Pablo Beruda: Gesang für Bolívar: "Vater unser, der Du bist in Erden, im Wasser, in der Luft unserer ganzen ausgedehnten schweigenden Breite,
alles trägt deinen Namen, Vater, in unserem Lebenskreis: deinen Namen bringt das Zuckerrohr zur Süße,
Bolívarzinn hat Bolívarglanz,
Bolívarvogel über Bolívarvulkan,
Kartoffel, Salpeter, besondere Schatten,
Strömungen, Adern, phosphorischen Gesteins,
alles, was unser, entstammt deinem erloschenen Leben,
dein Nachlass waren Ströme, Ebenen, Glockentürme,
dein Erbe ist unser tägliches Brot, Vater."
"Wir Aymaras, Quechuas, Chiquitános und Guaranís haben gewonnen. Zum ersten Mal sind wir Präsident."
So verkündete Evo Morales am 18. Dezember 2005. Nach fast 500 Jahren der Unterdrückung waren die Indígenas im südlichen Amerika wieder an die Macht gelangt. Der unterlegene Jorge Quiroga beeilte sich, die Wahl anzuerkennen.
"Ich beglückwünsche hiermit für ihre Beharrlichkeit Evo Morales und Alvaro García Linéra zu ihrem Wahlergebnis."
Vor der Parteizentrale der MAS, der Bewegung zum Sozialismus des neuen Präsidenten, fasste einer seiner Anhänger die Bedeutung der Stunde zusammen:
"Trotz Diffamierungen, Beleidigungen und Lügen über Evo Morales konnte das bolivianische Volk in sauberen, demokratischen Wahlen erstmals mit großer Mehrheit einen von uns und eine linke Bewegung der Indígenas wählen."
Wer ist dieser Evo Morales, der dieses politische Wunder zu Wege brachte? Bis vor wenigen Jahren war er nur als Koka-Bauer und Vorsitzender einer sich zunehmend radikalisierenden Regional-Gewerkschaft bekannt. Inzwischen bewegt er sich auf der politischen Weltbühne so selbstverständlich, als ob er nie etwas anderes getan hätte. Ein Buch versucht nun, diesen ungewöhnlichen Wandel zu erklären und uns den Mann näher zu bringen, der unter seinen Präsidenten-Kollegen durch seine schlichte Kleidung und unter den Bolivianern durch seine hohe Gestalt auffällt. Autor Muruchí Poma stammt wie Morales aus dem Volk der Aymaras und lebt seit langem in Leipzig, wo er Wirtschaftswissenschaft studiert hat.
Evo Morales. Die Biografie.
Der einfache Titel erscheint dem Gegenstand angemessen. Das Werk ist mit 220 Seiten auch nicht besonders umfangreich, noch dazu üppig illustriert und mit Karten, Tabellen und einer Fülle von Anmerkungen versehen. Es hat einen chronologischen Aufbau, der sich von der "Erziehung des Aymara-Kindes" bis hin zur "kulturellen Revolution des indigenen Präsidenten" zieht. Dazwischen erklärt Muruchí Poma die politischen Zusammenhänge sowie viele Aspekte indigenen Lebens, die zum Verständnis der besonderen Persönlichkeit von Evo Morales und seinem Denken wesentlich beitragen. Natürlich macht er auch auf die existentielle Bedeutung der Koka für die Landbevölkerung aufmerksam, denn Morales will deren Anbau und Handel so weit wie nötig legalisieren, die Drogenproduktion jedoch auch weiterhin hart bekämpfen.
Seriöse Quellen, die sich der Erforschung des Themas gewidmet haben, zeigen die Nahrungsfunktion der Koka-Blätter auf und weisen darauf hin, dass Koka wie kein anderes Nahrungsmittel des Altiplano reich an Vitaminen, Kalzium und Phosphor ist. Sie erwähnen ebenfalls ihre metabolische Wirkung, das heißt sie reguliert den Sauerstoffhaushalt des menschlichen Körpers. Zieht man in Betracht, dass der größte Teil der Ernährung der Andenbewohner aus Knollenfrüchten besteht und das Fehlen von Gemüse beängstigend ist, wird die Koka zum Lebensretter.
