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Energie vom Acker

Zur Energiepolitik der Bundesregierung hat sich heute das Netzwerk Lebensmittelforum geäußert. Diese Vereinigung ist ein Zusammenschluss der Lebensmittelverbände in Deutschland. Damit ist klar: Es geht nicht um die Atom- oder Kohlepolitik, sondern um den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen für die Energiegewinnung und damit um die Frage: Sollen Pflanzen für den Teller oder für den Tank angebaut werden?

Von Dieter Nürnberger |
    Dieser Energiegewinnung vom Acker steht das Netzwerk Lebensmittelforum schon seit längerem sehr kritisch gegenüber. Und zwar aus mehreren Gründen - zum einen bezweifeln die hier im Lebensmittelforum zusammengeschlossenen Verbände den Umweltnutzen, das heißt, die von den Förderern angenommenen Einsparungen an Treibhausgasen.

    Aber der wesentliche Teil der Kritik bezieht sich auf die Konkurrenzsituation von Nahrungs- und Energiepflanzen. Die Rechnung des Deutschen Brauer-Bundes ist da erst einmal recht einfach - wenn zwei unterschiedliche Interessenten um eine in der Tendenz nicht wachsende Grundfläche konkurrieren, dann stiegen eben die Preise. Und dies habe man auch schon vor Jahren vorhergesagt. Wolfgang Burgard, der Präsident des Brauer-Bundes:

    "Heute zeigt sich eben aus Studien, wie beispielsweise von der Weltbank und einigen anderen, dass da ein gravierender Zusammenhang ist. Und dass die Nahrungsmittelpreise weltweit gestiegen sind - dadurch, dass die Agrarkraftstoffe hoch subventioniert wurden."

    Das Netzwerk Lebensmittelforum sieht seine strikt ablehnende Haltung zur Agrarkraftstoffförderung nun auch durch den G8-Gipfel bestätigt. Sicherlich sei die Lage in Deutschland dabei nicht so bedrohlich wie anderswo, soll heißen, es müsse aufgrund der Konkurrenz sicherlich keiner Hunger leiden, aber die Preise für Rohstoffe zur Herstellung von Lebensmitteln, die würden derzeit leider nur eine Richtung kennen, sagt der Präsident des Brauer-Bundes:

    "Ob Flächen weggefallen sind oder nicht - wir haben ja keine mangelnde Versorgung, sondern es ist hierzulande teuer geworden. Innerhalb der vergangenen zwei Jahre haben sich die Kosten für "unsere" Rohstoffe, Gerstenmalz und Hopfen, um 100 Prozent verteuert. Und dieser wirtschaftliche Druck ist ja auch nicht kurzfristig, das wird auch die nächsten zwei oder drei Jahre so gehen. Es gab ja in Brüssel einmal die Maßgabe, durch Subventionierung Agrarflächen abzubauen, dies ist inzwischen zurückgenommen worden. Jetzt geht es darum, dass die Flächen für die Nahrungsmittelproduktion wieder steigen müssen."

    Nun konnte man heute Vormittag in Berlin allerdings nicht exakt beziffern, wie viel von den Preissteigerungen in den vergangenen Monaten der Politik der Agrarkraftstoffförderung zuzuschreiben ist. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD stellte aber beispielsweise in ihrem Agrarausblick fest, dass dies bei Getreide rund 30 Prozent sein könnten, bei Pflanzenöl rund 50 Prozent - verursacht allein durch die Konkurrenz zwischen Tank und Teller. Es sei ein Faktor von mehreren, sagt Peter Becker, der Präsident vom Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks:

    "Wir haben eine Verteuerung der Weizenpreise und auch der Fettpreise durch Spekulation. Aber sicherlich auch durch Subventionierung der alternativen Energien. Wir haben einen gestiegenen Bedarf an Rohstoffen durch die steigende Weltbevölkerung. Auch die veränderten Ernährungsgewohnheiten steigern den Bedarf. Durch die Subventionspolitik wird der Preis daher noch verstärkt in die Höhe getrieben."

    Und somit fordert das Netzwerk Lebensmittelforum die Einstellung oder deutliche Reduzierung der Förderung der Agrarkraftstoffe. Das richtet sich vor allem an die EU - denn hier hatten ja die 27 Staaten erst im März 2007 beschlossen, bis 2020 zehn Prozent des gesamten Treibstoffs mit Sprit aus Pflanzen zu decken. Peter Becker über diese Quote:

    "Sie muss weg oder zumindest sollte sie eingefroren werden - auf die 8 Prozent, die einmal bis 2015 angedacht waren. Wir sind der Auffassung, dass dies weder ökologisch noch ökonomisch vertretbar ist."

    Man fühlt sich also durch die zunehmende Kritik von den unterschiedlichsten Akteuren an der Agrarkraftstoffförderung bestätigt. Allerdings hätte man sich diesen Lernprozess, diese teure Einsicht aufgrund der steigenden Preise, auch sparen können. Es hätte auf der Hand gelegen, so das Netzwerk Lebensmittelforum.