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Energieversorgung
Alternativen zur Sperrung von Strom und Gas

Gerade für Menschen mit kleinem Geldbeutel können gestiegene Heiz- und Stromkosten ihre ganze Budget-Planung infrage stellen. Wer nicht zahlt, riskiert, dass der Strom abgestellt wird. Das parteiunabhängige Bündnis "Berliner Energietisch" suchte bei einer Konferenz nach Alternativen zur Energiearmut.

Von Verena Kemna | 21.11.2016
    Jemand dreht an einem Thermostat eines Heizkörpers.
    In Graz beispielsweise finden jährlich etwa 1.500 Energieabschaltungen statt. Dann sitzen die Leute im Kalten. (picture alliance / dpa / Foto: Sven Hoppe)
    Der "Berliner Energietisch", ein parteiunabhängiges Bündnis aus lokalen Organisationen und Initiativen, hat sich seit Jahren die Rekommunalisierung der Berliner Energieversorgung auf die Fahne geschrieben. Tausende seien derzeit in der Hauptstadt von der Stromversorgung abgeschnitten, weil sie ihre Stromrechnungen nicht bezahlen können. Das Stichwort lautet: Energiearmut. Ein Beispiel aus dem österreichischen Graz zeigt, wie ein kommunales Energie- und Klimaschutzkonzept dort dagegen vorgeht. In Graz gelten bis zu 10.000 Haushalte als "energiearm". Dominik Piringer vom Grazer Umweltamt über die Notlage vieler Haushalte.
    "Wir haben auch die Situation in Graz, dass jährlich circa 1.500 Energieabschaltungen stattfinden. Dann sitzen die Leute wirklich absolut im Kalten."
    Energieberatung auch für einkommensschwache Haushalte
    Vor drei Jahren hat das Grazer Umweltamt eine Studie zur "Energiearmut" in Auftrag gegeben. Seitdem konnten fast 20.000 Haushalte einen Heizkostenzuschuss beantragen. Einkommensschwache Haushalte haben auch die Möglichkeit kostenlos, alte Kühlschränke gegen moderne Energiesparmodelle einzutauschen. Außerdem werden kommunale Wohnungen im Rahmen eines Pilotprojektes energieeffizient saniert. Nicht zuletzt seien es aber viele einfache Tipps, die helfen, Energie einzusparen, erklärt Dominik Piringer.
    "Zum Beispiel Energieberatung auch für einkommensschwache Haushalte. Deshalb gibt es jetzt ein Energieberatungsprogramm in der Steiermark und auch in Graz, wo man sehr niederschwellig versucht, diese Haushalte zu beraten."
    Ein ganz anderes Beispiel für Energieeffizienz präsentiert Annegret Dickhoff vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Seit 15 Jahren läuft das BUND-Projekt "Energiesparendes Krankenhaus". Bereits 44 Krankenhäuser sind bundesweit mit dem Gütesiegel ausgezeichnet worden. Auch wenn die Energiekosten in einem Krankenhaus nur etwa drei Prozent der Gesamtkosten ausmachen, eine Überprüfung lohnt sich fast immer, meint Annegret Dickhoff.
    Operationssäle werden nicht mehr rund um die Uhr klimatisiert
    "Das Vivantes Klinikum Neukölln hat das gemacht. Die haben sehr fitte technische Mitarbeiter gehabt. Die hatten kein Geld. Es ist ein kommunales Haus und sie wissen, Berlin hat nicht so viel Geld, um die kommunalen Häuser so stark zu sanieren, dass man technische Einrichtungen komplett modernisieren kann. So haben die technischen Mitarbeiter überlegt, wo können wir hier gering investive Maßnahmen umsetzen."
    Die Temperatur in den Fluren wurde gesenkt, alte Heizungsventile ausgetauscht. Operationssäle werden nicht mehr rund um die Uhr, sondern je nach Bedarf klimatisiert. Auch die Beleuchtung wurde modernisiert. Derart strukturierte Maßnahmen lassen sich nur umsetzen, wenn der Dialog zwischen technischer Leitung und Geschäftsführung im Krankenhaus funktioniert, so die Erfahrung aus dem BUND-Projekt "Energiesparendes Krankenhaus". Absolute Zahlen zum Energiesparpotenzial gebe es nicht, meint Annegret Dickhoff vom BUND.
    "Aber sie können davon ausgehen, dass die Krankenhäuser pro Bett pro Jahr so viel Energie verbrauchen wie man in zwei bis vier Einfamilienhäusern benötigt und das ist eine große Menge und wenn sie da reduzieren können, steht natürlich mehr Geld zur Verfügung und weniger CO2 wird ausgestoßen."