Das Zitat veranschaulicht eine der Schwächen dieser Biografie: Der Autor versteckt sich gern hinter seinen Quellen, was er gar nicht nötig hat, und beschreibt oft umständlich und betulich relativ einfache Sachverhalte. Auch verliert er sich gern in überflüssigen Details, die die Lektüre mitunter etwas verdrießen. Seine wichtigsten Zeugen sind Familienangehörige und Weggefährten. Das verleiht seiner Darstellung zwar etwas Authentisches und macht sie sympathisch, aber auch etwas einseitig, zumal Muruchí Poma selbst ein fleißiger, doch leider auch etwas distanzloser Rechercheur ist. Dennoch ist hier keine ungetrübte Lobeshymne entstanden.
Wenn es eine Lücke in der Politik der neuen Regierung gibt, ist es das Fehlen eines stimmigen Konzeptes, welches, so wie versprochen, ein besseres Leben in den indigenen Kommunen schafft.
Evo Morales stammt aus einer einfachen Kleinbauern-Familie vom Altiplano, der Hochebene mit den härtesten Lebensbedingungen in Bolivien. Als vierjähriges Kind musste er bereits mithelfen, Schafe zu hüten. Er kennt also Armut und Not. Seine Eltern schickten den Jungen so oft wie möglich zum Unterricht in eine so genannte Zwergschule. Später gelang es ihm sogar das Abitur zu machen. Der Fußball faszinierte bereits das Kind und hat - so meint zumindest sein Biograf - seine späteren Führungs- und Organisationsqualitäten entscheidend geprägt. Damals soll er auch verkündet haben:
"Eines Tages werde ich Präsident!"
Evo Morales hat sich schon sehr früh für seine indigenen Ursprünge als Aymara interessiert. In den Schriften von Fausto Reinaga, einem indianistischen Philosophen und Historiker, hat er dazu wesentliche Erkenntnisse gefunden, dabei jedoch nie dessen radikale Positionen geteilt. Er hat sich auch mit sozialistischen Ideen vertraut gemacht, ist aber kein Sozialist geworden.
Man kann zusammenfassend sagen, dass seine Gedankengänge eklektisch und pragmatisch sind, das heißt, sie arbeiten mit verschiedenen Konzepten und den politischen Ideen verschiedener Strömungen, um ein Ziel zu erreichen: das Beenden der sozialen Ausgrenzung der Indígenas.
Nach einer schrecklichen Dürre- und Frostperiode auf dem Altiplano versuchte sich die Familie im tropischen Teil des Landes, in Chapare, einem der wichtigsten Koka-Anbaugebiete Boliviens, landwirtschaftlich zu betätigen. Mit 20 Jahren wird Evo Morales also Cocalero, Koka-Bauer, und automatisch Gewerkschaftsmitglied. Es war eine politisch äußerst turbulente Zeit, in der sich die Staatspräsidenten alle paar Monate die Klinke in die Hand gaben, das Militär zusammen mit der Drogenmafia putschte und die Gewerkschafter ständig verfolgt wurden. Als einer von ihnen durch eine Horde angetrunkener Soldaten bei lebendigem Leib verbrannt wurde, entschloss sich Evo Morales,
von nun an unermüdlich für die Menschenrechte, für die Ruhe und den Frieden in unserer Heimat, für den freien Koka-Anbau, für die nationale Souveränität der Rohstoffe, für die Menschenwürde der Bolivianer und für unsere Freiheit zu kämpfen.
1985 wird er mit 26 Jahren zum ersten Mal Anführer einer regionalen Gewerkschaft. Er ist der richtige Mann in einem sich ständig zuspitzenden Konflikt, in dem inzwischen auch die USA massiv intervenieren und die Regierung Spezialeinheiten zur Unterdrückung der Koka-Bauern einsetzt. Evo Morales lässt sich nicht einschüchtern, organisiert Demonstrationen, Streiks und Blockaden und wird zu einem der heftigsten Gegner der offiziellen Drogenpolitik. Die Regierung schickt ein Rollkommando, das ihn ermorden soll.
Nachdem sie ihn lebensgefährlich zusammengeschlagen hatten, schleiften die Häscher ihr Opfer über eine Schotterpiste in den Wald und warfen ihn ins Dickicht, als sie feststellten, dass sie verfolgt wurden. Evos Gesicht war völlig aufgerissen und blutüberströmt, sein Körper voller Blutergüsse, aber er lebte noch.
