Donnerstag, 28. März 2024

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Energieökonom sagt weiter steigende Benzinpreise voraus

Auf Anfrage der Grünen hat der Energieberater Steffen Bukold die ständig steigenden Rohstoff- und damit Benzinpreise analysiert. Das Ergebnis ist ernüchternd: Zu wenig Wettbewerb, Verknappung des Öls und zunehmende Krisen weltweit werden den Preis weiter treiben - und auch Autobesitzer sind nicht ganz unschuldig.

Das Gespräch führte Britta Fecke | 21.03.2012
    Britta Fecke: Die Preise für Benzin, Diesel und Heizöl liegen seit mehr als sechs Wochen in Deutschland auf einem sehr hohen Niveau und der Benzinpreis klettert weiter. Er nähert sich der Marke von 1,70 Euro pro Liter. Der Branchenverband verweist bei diesen Preisen auf den ungünstigen Wechselkurs zwischen Euro und dem Dollar und die hohen Ölpreise. Auch die Unsicherheiten in Iran werden in dem Zusammenhang ins Feld geführt. Nun haben die Grünen im Bundestag eine Studie bei Steffen Bukold in Auftrag gegeben, der Hamburger ist Experte für Energiemärkte und Energie-Rohstoffpreise. Heute wird die Studie vorgestellt und ich bin jetzt mit ihm verbunden. Herr Bukold, sind die hohen Preise an der Zapfsäule tatsächlich allein durch die steigenden Rohölpreise und den ungünstigen Wechselkurs zu erklären?

    Steffen Bukold: Nein. Insofern ist das Ergebnis der Studie eindeutig. Die Zahlen zeigen, dass der Anstieg beim Superbenzin in den letzten Monaten nur zu etwa 60 Prozent durch Rohöl oder Eurokurs zu erklären sind, und die restlichen 40 Prozent sind einfach eine Erhöhung der operativen Gewinne in der Branche. Bei Diesel ist es weniger eindeutig, da ging es erst im Dezember runter mit der Marge, aber seit Jahresbeginn hat es sich wieder auf das alte, relativ hohe Niveau hin erholt.

    Fecke: Es wird ja immer wieder der fehlende Wettbewerb bei den Tankstellen angeprangert. Ist das eine der Hauptkomponenten für die hohen Preise?

    Bukold: Das könnte sein. Das Bundeskartellamt hat ja im letzten Jahr versucht, ein kartellrechtlich bedenkliches Verhalten nachzuweisen, es ist dem Amt aber nicht gelungen. Aber das Amt hat zumindest festgestellt, dass es keinen starken Wettbewerbsdruck gibt, und die jetzige Studie unterstützt eigentlich diese These, denn wir können sehen, dass steigende Rohstoffpreise, also in diesem Fall steigende Rohölpreise, nicht nur eins zu eins sofort an den Kunden weitergegeben werden können, sondern dass es zusätzlich noch gelingt, in diesem Preis-Aufwärtstrend die Margen auszuweiten. Das deutet eigentlich darauf hin, dass der Wettbewerbsdruck eher schwach ist.

    Fecke: Welche langfristige Preisentwicklung erwarten Sie denn?

    Bukold: Langfristig kommen da natürlich noch ganz andere Faktoren dazu. Wir müssen uns darauf einstellen, dass in den kommenden Jahren die Rohölpreise weiter steigen, denn Rohöl wird einfach knapp und die Krisen werden immer häufiger. Wir hatten im letzten Jahr Libyen, wir hatten eine Spekulationswelle, wir hatten Produktionsausfälle in der Nordsee und haben jetzt eben aktuell die Irankrise. Diese Einschläge sozusagen werden immer häufiger kommen in den nächsten Jahren, die Knappheit wird größer werden und entsprechend werden auch die Benzin- und Dieselpreise steigen.

    Fecke: Das Versprechen von Saudi-Arabien, die Verluste im Moment auszugleichen, das ist dann auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, nehme ich an?

    Bukold: Ich fürchte ja, denn diese Äußerungen gab es auch im letzten Jahr auf dem Höhepunkt der Libyenkrise, als sozusagen der Preis schon seinen Höhepunkt erreicht hatte. Das sind jetzt erst mal nur rhetorische Äußerungen, die vor allem vor dem Hintergrund der Rivalität zwischen Saudi-Arabien und dem Iran gesehen werden müssen. Insofern wird auch das den Aufwärtstrend nicht aufhalten können.

    Fecke: "Peak oil" ist erreicht. Kann der Verbraucher dieser Entwicklung, dass die Preise sich auf Dauer weiter steigern werden, nicht auch entgegenwirken, indem er einfach anderen Motoren den Vorzug gibt?

    Bukold: Ja, der Verbraucher hat jede Menge Möglichkeiten. Er kann sich auch ohne Motor bewegen sozusagen, zu Fuß gehen, er kann das Fahrrad wieder aus dem Keller holen, er kann den öffentlichen Personennahverkehr nutzen und er kann, wenn er schon sich mit dem PKW fortbewegen möchte, natürlich auf Benzin sparende Fahrzeuge zurückgreifen, die es ja im Sortiment der Hersteller schon seit 20 Jahren gibt. Insofern ist es einfach auch das Konsumverhalten der Tankstellenkunden, die zur Ölverknappung und insgesamt auch zu höheren Ölpreisen führen, oder diesen Trend zumindest unterstützen, und jeder, der aus dem Fenster schaut auf eine Straße, sieht ja die schweren SUVs und andere hochmotorige Fahrzeuge, die in der Stadt einen hohen Verbrauch haben. Also insofern liegt das eben auch am Konsumenten.

    Fecke: Haben Sie eine Erklärung für dieses Paradoxon, die Preise werden immer höher, und die Leute fahren trotzdem unvernünftigerweise diese SUVs?

    Bukold: Das kann wohl jeder Einzelne nur für sich selber beantworten. Ich denke, dass diese berühmte Schmerzgrenze, über die häufig gesprochen wird, einfach noch nicht erreicht ist und dass eben auch auf der politischen Seite wenig getan wird, um hier ein Umdenken zu befördern und zu beschleunigen. Wir haben zwar in Deutschland eine Art Energiewende, aber die konzentriert sich im Moment sehr stark auf den Stromsektor.

    Fecke: Darüber haben wir auch vorhin schon gesprochen. – Vielen Dank! – Steffen Bukold war das, er hat die Ursachen für die steigenden Benzinpreise in einer Studie untersucht.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.