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Energie von ganz weit draußen

Technik. – Die Geschichte des Windparks "Alpha Ventus" vor Borkum ist fast unendlich geworden. Doch nach langen Planungsjahren soll das Vorhaben in diesem Sommer 45 Kilometer vor Borkum realisiert werden. Zwölf Windräder sollen Energie für 50.000 Haushalte und vor allem Erfahrungen für größere Vorhaben in der Deutschen Bucht liefern.

Von Monika Seynsche | 10.07.2008
    "Was wir eben hier sehen sind 3500 Quadratmeter Produktionsfläche hundertprozentig so ausgerichtet dass wir unsere Maschinen hier optimal produzieren können."

    Martin Lehnhoff steht mit einem weißen Bauarbeiterhelm auf dem Kopf mitten in einer geräumigen Halle, die fast so groß ist wie ein Fußballfeld. Hinter seiner rechten Schulter erhebt sich eine mehrere Meter hohe graue Stahlhaube mit drei großen Öffnungen an den Seiten.

    "Hier sieht man jetzt noch mal eine von den schon fertig montierten Rotornarben. Ganz schön zu sehen das Blattlager, so wie wir es nennen, wo das Rotorblatt angeschraubt wird mit den verzahnten Innenringen."

    Der Geschäftsführer des Windenergieanlagen Herstellers Multibrid geht ein paar Schritte weiter zu einem grün angestrichenen Maschinengehäuse. Darin, erzählt er, verberge sich das Getriebe der Anlage. In der Halle in Bremerhaven werden die Innereien der ersten sechs Windräder zusammengebaut, die sich demnächst nördlich von Borkum drehen sollen.

    "Als erstes werden wir anfangen, die Fundamente dort draußen aufzubauen das sind sogenannte Tripodverbindungen also ein großes Mittelrohr mit drei Beinen die sich seitlich auf dem Grund abstützen die dann mit Pfählen im Boden verankert werden. Das wird Mitte Juli losgehen und danach werden wir dann in der Reihenfolge dann die Stromkabel zwischen den einzelnen Windkraftanlagen verlegen dann anschließend das Umspannwerk errichten und dann den Park als nächstes in Betrieb nehmen."

    Wilfried Hube ist Geschäftsführer der DOTI. Hinter dem seltsamen Namen verbirgt sich die Deutsche Offshore-Testfeld- und Infrastruktur GmbH. Die einzige Aufgabe dieser Firma ist der Bau und die Inbetriebnahme des ersten deutschen Windparks "Alpha Ventus". Dafür ist sie vor zwei Jahren von den drei beteiligten Energiekonzernen Eon, EWE und Vattenfall gegründet worden. Die Firmen wollen im Testfeld Erfahrungen sammeln für weitere Windparks. Wann genau der Testwindpark fertig sein soll, darüber möchte Martin Lehnhoff lieber keine Aussage treffen:

    "Da müssen wir einfach im Moment sehen, wo wir dann je nach Projektfortschritt und Wetterverhältnissen landen werden. Momentan gehen wir davon aus dass das im September sein wird."

    Die Anlagenhersteller und –planer sind vorsichtig geworden, nachdem der Bau des Parks immer wieder und wieder verschoben werden musste. Lehnhoff:

    "Man war damals sehr optimistisch, auch die Planer waren optimistisch. die erste Offshoregenehmigung draußen ist im Jahr 2001 erteilt worden, nebenbei das ist die Genehmigung auf der wir jetzt das Testfeld aufbauen, aber mit dem alten Offshore EEG, den Vergütungssummen die da standen, und bei den technischen Schwierigkeiten, die man dort hat, war es einfach nicht realisierbar."

    Alle bislang auf dem Meer zum Beispiel vor Dänemark und Schweden gebauten Windparks stehen im flachen Wasser direkt vor den Küsten. Das ist hierzulande nicht möglich. Der Nationalpark Wattenmeer und die ost- und nordfriesischen Inseln zwingen die Anlagenbetreiber ihre Windparks weit von Küsten entfernt zu bauen. Alpha Ventus wird 45 Kilometer von Borkum und insgesamt 60 Kilometer von der deutschen Nordseeküste entfernt errichtet – und so weit draußen hat noch nie jemand versucht, Windenergieanlagen zu bauen. Lehnhoff:

    "Das sind Plattformen die in den Turm eingebaut werden, man sieht hier vorne Plattformen mit einem Durchmesser von sechs Meter."

    Im Turm und im Maschinengehäuse, so erzählt Martin Lehnhoff, werden alle wichtigen Geräte doppelt vorhanden sein. Denn wenn die Windräder einmal auf hoher See stehen, müssen sie einwandfrei funktionieren. Jede Reparatur wäre zeitaufwendig und teuer. Vor der Montagehalle in Bremerhaven warten sechs Turmsegmente auf ihren Abtransport. Insgesamt sollen sich vor Borkum 12 Windräder drehen. Die sechs Multibridräder und sechs Anlagen der Firma Repower, die im nächsten Jahr gebaut werden sollen. Wenn sie sich alle drehen, können sie 50.000 Haushalte mit Strom versorgen.