Er ist inzwischen 85, bewegt sich bedacht – ist aber geistig noch immer agil. Hoch konzentriert spricht er vor großem Publikum, gibt Interviews, bearbeitet Berge von Post – doch es kostet ihn Mühe. Deshalb sei er froh, die Leitung seiner Stiftung abgeben zu können, sagt Hans Küng. Künftig will er sich weniger zumuten als in den vergangenen 18 Jahren, auf die er zufrieden zurückblickt.
"Wenn Sie denken, was allein die Stiftung hier eingeladen hat an Vertretern als Weltethos Redner: Kofi Annan, Tony Blair, Mary Robinson, Horst Köhler. Also das zeigt schon, dass wir doch viel wirken konnten, was eigentlich nur so eine kleine Gruppe wirken konnte, die frei ist, wo man nicht lange Prozeduren braucht, um etwas zu entscheiden."
So frei hat der Katholik Hans Küng in seinem Leben nicht immer agieren können. Als Professor für Fundamentaltheologie und später für Dogmatik befand er sich in den 1960er- und 1970er-Jahren im Dauerkonflikt mit dem katholischen Lehramt. Er kritisierte die Lehre von der päpstlichen Unfehlbarkeit, die Unterdrückung der Frau in der katholischen Kirche und die zentralistischen Machtstrukturen im Vatikan. 1979 wurde ihm die Lehrerlaubnis entzogen. Rückblickend spricht Küng von der schwersten Zeit seines Lebens.
"Weil ich gar nicht wusste, ob es überhaupt hier weiter geht in Tübingen, ob ich meinen Lehrstuhl behalten kann, ich noch Schüler haben kann und ich mein ganzes Lebenswerk gefährdet sah. Es war eine schwierige Zeit, und ich war physisch auch erschöpft. Aber es ist mir wohl bekommen. Ich habe seither eine ganz neue Freiheit, seitdem die Probleme gelöst sind."
Die Universität Tübingen richtete Küng ein eigenes Institut für ökumenische Forschung ein. Als er emeritiert wurde, gründete Küng 1995 die Stiftung Weltethos, forschte weiter und trug seine Ideen in die Welt. Denn Küng begriff interreligiösen Dialog als politische Angelegenheit – als Schlüssel zum Weltfrieden. Er sprach vor den Vereinten Nationen und hielt zahllose Vorträge. Parallel arbeitete die Stiftung daran, ihre ethischen Vorstellungen in das Erziehungssystem einzubringen, erklärt Weltethos-Generalsekretär Stephan Schlensog.
"Das fängt an im Kindergarten, dass wir Lehrmittel für Erzieherinnen und Erzieher entwickelt haben, mit denen wir denen Arbeitshilfen geben und mit denen wir diese Menschen für ihre Arbeit qualifizieren, weil vor allem dort auch die interkulturelle Gemengelage eine große Herausforderung ist und eben auch die Wertevermittlung."
Auch in den Lehrplänen vieler Schulen seien die Grundprinzipien des Projektes Weltethos inzwischen verankert: Kernelement ist dabei, alle Menschen so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden möchte. Derzeit läuft ein Projekt in Hongkong, bei dem versucht wird, die Weltethos-Prinzipien in die dortigen Lehrpläne zu integrieren.
Insgesamt ist die Stiftung in sieben Ländern aktiv, arbeitet dort meist mit Partnerorganisationen zusammen. Jüngst wurde ein Weltethos Institut an der Universität Peking eröffnet.
Die Stiftung hat in den vergangenen 18 Jahren Vorstöße in viele Gesellschaftsbereiche unternommen: So berät sie zum Beispiel auch eine Ethik-Arbeitsgruppe des Deutschen Fußballbundes. Zentral ist auch die Frage von Ethik in der Wirtschaft. Vor zwei Jahren gründete die Stiftung das Weltethos-Institut an der Universität Tübingen. Dort erforscht der Philosoph und Direktor des Instituts Klaus Dierksmeier alternative Wirtschaftsideen: Geschäftsmodelle, die erfolgreich sind, die sich aber nicht allein am Profit ausrichten, sondern auf faire Arbeitsbedingungen und ökologische Verträglichkeit achten.
