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Energiesparen
Abhängigkeit von Russlands Erdgas mindern

Das Verhältnis zwischen Berlin und Moskau ist im Zuge der Ukraine-Krise nach wie vor ziemlich abgekühlt. Umso heißer läuft die Debatte darum, wie abhängig Deutschland von russischem Öl und Gas ist. Immerhin deckt Russland mehr als ein Drittel des deutschen Bedarfs. Viele suchen jetzt nach Alternativen.

Von Dieter Nürnberger | 16.04.2014
    Die Einsparmöglichkeiten, die die Studie erwähnt, liegen vor allem im Wärmebereich. Die Verstromung von russischem Gas - auch die wird ja hier in Deutschland betrieben - ist da mengenmäßig weniger interessant.
    Lassen Sie mich aber zuerst auf die Dimensionen eingehen. Beim Öl - so die Studie - besteht derzeit eine Abhängigkeit von Russland von rund 37 Prozent. Und beim Gas geht es um einen Anteil von 31 Prozent. So groß also sind die Import-Anteile in diesen Bereichen der fossilen Energieträger durch Russland.
    Und die Studie - auch das muss man gleich vorweg sagen - will jetzt nicht einen kurzfristigen Königsweg aufzeigen, wie denn diese wirtschaftlichen Abhängigkeiten auf die Schnelle reduziert werden könnten. Das ist allein durch einen Ausbau der Energieeffizienz auch gar nicht möglich. Die Studie will vielmehr mit einer mittelfristigen Perspektive Einsparpotenziale aufzeigen - und mittelfristig heißt hier rund zehn Jahre.
    Energieeffizienz bei industriellen Prozessen steigern
    Ein wichtiger Bereich könnte hier der Ausbau der Energieeffizienz bei den industriellen Prozessen sein. Carsten Petersdorff von Ecofys ist Hauptautor der Studie:
    "Die Maßnahmen, die im Wärmebereich hier notwendig sind, betreffen Maßnahmen wie die Wärmerückgewinnung oder auch eine Optimierung der Betriebsführung. Es geht um den Einsatz der besten Technologien, wenn es zu einem Austausch von Geräten kommen sollte, es geht auch im Einzelfall darum effizientere Trockner einzusetzen. Insgesamt kann man in diesem Bereich 51 Terrawattstunden einsparen - allein im Wärmebereich der Industrie."
    Hohe Einsparpotenziale durch Gebäudesanierungen
    Das ist allerdings noch nicht alles. Denn der weitaus größte Gasverbrauch findet in Deutschland im Gebäudebereich statt. Es geht also um die Nutzung von Gas für Heizung und Warmwasser. Und hier sieht die Studie doch die größten Einsparpotenziale. Carsten Petersdorff.
    "Hier werden derzeit etwas mehr als 340 Terrawattstunden pro Jahr eingesetzt. Das betrifft nicht nur Wohngebäude, sondern auch Gebäude von Unternehmen. Wenn man sich da auf die unsanierten Gebäude konzentriert, die Gebäude also auf einen guten Neubau-Standard bringt - und zusätzlich auch die Sanierungsrate, die liegt derzeit bei rund einem Prozent, auf zwei Prozent erhöht, da könnten wir in den nächsten zehn Jahren rund 84 Terrawattstunden pro Jahr einsparen."
    Studie: Rund 60 Prozent Energieeinsparung ist möglich
    Zusammengerechnet kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass in beiden Wärmebereichen generell - also Industrieprozesse und Gebäudebereich - rund 60 Prozent des derzeitigen Verbrauchs eingespart werden könnten. Und auf Russland bezogen, hieße dies, dass in zehn Jahren die Abhängigkeit von den russischen Gasimporten um mehr als die Hälfte reduziert werden könnte.
    Die Ecofys-Studie ist eine Auftragsarbeit für die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz. Hier sind die Industrie vertreten, ebenso einzelne Stadtwerke in Deutschland. Heute dabei war auch Carsten Müller, der Vorstandsvorsitzende der DENEFF, er ist zudem Bundestagsabgeordneter der CDU/CSU - und er listete denn auch einzelne Forderungen auf, die auf dem Gebiet der Energieeffizienz in Angriff genommen werden müssten. Er sieht vor allem Anreizprogramme als wichtigen Hebel, um die Effizienz zu steigern, etwa Förderprogramme der KfW, der Kreditanstalt für Wiederaufbau.
    "Die KfW-Förderungen müssen verstetigt und gesteigert werden. Wir möchten auch das Thema einer steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung wiederbeleben. Für uns ist das ein zentraler Baustein. Es gibt ja auch viele andere Vorhaben, die mit einer steuerlichen Förderung besonders gut funktionieren, deshalb wollen wir dieses Thema wieder auf die Agenda setzen. Hinzu kommen Themen, wie ein verständlicher und auch gut handhabbarer Energieausweis. Auch hier geht es ja um die Energieeffizienz im Wärmebereich."
    Effizienzsteigerungen, so der Tenor der Studie, könnten mittelfristig schon etwas bewirken - auch hinsichtlich der Abhängigkeiten beim Import vom Gas.
    Dies gelte aber generell auch für die Energiewende. Energie, die nicht verbraucht wird, müsse auch nicht produziert oder importiert werden.