Doch solche Erlebnisse, mehrfache Inhaftierungen und zunehmende Diffamierungen durch die Medien können Morales nicht von seinem Kampf um die Rechte der Indios abbringen. Er führt ihn kompromisslos, lehnt aber bewaffnete Auseinandersetzungen ab, die viele Gewerkschafter von ihm fordern. Damals zeigt er bereits die politische Weitsicht, die ihn heute als Präsidenten auszeichnet. Er hat zwar die Rohstoffquellen verstaatlicht, überlässt aber die Vermarktung den ausländischen Konzernen, die dafür endlich einen angemessenen Preis bezahlen müssen. Auch die noch zu schaffende neue Verfassung will keinen Bolivianer ausgrenzen:
Zum ersten Mal in der Geschichte Boliviens sind ethnische Minderheiten und Mehrheiten in der Verfassungsgebenden Versammlung vertreten. Das ist der Beginn einer möglichen Integration der verschiedenen Kulturen. Niemand muss mehr seine Herkunft verleugnen, um an der Entwicklung teilhaben zu dürfen.
Muruchí Poma weist an vielen Details nach, dass Evo Morales nicht zu Abenteuern neigt und - trotz der Umarmungen von Fidel Castro und Hugo Chávez - auch keine politische Konfrontation sucht. Er zeigt sich bis jetzt als ein berechenbarer Politiker, der Moral als ein neues Kriterium in die bolivianische Politik eingeführt hat. Das macht dieses Buch vielfach deutlich. Der Verlag sollte nur nicht vollmundig behaupten, dies sei die "weltweit einzige Biografie über den ersten indigenen Präsidenten Boliviens". Der Autor erwähnt nämlich in seinen Anmerkungen ein bereits 2005 in La Paz herausgekommenes Werk von Alex Contreras Baspineiro: Biografie von Evo Morales - eine Geschichte der Würde. Und außerdem gibt es noch vier weitere biografische Darstellungen über den bolivianischen Staatspräsidenten.
Peter B. Schumann über Muruchi Poma: Evo Morales. Die Biografie, Militzke Verlag, Leipzig 2007, 29.90 Euro.
alles trägt deinen Namen, Vater, in unserem Lebenskreis: deinen Namen bringt das Zuckerrohr zur Süße,
Bolívarzinn hat Bolívarglanz,
Bolívarvogel über Bolívarvulkan,
Kartoffel, Salpeter, besondere Schatten,
Strömungen, Adern, phosphorischen Gesteins,
alles, was unser, entstammt deinem erloschenen Leben,
dein Nachlass waren Ströme, Ebenen, Glockentürme,
dein Erbe ist unser tägliches Brot, Vater."
"Wir Aymaras, Quechuas, Chiquitános und Guaranís haben gewonnen. Zum ersten Mal sind wir Präsident."
So verkündete Evo Morales am 18. Dezember 2005. Nach fast 500 Jahren der Unterdrückung waren die Indígenas im südlichen Amerika wieder an die Macht gelangt. Der unterlegene Jorge Quiroga beeilte sich, die Wahl anzuerkennen.
"Ich beglückwünsche hiermit für ihre Beharrlichkeit Evo Morales und Alvaro García Linéra zu ihrem Wahlergebnis."
Vor der Parteizentrale der MAS, der Bewegung zum Sozialismus des neuen Präsidenten, fasste einer seiner Anhänger die Bedeutung der Stunde zusammen:
"Trotz Diffamierungen, Beleidigungen und Lügen über Evo Morales konnte das bolivianische Volk in sauberen, demokratischen Wahlen erstmals mit großer Mehrheit einen von uns und eine linke Bewegung der Indígenas wählen."
Wer ist dieser Evo Morales, der dieses politische Wunder zu Wege brachte? Bis vor wenigen Jahren war er nur als Koka-Bauer und Vorsitzender einer sich zunehmend radikalisierenden Regional-Gewerkschaft bekannt. Inzwischen bewegt er sich auf der politischen Weltbühne so selbstverständlich, als ob er nie etwas anderes getan hätte. Ein Buch versucht nun, diesen ungewöhnlichen Wandel zu erklären und uns den Mann näher zu bringen, der unter seinen Präsidenten-Kollegen durch seine schlichte Kleidung und unter den Bolivianern durch seine hohe Gestalt auffällt. Autor Muruchí Poma stammt wie Morales aus dem Volk der Aymaras und lebt seit langem in Leipzig, wo er Wirtschaftswissenschaft studiert hat.
