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Energiesparen im Hausbau

Häuslebauer und -Hausbesitzer haben die Qual der Wahl, wie sie die Energiebilanz ihrer Immobilie aufbessern können: Soll es ein Solarmodul auf dem Dach sein, oder vielleicht besser die Wärmepumpe im Keller - oder gar der Wärmetauscher, der der Abluft Energie entzieht? Wie lässt sich ein Altbau verändern, dass er weniger Strom, Gas, Heizöl oder Holzpellets braucht? Und warum bei einem Neubau nicht gleich ein Passivhaus wählen, bei dem der externe Heizaufwand selbst im tiefsten Winter kaum ins Gewicht fällt? Einen Überblick über solche Entwicklungen bietet noch bis einschließlich Samstag die Messe "Clean Energy and Passivehouse" in Stuttgart. Und welche Neuerungen die 220 Aussteller präsentieren, hat Thomas Wagner für uns notiert.

Von Thomas Wagner | 26.02.2010
    Einer von rund 650.000 Fahrstühlen, die deutschlandweit in Betrieb sind. Ausgerechnet in einem solchen Fahrstuhl kam Jens Westphal aus Ammersbek bei Hamburg auf eine bis dahin unbekannte Energiespar-Idee. Und die hat mit dem Inneren solcher Fahrstuhl-Schächte zu tun.

    "Da haben wir dann mal gekuckt: Was haben wir im Schacht selbst. Und haben festgestellt: Da gibt es ein großes Loch, eine permanente Öffnung, die landesbaurechtlich gefordert ist, um im Ernstfall eine Rauchableitung sicher zu stellen und den Schacht zu belüften. Und dieses Loch in der Gebäudehülle ist energetisch betrachtet natürlich völlig daneben."

    Weil nämlich über die Aufzugsschächte Unmengen an Wärmeenergie nutzlos nach draußen geblasen werden. Das ließ Jens Westphal und den Experten seiner Firma keine Ruhe: Sie tüftelten und tüftelten - und fanden das Ei des Columbus - beziehungsweise eine Möglichkeit, die Aufzugsschächte abzudichten.

    "Wir bauen eine Verschlussklappe ein. Und mit einer Steuereinheit, die dahinter steht, regeln wir im Bedarfsfall, und zwar nur dann, wenn auch wirklich Bedarf ist, einen Elektromotor, der dann diese Klappe öffnet."

    Das heißt: Im Gegensatz zu den meisten herkömmlichen Fahrstuhlschächten bleibt das Loch zur Entlüftung grundsätzlich geschlossen - eine simple Entwicklung mit großem Effekt, glaubt Jens Westphal vom Unternehmen D und H Mechatronik aus Ammersbek:

    "Wenn Sie sich überlegen, dass wir etwa 650.000 Aufzugsanlagen in Deutschland haben; jährlich kommen etwa 10.000 Anlagen dazu, dann ist das ein Riesenpotenzial. Und wenn man sich diese Grafik mal anschaut, dann stellt man fest, dass man bei einem Aufzugsschacht einen CO-2-Aussstoß von ungefähr 5 Tonnen haben. Und das Ganze hochadaptiert bei 10.000 Neuanlagen in pro Jahr Deutschland wären das dann 50.000 Tonnen. Und das hochadaptiert auf diese 650.000 Anlagen, dann reden wir jetzt plötzlich über drei Millionen Tonnen CO2-Ausstoß, der reduziert werden kann, wenn wir diese permanenten Löcher einfach verschließen."

