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Energiepolitik
Erstes bundesweites Fracking-Gesetz in Kraft getreten

Beim so genannten unkonventionellen Fracking werden mit Hilfe von Chemikalien Gesteinsschichten im Erdreich aufgebrochen, um Gas oder Erdöl zu fördern. Diese Technik darf nach dem neuen Fracking-Gesetz in Deutschland nicht mehr eingesetzt werden.

Von Barbara Schmidt-Mattern | 10.02.2017
    Die Erdgasförderbohrung "Söhlingen Z11" des Mineralölkonzerns ExxonMobil in Niedersachsen; Aufnahme vom Juni 2014
    Die Erdgasförderbohrung "Söhlingen Z11" des Mineralölkonzerns ExxonMobil in Niedersachsen; Aufnahme vom Juni 2014 (picture alliance / Daniel Reinhardt)
    Schluss mit dem Fracking, und zwar ohne Wenn und Aber – so fordern es die Gegner der umstrittenen Erdgas-Förderung seit Jahren. Allein das Wort erzeugt Ängste: Fracking hat in Deutschland ein ähnlich schlechtes Image wie Atomkraft oder Gentechnik. Doch nach jahrelangem Ringen kam es vergangenem Sommer endlich zu einer Einigung in der Großen Koalition. Unter strengen Auflagen tritt nun das erste, bundesweite Fracking-Gesetz in Kraft:
    "Das heißt aber nicht, dass wir jetzt Tür und Tor öffnen für kommerzielles Fracken, sondern dafür haben wir ganz scharfe Regelungen, die das nur in Ausnahmefällen zulassen würden. Vorrang hat immer das Trinkwasser, und es muss völlig ausgeschlossen sein, dass es irgendeine Gefährdung des Trinkwassers geben könnte."
    Unermüdlich betont Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, SPD, was künftig alles verboten ist beim Fracking. Denn diese Technik, bei der teils mit hochgiftigen Chemikalien Erdgas aus tiefen unterirdischen Gesteins-Schichten gefördert wird, könnte Mensch und Umwelt gefährden, sagen Bürgerinitiativen und Kommunalpolitiker, vor allem aus Niedersachsen. Sie warnen vor verseuchtem Trinkwasser, vor Erdbeben und einer Zunahme von Krebs-Erkrankungen.
    Auch Julia Verlinden ist skeptisch. Sie sitzt für die Grünen im Bundestag und stammt ebenfalls aus Niedersachsen: "Wir wollten, dass bei der Förderung von Erdgas und Erdöl dieses Förderung gar nicht mehr zum Einsatz kommt und haben dazu ja auch einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht. Der hat dann leider im Parlament nicht die Mehrheit bekommen. Allerdings hatten wir die Rückendeckung von über 80 Prozent der Bevölkerung, die in einer Emnid-Umfrage vom April letzten Jahres das bestätigt hat, dass sie ein Verbot von Fracking wollen."
    Bundesländer könne Probebohrungen zu wissenschaftlichen Zwecken erlaufen
    Die Opposition im Bundestag bleibt bei ihrer Kritik, ebenso die Umwelt- und Naturschutzverbände. Das Bundesumweltministerium betont hingegen die zahlreichen Vorsichtsmaßnahmen im neuen Gesetzespacket: Unter anderem in Naturschutzgebieten ist Fracking künftig verboten, ebenso der Einsatz Trinkwasser gefährdender Substanzen. Umweltverträglichkeitsprüfungen müssen stattfinden, und die zuständigen Wasserbehörden grünes Licht geben. Kommerzielle Schiefergas-Bohrungen in noch tieferen Gesteinsschichten – das so genannte unkonventionelle Fracking – wird komplett verboten. Einzig zu wissenschaftlichen Zwecken können die Bundesländer dort Probebohrungen erlauben.
    Die energiepolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Julia Verlinden, sieht trotz aller Auflagen ein grundsätzliches Problem beim Fracking: "Das, was mit diesem Fracking-Regelungspaket beschlossen wurde, verlängert ja das fossile Zeitalter. Denn durch Fracking werden ja noch die letzten Reste von Erdgas aus der Erde gepresst, und wenn wir das Klimaschutz-Abkommen von Paris umsetzen wollen, dann müssen wir mindestens zwei Drittel bekannten fossilen Brennstoff-Reserven eigentlich in der Erde lassen und dürfen die nicht verbrennen. Das heißt, die Alternativen sind eigentlich Energie sparen und Erneuerbare Energien."
    In vier Jahren soll der Bundestag die neuen Fracking-Gesetze noch einmal überprüfen, doch die Erdgas-Industrie macht sich derzeit keine großen Hoffnungen mehr, dass die Teil-Verbote beim Fracking wieder aufgehoben werden.