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Ende der schwarzen Schlote

Technik. - In Duisburg ist man stolz auf den großen Rheinhafen, nach wie vor einen der größten Binnenhäfen in Europa. Deshalb wird an der Universität Duisburg-Essen auch Schiffs-Technik gelehrt und erforscht. Über neue Resultate diskutieren die Wissenschaftler jedes Jahr auf dem Kolloquium für Schiffs- und Meerestechnik. Und dabei geht es nicht nur um Frachter für Rhein oder Donau, sondern auch um Seeschiffe für die Große Fahrt. Im Zentrum der diesjährigen Tagung Ende letzter Woche standen Antriebe der Zukunft. Eine zentrale Rolle dabei spielt Wasserstoff.

    Von Matthias Hennies

    Was gibt einem Schiff sein charakteristisches Aussehen? Egal ob Tanker oder Kreuzfahrtschiff, es ist immer der massige Schornstein. Genau dieses Kennzeichen könnte bald der Vergangenheit angehören: Schiffsbau-Ingenieure diskutieren jetzt über Seeschiffe, die von Brennstoffzellen und Elektromotoren angetrieben werden anstatt von großen Dieselmaschinen. Brennstoffzellen erzeugen Energie aus Wasserstoff und Sauerstoff, als Abgas entweicht nur Wasserdampf – dafür ist ein Schornstein überflüssig. Professor Jürgen Ritterhoff aus der Forschungsabteilung der Firma Howaldtswerke-Deutsche Werft in Kiel:

    Es gibt ja heute schon Häfen, wo Ihnen vorgeschrieben wird, in welcher Form sie Abgase in den Raum pusten dürfen. Bis hin, dass Ihnen in Häfen wie Los Angeles und San Francisco und hier in Europa beginnend auch gesagt wird, Du kannst mit Deinem Schiff in unseren Hafen kommen, aber Deine große Maschine musst Du abstellen und Strom darfst Du nicht erzeugen, den kriegt Du von Land. Und Sie werden sich vorstellen können, was die Hafenbehörden an Kilowattpreisen den Reedern aufdrücken, nur weil sie sagen, unser Strom ist sauber erzeugt.

    Jürgen Ritterhoff lehrt zur Zeit aus Gastprofessor am Institut für Schiffstechnik und Transportsysteme der Universität Duisburg-Essen. Ihn fasziniert die Vorstellung, dass Containerfrachter und schnelle Fähren künftig elektrisch über die Meere fahren könnten, angetrieben von Strom aus Brennstoffzellen:

    Der elektrische Vortrieb, der weit entwickelt ist, kommt der Brennstoffzelle natürlich sehr entgegen. Denn die Brennstoffzelle erzeugt direkt elektrische Energie und die kann in den Propellermotor, der direkt vor dem Propeller im Schiffsinnenraum sitzt, eingespeist werden. Das geht in Zukunft so weit, dass diese Einheit Propellermotor und Propeller in eine Gondel verlegt wird, die man außerhalb des Schiffs, unterhalb des Schiffs schwenkbar anordnet, so dass die erzeugte elektrische Energie per Kabel in diese Gondel gebracht wird, und die Gondel ist gleichzeitig Vortriebsorgan, und diese Gondel ist schwenkbar, hat also Ruderwirkung. Und insofern stehen wir vor einer revolutionären Veränderung im Antrieb der Schiffe.

    Aber auch in dieser Revolution klaffen Ideal und Wirklichkeit ein bisschen auseinander: Der Sauerstoff für den Betrieb einer Brennstoffzelle kommt aus der Umgebungsluft, doch woher soll man den Wasserstoff nehmen? In den Häfen stehen bisher keine Wasserstofftanks, zudem lässt sich der brennbare Wasserstoff an Bord nicht so einfach speichern. Bei den Howaldtswerken-Deutsche Werft denkt Gunter Sattler darüber nach, woher ein Schiff der Zukunft zwischen Rotterdam und Osaka seinen Kraftstoff bekommen könnte:

    Dieses kann ich nur tun mit der entsprechenden zur Verfügung stehenden Infrastruktur, nämlich mit Dieselkraftstoffen. Hinzukommt bei den Seeschiffen, dass die Auflagen, wenn ich brennbare Flüssigkeiten oder Gase fahre, so hoch sind, dass ich ganz erhebliche Einschränkungen in dem Schiff vornehmen muss, um solche Brennstoffe an Bord zu betreiben.

    Geplant ist daher: Man tankt Diesel wie bisher und gewinnt an Bord daraus Wasserstoff. Das Prinzip: In einem "Reformer" wird Diesel in seine Haupt-Bestandteile Kohlenstoff und Wasserstoff gespalten. Diese erprobte Technik hat aber einen Nachteil: Dabei fällt das unerwünschte Abgas Kohlendioxid an. Außerdem verbraucht der "Reformer" zusätzlich Energie. Darüber hinaus muss noch eine weitere Anlage installiert werden: Diesel hat nämlich in Aruba nicht dieselbe Qualität wie in Daressalam. Deshalb muss man den Wasserstoff immer erst von störenden Spurenelementen reinigen, bevor er in die Brennstoffzelle geleitet wird. Und diese katalytische Gasreinigung ist noch längst nicht einsatzreif. Trotz der Zusatzanlagen, meinen die Konstrukteure, wird sich der Brennstoffzellen-Antrieb lohnen: Der Gesamtwirkungsgrad könnte rund 55 Prozent betragen - eine Dieselmaschine schafft bestenfalls gut 40 Prozent. Außerdem ist der Ausstoß an Kohlendioxid deutlich niedriger, und Schadstoffe wie Stickstoff und Schwefel fallen nicht mehr an. Bisher ist die Brennstoffzellen-Technik noch sehr teuer. Aber Jürgen Ritterhoff glaubt, dass sie ab dem Jahr 2010 in der Seefahrt gefragt sein wird. Ob es dazu kommt, erläutert sein Kollege Gunter Sattler, hängt allerdings kaum von den Schiffsbauern ab: Die revolutionären Schiffe ohne Schornstein werden erst dann auf große Fahrt gehen, wenn sich Brennstoffzellen in Autos bewährt haben.

    Ich gehe davon aus, dass es in der Schiffstechnik genauso sein wird wie in der mobilen terrestrischen Anwendung, dass man zunächst einmal auf kleine Leistung schaut. Alles was darüber hinausgeht, da sind wir doch sehr abhängig von dem was in der Brennstoffzellen-Entwicklung generell passiert, der schiffstechnische Markt ist zu klein, als dass wir Entwicklungsmittel in die Hand nehmen können, um Brennstoffzellen direkt und ausschließlich für die Schiffstechnik zu entwickeln.