Archiv

Energie
Mikroben drehen den Öl-Hahn zu

Da Heizöl eine ergiebige Kohlenstoff-Quelle ist, können Mikroorganismen gut darin überleben und sich vermehren. Bildet sich ein größerer Biofilm, können Filter und Rohre blockiert und der Brenner lahmgelegt werden. Wenn Heizöl demnächst Anteile von Bio-Diesel enthält, steigt diese Gefahr der Mikroben-Invasion deutlich.

Von Volker Mrasek |
    Der Tankwagen eines Heizöllieferanten. Aufschrift: Heizöl.
    Heizöl kann Mikroorganismen durchaus als Lebensraum dienen. (picture alliance / ZB - Patrick Pleul)
    Das hat niemand gerne – wenn die Öl-Heizung im Keller repariert werden muss, weil sie defekt ist. Das hat nicht immer technische Gründe. Es können auch biologische sein ...
    "Es gibt die Möglichkeit, dass Mikroorganismen das Heizöl kontaminieren, dann Biofilme ausbilden, starkes Wachstum ausbilden, Filter blockiert werden oder Rohrleitungen blockiert werden. Damit ist der Brenner lahmgelegt. In dem Fall fließt kein Öl mehr."
    Zugesetzte Filter und Heizungspumpen, die ausfallen - der Mikrobiologe Bernd Leuchtle von der RWTH Aachen warnt davor, dass solche Fälle gehäuft auftreten könnten, wenn auch Heizöl demnächst Anteile von Bio-Diesel enthält. Nach dem Vorbild von Auto-Kraftstoffen, bei denen das ja schon der Fall ist.
    "In Baden-Württemberg gibt es die ersten Vertreiber, die das Ganze anbieten. Allerdings maximal fünf bis sieben Prozent."
    Mikroorganismen können gut von Heizöl leben
    Es gibt sogar Ideen, Heizöl in Zukunft 20 Prozent Biodiesel beizumischen. Dafür nimmt man einen aus Rapsöl gewonnenen Ester. Für die Verbindung hat sich die Kurzform "Fame" oder "FAME" eingebürgert.
    Dass Mikroorganismen von Heizöl leben können, muss niemanden wundern. Der Brennstoff ist eine ergiebige Kohlenstoff-Quelle. Pflanzliche Additive wie FAME liefern Bakterien und Pilzen darüber hinaus aber noch weitere Nährstoffe: Magnesium, Eisen und andere Spurenelemente.Wie reagieren sie darauf?
    Bernd Leuchtle hat das untersucht, in einem knapp dreijährigen Forschungsprojekt, zusammen mit Kollegen aus anderen Fachinstituten. Und festgestellt, dass ...
    " ... die das FAME einfach besser verstoffwechseln können und damit schneller und zu größeren Biomassen anwachsen können. Zwei- bis dreimal so viel Biomasse kriegen wir, wenn wir zehn bis 20 Prozent FAME dazugeben. Und bei einer mikrobiologischen Kontamination hat man halt innerhalb von – im schlimmsten Fall – wenigen Wochen bis Monaten so einen starken Biofilm, dass der Filter einfach dann sehr schnell zu ist und damit die Anlage nicht mehr funktioniert."
    Heizöl-Tanks haben eine Belüftung und sind keineswegs völlig abgeschirmt. Deshalb können Mikroorganismen auch in Hausheizungssysteme eindringen – genauso wie feuchte Umgebungsluft, die in den Tanks später zu Wasser kondensiert, auf das Bakterien und Pilze zwingend angewiesen sind.
    Ihre Biofilme bilden die ungebetenen Besiedler übrigens nicht auf dem Heizöl, sondern darunter, am Boden des Tanks. Dazu Lars Blank, Professor für Angewandte Mikrobiologie an der RWTH Aachen:
    "Wasser ist schwerer als Diesel. Das heißt, wir haben einen Tank, der ist drei Meter, vielleicht sogar tiefer, und unten ist die kleine Pfütze an Wasser. Und da unten leben die Mikroben."
    Sie leben dort im Verborgenen und schaffen es durch einen Trick, an das nahrhafte Diesel- und Pflanzenöl zu kommen. Eigentlich mischt es sich nicht mit dem Wasser, in dem die Mikroorganismen gedeihen. Doch die sind in der Lage, sogenannte Detergentien zu produzieren:
    "Die kennen Sie aus Ihrem Handwaschmittel. Wenn Sie ihre verfettete Pfanne waschen möchten. Und genau das machen die Mikroben auch. Die bilden solche Moleküle, können kleine Tröpfchen aus dem Öl herauslösen, die Oberfläche wird größer, und die Mikroben haben eine irre Chance, an diesen Kohlenstoff zu kommen und den dann abzubauen."
    Mögliche Lösung: Heizöl entschwefeln
    Doch was tun, damit das zu keinem ernsten Problem wird, wenn Heizöl demnächst größere Anteile von Biodiesel enthält und die Mikroorganismen deshalb viel besser im Tank gedeihen?
    Man könnte Biozide gegen die Bakterien in den Brennstoff packen. Das wäre eine simple, aber sicher umstrittene Lösung. Für eleganter hält es Bernd Leuchtle, Heizöl genauso zu entschwefeln wie Auto-Kraftstoff, und auch andere Bestandteile zu reduzieren, von denen Mikroorganismen profitieren. Es gebe bereits Forschungsanstrengungen, ...
    " ... die wirklich in die Richtung gehen, das Nähstoffangebot zu verringern, sodass eigentlich gar keine Biomasse mehr entstehen kann. Schwefel, Phosphat, Stickstoff, die drei – wird versucht, die weiter runterzubringen."
    Um das Problem, mahnen die Aachener Forscher, sollten sich Heizungsbauer und Heizöl-Lieferanten jedenfalls frühzeitig kümmern.