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Energieexperte
CO2-Speicherung kann dem Klimaschutz helfen

Die Speicherung von CO2 im Boden ist in Deutschland umstritten. Zu Unrecht, findet der Hans-Joachim Kümpel, Sprecher einer Arbeitsgruppe der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften. Der Klimaschutz könne von dem Verfahren profitieren, sagte er im Dlf.

Hans-Joachim Kümpel im Gespräch mit Georg Ehring |
    lbingerode (Sachsen-Anhalt): Das Kalkwerk der Fels Werke GmbH
    Bei der Zementherstellung wird viel CO2 produziert - auf die Zementproduktion könne man aber nicht verzichten, sagte Hans-Joachim Kümpel im Dlf (dpa-Zentralbild)
    Georg Ehring: Für den Stromsektor gibt es Windkraft und Solarenergie, für die Mobilität das Elektroauto. Doch manche Branchen der Industrie tun sich sehr schwer mit dem Klimaschutz – Beispiel Zementherstellung. Bei der Produktion von Zement wird im Prozess das Treibhausgas Kohlendioxid freigesetzt, und zwar in großen Mengen.
    Eine Lösung sehen Wissenschaftler in einer Technologie, die einst für große Kohlekraftwerke erdacht, die später aber mangels öffentlicher Akzeptanz wieder verworfen wurde: die Speicherung von CO2 im Boden.
    Eine Arbeitsgruppe der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften (Acatech) macht sich dafür stark, und mit ihrem Sprecher, Professor Hans-Joachim Kümpel, habe ich vor dieser Sendung gesprochen. Und ich habe ihn gefragt, ob er da nicht auf eine tote Technologie setzt.
    Hans-Joachim Kümpel: Es ist wahrscheinlich tot in Deutschland für den Kraftwerkssektor, also Kohleverstromung. Aber ich denke, es lohnt sich, noch einmal darüber nachzudenken, ob wir es für den Industriesektor nicht nutzen können. Die Industrie hat schon enorme Anstrengungen gemacht, ihre Treibhausgas-Mengen zu reduzieren. Es besteht aber nach wie vor das Problem, dass wir prozessbedingte CO2-Emissionen haben, die schwer wegzukriegen sind. Das heißt, wir stehen unter Umständen vor der Frage, wandert die Industrie ab in andere Länder, oder können wir die Industrie halten und was bieten wir da an. Und da sind die Optionen, über die wir uns Gedanken machen, CCU, also Nutzung vom abgeschiedenen CO2, oder, wenn gar nichts mehr geht, auch CO2 zu speichern in den Untergrund.
    "Sie können schwerlich die Zementproduktion einstellen"
    Ehring: Welche Branchen meinen Sie damit? Können Sie mal einfach ein Beispiel nennen?
    Kümpel: Bei der Herstellung von Zement fällt CO2 an. Das ist ein Teil des Prozesses selber, der ja mit Kalk einhergeht. Das CO2, was anfällt, abzuscheiden, ist schon recht aufwendig, aber dann noch zu verwerten, umso mehr. Und Sie können schwerlich die Zementproduktion einstellen. Wir sind so stark angewiesen auf Zement und Bauwerke selbst im Bereich der erneuerbaren Energie, jedes Windrad braucht eine vernünftige Fundierung oder Grundierung, und das sind immer riesen Betonklötze.
    "Diese Bedenken halte ich für nicht gerechtfertigt"
    Ehring: CCS ist ja deswegen bei uns aus der Diskussion, weil es Bedenken bei der Sicherheit gibt. Was sagen Sie dazu?
    Kümpel: Diese Bedenken halte ich für nicht gerechtfertigt. Die Diskussion, die wir hierzu haben, ist teilweise verzerrt gelaufen. Wir haben Landesbergbehörden, die jedes Projekt, was einen Antrag für CCS-Nutzung darstellt, auf Herz und Nieren prüft und eine Genehmigung nur aussprechen darf, wenn eine sichere Speicherung gewährleistet ist.
    Ehring: Wie steht es denn um die Bereitschaft der Politik, diese Initiative aufzunehmen?
    Kümpel: Die ist, glaube ich, noch verhalten. Wir sehen auch die Notwendigkeit, dass man eine breite Debatte führen muss in der Gesellschaft über die Optionen, die wir überhaupt haben, die Klimaschutzziele von Paris zu erreichen. Wahrscheinlich müssen wir alle Optionen, die halbwegs vernünftig sind und bezahlbar sind, anwenden, und dazu gehört auch CCS für den Industriebereich. Und es wäre wünschenswert, wenn die politisch Handelnden sehr bald die Weichen dafür stellen, dass auch CCS eine Option ist für den Industriesektor. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass vor etwa 2030 diese Technik großskalig in Anwendung kommen kann.
    Ehring: Schauen wir mal ganz weit in die Zukunft. Die Emissionsziele werden erkennbar derzeit nicht erreicht. Es wird mehr CO2 in die Luft geblasen, als mit dem Zwei-Grad-Ziel vereinbar ist, und die meisten Modelle, die das doch noch erreichen können, sehen vor, dass hinterher wieder CO2 aus der Atmosphäre entfernt werden kann. Kann CO2-Speicherung da eine Rolle spielen?
    Kümpel: Ja. Auch dabei wird die Option CCS diskutiert. Das heißt, das Verfahren sieht dann so aus, dass man CO2 der Atmosphäre entzieht, abscheidet, und da stellt sich auch die Frage, wohin mit dem CO2. Und eine Option wäre dann, es dauerhaft in den Untergrund zu bringen. Was man gewonnen hätte? Man hätte dann wirklich netto der Atmosphäre CO2 entzogen.
    "Ich persönlich glaube nicht, dass das ein Königsweg sein wird"
    Ehring: Es ist die Rede von Bio-CCS, also Biomasse verbrennen und das CO2 abzuscheiden in den Boden. Ist das für Sie ein gangbarer Weg, den es sich lohnt zu verfolgen?
    Kümpel: Wenn man das großskalig machen würde, hätte man sofort die Diskussion, ob wir mit der Biomasse nicht verantwortungsvoller umgehen sollten. Das heißt, wir haben Diskussionen über Ernährung, Landwirtschaft, wir haben auch Diskussionen über Biodiversität, die es dringend gilt zu erhalten, und es wird ein Abwägungsprozess sein. Ich persönlich glaube nicht, dass das ein Königsweg sein wird.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.