"Ich glaube, das Problem ist weniger, wie man es ab und zu in der Klatschpresse wahrnimmt, dass es in der Wirtschaft nur so wimmelt von Menschen mit übler Gesinnung, sondern ich glaube, es wimmelt von Menschen, die, wenn sie nur Wege sähen, ihr Geld anständig zu verdienen, es auch täten, dass aber die Perspektiven, die wir uns angewöhnt haben zu verwenden, wenn wir über Wirtschaft nachdenken, oft nur das eine sichtbar machen, nämlich das Messbare, das zu Wiegende und zu Zählende."
Während die Ethik oft außen vor bleibe – auch in den Wirtschaftswissenschaften. Dierksmeier will einen Bewusstseinswandel herbeiführen und zeigen, dass es sich auszahlt, auf Mensch und Umwelt Rücksicht zu nehmen – und zwar nicht nur im ideellen Sinn.
Die Gründung des Weltethos Instituts an der Tübinger Universität war der letzte große Schritt, den Hans Küng als Präsident seiner Stiftung begleitet hat. Bei der damaligen Eröffnung kündigte er seinen Rückzug an und präsentierte Altbundespräsident Horst Köhler als Nachfolger. Doch daraus wurde nichts: Köhler sagte wieder ab. Wie es heißt, soll es persönliche Differenzen zwischen ihm und einem der Stiftungsmäzene gegeben haben.
Künftig wird der Präsident des baden-württembergischen Staatsgerichtshofes Eberhard Stilz die Stiftungsleitung innehaben. Nach der charismatischen Persönlichkeit Hans Küng erscheint Stilz manchem Beobachter als Notlösung. Weltethos-Generalsekretär Schlensog weiß, dass der Wechsel an der Spitze nicht optimal verlaufen ist, sieht aber in Stilz genau den Mann, den die Stiftung jetzt braucht:
"Er ist natürlich kein Wissenschaftler wie Hans Küng. Insofern wird natürlich in der Stiftung nach Hans Küng auch die wissenschaftliche Grundlagenforschung nicht diese große Priorität mehr haben und das braucht sie auch nicht, weil wir viele Dinge erarbeitet haben. Eberhard Stilz wird sicher mehr ein Mann des Umsetzens sein, des Machens, des Gestaltens."
Schlensog hofft, dass Stilz' Kontakte in die Politik Türen öffnen werden. Denn die Stiftung habe sich in den vergangenen fast zwei Jahrzehnten durchaus schwergetan, ihre Ideen in die Politik einzubringen.
Und Hans Küng? Der will sich aus der Stiftung heraushalten und den dritten Band seiner Memoiren schreiben.
"Wenn Sie denken, was allein die Stiftung hier eingeladen hat an Vertretern als Weltethos Redner: Kofi Annan, Tony Blair, Mary Robinson, Horst Köhler. Also das zeigt schon, dass wir doch viel wirken konnten, was eigentlich nur so eine kleine Gruppe wirken konnte, die frei ist, wo man nicht lange Prozeduren braucht, um etwas zu entscheiden."
So frei hat der Katholik Hans Küng in seinem Leben nicht immer agieren können. Als Professor für Fundamentaltheologie und später für Dogmatik befand er sich in den 1960er- und 1970er-Jahren im Dauerkonflikt mit dem katholischen Lehramt. Er kritisierte die Lehre von der päpstlichen Unfehlbarkeit, die Unterdrückung der Frau in der katholischen Kirche und die zentralistischen Machtstrukturen im Vatikan. 1979 wurde ihm die Lehrerlaubnis entzogen. Rückblickend spricht Küng von der schwersten Zeit seines Lebens.
"Weil ich gar nicht wusste, ob es überhaupt hier weiter geht in Tübingen, ob ich meinen Lehrstuhl behalten kann, ich noch Schüler haben kann und ich mein ganzes Lebenswerk gefährdet sah. Es war eine schwierige Zeit, und ich war physisch auch erschöpft. Aber es ist mir wohl bekommen. Ich habe seither eine ganz neue Freiheit, seitdem die Probleme gelöst sind."
Die Universität Tübingen richtete Küng ein eigenes Institut für ökumenische Forschung ein. Als er emeritiert wurde, gründete Küng 1995 die Stiftung Weltethos, forschte weiter und trug seine Ideen in die Welt. Denn Küng begriff interreligiösen Dialog als politische Angelegenheit – als Schlüssel zum Weltfrieden. Er sprach vor den Vereinten Nationen und hielt zahllose Vorträge. Parallel arbeitete die Stiftung daran, ihre ethischen Vorstellungen in das Erziehungssystem einzubringen, erklärt Weltethos-Generalsekretär Stephan Schlensog.