Evo Morales. Die Biografie.
Der einfache Titel erscheint dem Gegenstand angemessen. Das Werk ist mit 220 Seiten auch nicht besonders umfangreich, noch dazu üppig illustriert und mit Karten, Tabellen und einer Fülle von Anmerkungen versehen. Es hat einen chronologischen Aufbau, der sich von der "Erziehung des Aymara-Kindes" bis hin zur "kulturellen Revolution des indigenen Präsidenten" zieht. Dazwischen erklärt Muruchí Poma die politischen Zusammenhänge sowie viele Aspekte indigenen Lebens, die zum Verständnis der besonderen Persönlichkeit von Evo Morales und seinem Denken wesentlich beitragen. Natürlich macht er auch auf die existentielle Bedeutung der Koka für die Landbevölkerung aufmerksam, denn Morales will deren Anbau und Handel so weit wie nötig legalisieren, die Drogenproduktion jedoch auch weiterhin hart bekämpfen.
Seriöse Quellen, die sich der Erforschung des Themas gewidmet haben, zeigen die Nahrungsfunktion der Koka-Blätter auf und weisen darauf hin, dass Koka wie kein anderes Nahrungsmittel des Altiplano reich an Vitaminen, Kalzium und Phosphor ist. Sie erwähnen ebenfalls ihre metabolische Wirkung, das heißt sie reguliert den Sauerstoffhaushalt des menschlichen Körpers. Zieht man in Betracht, dass der größte Teil der Ernährung der Andenbewohner aus Knollenfrüchten besteht und das Fehlen von Gemüse beängstigend ist, wird die Koka zum Lebensretter.
Das Zitat veranschaulicht eine der Schwächen dieser Biografie: Der Autor versteckt sich gern hinter seinen Quellen, was er gar nicht nötig hat, und beschreibt oft umständlich und betulich relativ einfache Sachverhalte. Auch verliert er sich gern in überflüssigen Details, die die Lektüre mitunter etwas verdrießen. Seine wichtigsten Zeugen sind Familienangehörige und Weggefährten. Das verleiht seiner Darstellung zwar etwas Authentisches und macht sie sympathisch, aber auch etwas einseitig, zumal Muruchí Poma selbst ein fleißiger, doch leider auch etwas distanzloser Rechercheur ist. Dennoch ist hier keine ungetrübte Lobeshymne entstanden.
Wenn es eine Lücke in der Politik der neuen Regierung gibt, ist es das Fehlen eines stimmigen Konzeptes, welches, so wie versprochen, ein besseres Leben in den indigenen Kommunen schafft.
Evo Morales stammt aus einer einfachen Kleinbauern-Familie vom Altiplano, der Hochebene mit den härtesten Lebensbedingungen in Bolivien. Als vierjähriges Kind musste er bereits mithelfen, Schafe zu hüten. Er kennt also Armut und Not. Seine Eltern schickten den Jungen so oft wie möglich zum Unterricht in eine so genannte Zwergschule. Später gelang es ihm sogar das Abitur zu machen. Der Fußball faszinierte bereits das Kind und hat - so meint zumindest sein Biograf - seine späteren Führungs- und Organisationsqualitäten entscheidend geprägt. Damals soll er auch verkündet haben:
"Eines Tages werde ich Präsident!"
Evo Morales hat sich schon sehr früh für seine indigenen Ursprünge als Aymara interessiert. In den Schriften von Fausto Reinaga, einem indianistischen Philosophen und Historiker, hat er dazu wesentliche Erkenntnisse gefunden, dabei jedoch nie dessen radikale Positionen geteilt. Er hat sich auch mit sozialistischen Ideen vertraut gemacht, ist aber kein Sozialist geworden.
Man kann zusammenfassend sagen, dass seine Gedankengänge eklektisch und pragmatisch sind, das heißt, sie arbeiten mit verschiedenen Konzepten und den politischen Ideen verschiedener Strömungen, um ein Ziel zu erreichen: das Beenden der sozialen Ausgrenzung der Indígenas.