    Kein Wunder, führt Jens Westphal dieser Tage als einer von 220 Ausstellern viele Gespräche auf der Messe "Clean Energy and Passivehouse" in Stuttgart; seine Entwicklung stößt auf große Resonanz. Ähnlich sieht das auch am Stand des Zwickauer Unternehmens Paul aus. Dort sehen die Messebesucher speziell entwickelte Wärmetauscher, die statt der herkömmlichen Plattentechnik mit größeren Oberflächen arbeiten und damit nach eigenen Angaben wirkungsvoller als herkömmliche Anlagen die Wärmeenergie der Abluft nutzen kann. Bis zu 99 Prozent Wärmerückgewinnung verspricht ein Plakat und verweist auf Prüfzeugnisse des Deutschen Institutes für Bautechnik. Ob dieser Wert tatsächlich so hoch sein kann, wird zwar unter Experten kontrovers diskutiert. Fest steht aber: Der Entzug der Wärme aus der Abluft und die erneute Nutzung dieser Energie liegen voll im Trend - nicht nur bei Neubauten, sondern auch bei älteren Gebäuden. Bruno Koch ist einer der Werksvertreter des Zwickauer Herstellers:

    "Bis vor drei, vier Jahren hatten wir vorwiegend Neubauten in der Kundenstruktur. Doch seit zwei, drei Jahren dreht sich das etwas. Und ich habe zurzeit 60 Prozent Anfragen von Leuten, die sanieren, umbauen. Nur noch 40 Prozent planen Neubauten."

    Kein Wunder, denn der Sanierungsbedarf ist riesengroß. Das merken auch die Hersteller herkömmlicher Solarmodule zur Stromerzeugung durch Sonnenenergie: Trotz zurückgehender Zuschüsse und trotz rückläufiger Einspeisevergütung rechnet Olaf Röhm, Deutschlandvertreter des Schweizer Herstellers HB-Tech, nach wie vor mit jährlichen Wachstumsraten von 30 Prozent. Dies hänge damit zusammen, dass der Quadratmeterpreis für die Solarmodule ständig sinke, andererseits die Energiebilanz immer besser werde:

    "Also wir haben kontinuierlich Leistungssteigerung in der Modulleistung seit Anbeginn an gehabt. Und so wird es auch weitergehen: Wenn Sie heute einen Klassiker haben mit 180 Watt, dann hatte der vor fünf Jahren 140 Watt, gleiche Fläche. Und Sie werden dieses Jahr noch erleben, dass die gleichen Flächen so 190, 200 Watt bringen. Und so wird auch die Entwicklung weitergehen in diesem Bereich: Gleiche Fläche - aber mehr Ertrag, mehr Leistung."

    Damit, argumentiert Olaf Röhm, rechne sich die Investition in Solarenergie auch in Zukunft trotz rückläufiger Zuschüsse. Und spitz am Rechnen sind stets auch die Anleger bei "Solvedere Bürgerkraftwerke." Das Unternehmen aus Berlin, das mit einem gleichnamigen Verein zusammenarbeitet, hat in den vergangenen Jahren das Kapital für 14 große Solarenergieanlagen gesammelt. Die Anleger waren anfangs als Aktionäre an den Anlagen beteiligt. Heute profitieren sie über Zinsausschüttungen an den Erträgen. Die jährliche Rendite liegt je nach Laufzeit zwischen vier und sieben Prozent. Das ist kein Riesenertrag, sondern eine eher solide Verzinsung. Aber gerade in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise wächst die Lust der Anleger, in solche Solarenergieprojekte zu investieren. Jan Schwefel von Solverde Berlin:

    "Es ist noch leichter, Leute zu finden, um sich an Anlagen zu beteiligen. Also das aktuelle Projekt hat halt 1,6 Millionen, das Hafenbetonwerk in Trier, wo man sich beteiligen kann. Und das ist eine Summe, wo wir noch vor Jahren nicht gedacht hätten, dass man so etwas alleine mit Bürgerbeteiligung stemmen kann. Wir haben von den 1,6 Millionen Euro innerhalb von knapp drei Wochen bereits 700.000 Euro drin."

    Der Grund ist für Jan Schwefel sonnenklar: Er sieht darin eine Reaktion auf die aktuelle Krise.

    "Also sowohl der Finanzkrise als auch der Umweltkrise, würde ich sagen. Also das mit der Umwelt ist den Leuten im Laufe der Jahre immer stärker ins Bewusstsein gekommen, sodass sie eben sagen, ich möchte nicht nur mein Geld anlegen, sondern ich möchte damit auch etwas für die Umwelt tun."