, dann finde ich in dieser Bibliothek erst mal richtige, qualitätsgesicherte aktuelle Information über Gesundheitsfragen, das ist doch toll. Jetzt müssen wir nur schauen, ob sozusagen das, was die Anbieter machen wollen oder zur Verfügung stellen wollen, mit dem, was die Nutzer meinen zu brauchen, ob wir das in Einklang bringen können, damit dieses Portal auch genutzt wird. Weil es sonst leider ein Feigenblatt bleibt."
In den Haushaltsplanungen der Bundesregierung sind für dieses Jahr 4,5 Millionen Euro für das Nationale Gesundheitsportal vorgesehen. Gleichzeitig werden in der Gesundheitsbranche nach Berechnungen von Marktforschern pro Jahr mehr als 1,6 Milliarden Euro für kommerzielle Werbung ausgegeben. Privatunternehmen der Gesundheitsbranche geben für Werbung jedes Jahr also mehr als das 300fache dessen aus, was an Staatsgeldern für das Startjahr des Nationalen Gesundheitsportals vorgesehen ist. Ob dieses Portal genügend Aufmerksamkeit der Nutzer bekommt und sich in der Konkurrenz mit anderen Plattformen echte Relevanz erarbeiten kann, wird sich ab diesem Sommer zeigen.