Nach einer schrecklichen Dürre- und Frostperiode auf dem Altiplano versuchte sich die Familie im tropischen Teil des Landes, in Chapare, einem der wichtigsten Koka-Anbaugebiete Boliviens, landwirtschaftlich zu betätigen. Mit 20 Jahren wird Evo Morales also Cocalero, Koka-Bauer, und automatisch Gewerkschaftsmitglied. Es war eine politisch äußerst turbulente Zeit, in der sich die Staatspräsidenten alle paar Monate die Klinke in die Hand gaben, das Militär zusammen mit der Drogenmafia putschte und die Gewerkschafter ständig verfolgt wurden. Als einer von ihnen durch eine Horde angetrunkener Soldaten bei lebendigem Leib verbrannt wurde, entschloss sich Evo Morales,
von nun an unermüdlich für die Menschenrechte, für die Ruhe und den Frieden in unserer Heimat, für den freien Koka-Anbau, für die nationale Souveränität der Rohstoffe, für die Menschenwürde der Bolivianer und für unsere Freiheit zu kämpfen.
1985 wird er mit 26 Jahren zum ersten Mal Anführer einer regionalen Gewerkschaft. Er ist der richtige Mann in einem sich ständig zuspitzenden Konflikt, in dem inzwischen auch die USA massiv intervenieren und die Regierung Spezialeinheiten zur Unterdrückung der Koka-Bauern einsetzt. Evo Morales lässt sich nicht einschüchtern, organisiert Demonstrationen, Streiks und Blockaden und wird zu einem der heftigsten Gegner der offiziellen Drogenpolitik. Die Regierung schickt ein Rollkommando, das ihn ermorden soll.
Nachdem sie ihn lebensgefährlich zusammengeschlagen hatten, schleiften die Häscher ihr Opfer über eine Schotterpiste in den Wald und warfen ihn ins Dickicht, als sie feststellten, dass sie verfolgt wurden. Evos Gesicht war völlig aufgerissen und blutüberströmt, sein Körper voller Blutergüsse, aber er lebte noch.
Doch solche Erlebnisse, mehrfache Inhaftierungen und zunehmende Diffamierungen durch die Medien können Morales nicht von seinem Kampf um die Rechte der Indios abbringen. Er führt ihn kompromisslos, lehnt aber bewaffnete Auseinandersetzungen ab, die viele Gewerkschafter von ihm fordern. Damals zeigt er bereits die politische Weitsicht, die ihn heute als Präsidenten auszeichnet. Er hat zwar die Rohstoffquellen verstaatlicht, überlässt aber die Vermarktung den ausländischen Konzernen, die dafür endlich einen angemessenen Preis bezahlen müssen. Auch die noch zu schaffende neue Verfassung will keinen Bolivianer ausgrenzen:
Zum ersten Mal in der Geschichte Boliviens sind ethnische Minderheiten und Mehrheiten in der Verfassungsgebenden Versammlung vertreten. Das ist der Beginn einer möglichen Integration der verschiedenen Kulturen. Niemand muss mehr seine Herkunft verleugnen, um an der Entwicklung teilhaben zu dürfen.
Muruchí Poma weist an vielen Details nach, dass Evo Morales nicht zu Abenteuern neigt und - trotz der Umarmungen von Fidel Castro und Hugo Chávez - auch keine politische Konfrontation sucht. Er zeigt sich bis jetzt als ein berechenbarer Politiker, der Moral als ein neues Kriterium in die bolivianische Politik eingeführt hat. Das macht dieses Buch vielfach deutlich. Der Verlag sollte nur nicht vollmundig behaupten, dies sei die "weltweit einzige Biografie über den ersten indigenen Präsidenten Boliviens". Der Autor erwähnt nämlich in seinen Anmerkungen ein bereits 2005 in La Paz herausgekommenes Werk von Alex Contreras Baspineiro: Biografie von Evo Morales - eine Geschichte der Würde. Und außerdem gibt es noch vier weitere biografische Darstellungen über den bolivianischen Staatspräsidenten.
Peter B. Schumann über Muruchi Poma: Evo Morales. Die Biografie, Militzke Verlag, Leipzig 2007, 29.90 Euro.