"Das fängt an im Kindergarten, dass wir Lehrmittel für Erzieherinnen und Erzieher entwickelt haben, mit denen wir denen Arbeitshilfen geben und mit denen wir diese Menschen für ihre Arbeit qualifizieren, weil vor allem dort auch die interkulturelle Gemengelage eine große Herausforderung ist und eben auch die Wertevermittlung."
Auch in den Lehrplänen vieler Schulen seien die Grundprinzipien des Projektes Weltethos inzwischen verankert: Kernelement ist dabei, alle Menschen so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden möchte. Derzeit läuft ein Projekt in Hongkong, bei dem versucht wird, die Weltethos-Prinzipien in die dortigen Lehrpläne zu integrieren.
Insgesamt ist die Stiftung in sieben Ländern aktiv, arbeitet dort meist mit Partnerorganisationen zusammen. Jüngst wurde ein Weltethos Institut an der Universität Peking eröffnet.
Die Stiftung hat in den vergangenen 18 Jahren Vorstöße in viele Gesellschaftsbereiche unternommen: So berät sie zum Beispiel auch eine Ethik-Arbeitsgruppe des Deutschen Fußballbundes. Zentral ist auch die Frage von Ethik in der Wirtschaft. Vor zwei Jahren gründete die Stiftung das Weltethos-Institut an der Universität Tübingen. Dort erforscht der Philosoph und Direktor des Instituts Klaus Dierksmeier alternative Wirtschaftsideen: Geschäftsmodelle, die erfolgreich sind, die sich aber nicht allein am Profit ausrichten, sondern auf faire Arbeitsbedingungen und ökologische Verträglichkeit achten.
"Ich glaube, das Problem ist weniger, wie man es ab und zu in der Klatschpresse wahrnimmt, dass es in der Wirtschaft nur so wimmelt von Menschen mit übler Gesinnung, sondern ich glaube, es wimmelt von Menschen, die, wenn sie nur Wege sähen, ihr Geld anständig zu verdienen, es auch täten, dass aber die Perspektiven, die wir uns angewöhnt haben zu verwenden, wenn wir über Wirtschaft nachdenken, oft nur das eine sichtbar machen, nämlich das Messbare, das zu Wiegende und zu Zählende."
Während die Ethik oft außen vor bleibe – auch in den Wirtschaftswissenschaften. Dierksmeier will einen Bewusstseinswandel herbeiführen und zeigen, dass es sich auszahlt, auf Mensch und Umwelt Rücksicht zu nehmen – und zwar nicht nur im ideellen Sinn.
Die Gründung des Weltethos Instituts an der Tübinger Universität war der letzte große Schritt, den Hans Küng als Präsident seiner Stiftung begleitet hat. Bei der damaligen Eröffnung kündigte er seinen Rückzug an und präsentierte Altbundespräsident Horst Köhler als Nachfolger. Doch daraus wurde nichts: Köhler sagte wieder ab. Wie es heißt, soll es persönliche Differenzen zwischen ihm und einem der Stiftungsmäzene gegeben haben.
Künftig wird der Präsident des baden-württembergischen Staatsgerichtshofes Eberhard Stilz die Stiftungsleitung innehaben. Nach der charismatischen Persönlichkeit Hans Küng erscheint Stilz manchem Beobachter als Notlösung. Weltethos-Generalsekretär Schlensog weiß, dass der Wechsel an der Spitze nicht optimal verlaufen ist, sieht aber in Stilz genau den Mann, den die Stiftung jetzt braucht:
"Er ist natürlich kein Wissenschaftler wie Hans Küng. Insofern wird natürlich in der Stiftung nach Hans Küng auch die wissenschaftliche Grundlagenforschung nicht diese große Priorität mehr haben und das braucht sie auch nicht, weil wir viele Dinge erarbeitet haben. Eberhard Stilz wird sicher mehr ein Mann des Umsetzens sein, des Machens, des Gestaltens."
Schlensog hofft, dass Stilz' Kontakte in die Politik Türen öffnen werden. Denn die Stiftung habe sich in den vergangenen fast zwei Jahrzehnten durchaus schwergetan, ihre Ideen in die Politik einzubringen.
Und Hans Küng? Der will sich aus der Stiftung heraushalten und den dritten Band seiner Memoiren schreiben.