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Endstation Halbfinale

Der Traum vom WM-Finale ist geplatzt: Die deutsche Fußballnationalmannschaft verliert 0:1 gegen Spanien. Damit bleibt dem jungen Team von Bundestrainer Joachim Löw wie schon 2006 bei der Heim-WM das Spiel um Platz 3 gegen Uruguay - weil diesmal den Kickern und dem Trainer das nötige Quentchen Erfahrung fehlte.

Ein Kommentar von Jens Weinreich |
    Es war eine stolze Niederlage. Das sagt sich so leicht als Beobachter, von der Tribüne aus. Wer aber Bastian Schweinsteiger gesehen hat, wie er lange Minuten nach dem Schlusspfiff erst mit Phillip Lahm, dann allein an der Mittellinie verbrachte, der ahnte, dass dieser Mann noch lange braucht, um Stolz zu empfinden. Natürlich dominiert die grenzenlose Enttäuschung. Wieder ein WM-Halbfinale. Wieder, wie schon 2006 gegen Italien, alles in allem deutlich verloren.

    Ja, dieses 0:1 täuscht ein wenig über die Dominanz der Spanier hinweg. Der Europameister zeigte seine beste Turnier-Leistung bisher. Trainer Vicente Del Bosque hat sich von Joachim Löw nicht auscoachen lassen. Der alte Fuchs hat Pedro für den bislang enttäuschenden Torres gebracht – das war richtig und wirkungsvoll. Er hat unglaubliches Pressing spielen und die Räume, in die die Deutschen gegen England und Argentinien so pfeilschnell gestoßen sind, zustellen lassen. In den zentralen Positionen vor der Abwehr lieferten Xabi Alonso und Busquets überragende Vorstellungen. Das war der Schlüssel zum Sieg.

    Deutschland fehlte Thomas Müller, ja, aber es ist reine Spekulation, was mit ihm hätte passieren können. So wie man noch Jahre darüber spekulieren kann, ob Deutschland vor vier Jahren mit Torsten Frings gegen Italien gewonnen hätte. Ein Thema für Stammtische, allerdings nutzlos heute Abend. Das Finale heißt Spanien gegen Holland. Deutschland spielt gegen Uruguay um Platz drei und kann sich würdig verabschieden.

    Im Vergleich zum EM-Finale 2008 war es dennoch ein Klassenunterschied – auf Seiten der Deutschen. Beide Male gewann Spanien mit überragendem Kurzpass-Spiel 1:0. Vor zwei Jahren in Wien schoss Torres den Siegtreffer in Minute 69. Diesmal köpfte Carles Puyol in Minute 73 ins Glück. Aber Deutschland hielt nicht nur vier Minuten länger dagegen. Deutschland bäumte sich mit spielerischen Mitteln auf. Nur: In die einzige Drangphase der Partie fiel der spanische Siegtreffer.

    Löws Mannschaft hat bei dieser WM nicht nur die Deutschen entzückt, sondern die ganze Welt beeindruckt. Das bleibt vom Turnier in Südafrika. Es werden auch einige Deutsche in der Weltelf landen und Thomas Müller wahrscheinlich zum besten jungen Spieler des Turniers ernannt werden. Wer aber glaubt, es würde nach dieser WM so weiter gehen, könnte sich täuschen. Nach dem Turnier ist vor dem Turnier. Im Fußball kann frischer Ruhm schnell verwelken.

    Spanien ist das überragende Team der vergangenen vier Jahre und bleibt das Maß aller Dinge – zumindest bis zum Finale gegen Sneijder und Robben.