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Engagement für Tempelstadt

Diesen Sommer hat die Stuttgarter Hochschule für Technik erstmals gemeinsam mit der Universität in Halle ein Sommercamp für Studenten in einer antiken Tempelanlage in Didiyma – in der West-Türkei – eingerichtet. 25 Studenten unterschiedlicher Fachrichtungen konnten dorthin reisen, um gemeinsam mit ihren Professoren, den Apollontempel samt Umgebung zu erforschen.

Von Ursula Winkler |
    Studenten der verschiedensten Fachrichtungen arbeiten in und um den Apollontempel in Didyma: Angehende Stadtplaner, Bauökologen und Architekturstudenten erforschen gemeinsam mit Archäologen nicht nur den Tempel, sondern auch das Dorf rund um den Tempel. Zwei Studenten werden über ihre Arbeit in Didyma eine Diplomarbeit schreiben. Dominique Lukitsch ist einer von ihnen:

    "Wir sind Vermesser von der FH Stuttgart. Unsere Aufgabe ist es das antike Dorf aufzumessen, einen Lageplan zu erstellen und ein digitales Geländemodell. Ich denke, dass ist Grundlage für weitere Planungen, vielleicht für eine zukünftige Sanierung des Ortes. Wir sind für knapp 7 Wochen hier in Didyma- mit der Zeit werden wir gerade so hinkommen. Die reine Vermessungszeit beträgt praktisch diese 7 Wochen, danach wird ausgewertet."

    Wenn die neuen Pläne der Studenten umgesetzt werden, verändern sie das gesamte Stadtbild von Didyma. Deshalb sind die Gespräche mit den türkischen Stadtplanern nicht ganz einfach. Da Dominique Lukitsch aber perfekt türkisch spricht, kann er gut mit ihnen verhandeln. Ähnlich sieht es bei Architekturstudent Korkmas Özgenler aus, der ebenfalls türkisch spricht. Er unterstützt die Ausgrabungen im Tempel. Ihn fasziniert vor allem die erdbebensichere Bauweise.

    " "Zusätzlich, so ein kleiner Schatzgräber, was kommt unter der nächsten Steinschicht, was kommt hervor, ne Keramik oder ne Münze oder dergleichen, das steckt halt nun auch in einem drin – also bei mir zumindest ist das jetzt so. Wir sind gestern hier zum Beispiel hier auf Fundament gestoßen und da war ich einerseits glücklich, andererseits auch sehr traurig darüber, ich hätte noch weiter graben können."

    Dabei hat der Architekturstudent ein 6 Meter tiefes Loch vor sich und schon alle Schichten im Gestein analysiert - gemeinsam mit Dorothea Mauermann. Sie studiert klassische Archäologie und schreibt gerade ihrer Magisterarbeit:

    "Wir graben hier im Prinzip nach den Strukturen von dem archaischen Tempel. Wir wollen uns informieren über die Fundamentation von dem Tempel als auch von diesem kleinen Tempel, der hier innen drin saß – erhoffen uns dann nähere Aufschlüsse über ne Datierung von diesem Bau."

    Doch die Studenten denken bei all ihrem Einsatz nicht nur an ihr eigenes Studium. Sie wollen dazu beitragen, weitere Bausünden in Didyma zu verhindern. Denn immer näher rücken Bettenburgen und schnell gebaute Ferienhäuser an das Tempelgebiet heran. Der Tourismus blüht in Didyma. Mit ihrem Projekt wollen die deutschen Professoren und ihre Studenten das historische Erbe bewahren, gleichzeitig einen sanften Tourismus fördern. Ziel ist sogar bis in zwei Jahren den Plan für einen Aufnahmeantrag von Didyma in das Unesco-Welterbe abgeben zu können. Martin Stohrer, Rektor der Fachschule für Technik, ist deswegen regelmäßig in der Türkei:

    "So denk ich, dass es ein Prozess sein wird, der jetzt nicht in 2 Jahren mit einem fertigen Konzept abschließt, sondern der jetzt sicher hier eine Entwicklung einleiten soll und wenn wir als Hochschule dazu beitragen können, dann ist es sicher auch ein Erfolg, auf den die Studierenden mal zurückgreifen können und wenn sie dann mal mit ihren Kindern hier her kommen eine ganz andere Beziehung dazu haben."

    Bis zur Antragsstellung für das Unesco-Welterbe wird es aber eben noch mindestens zwei Jahre dauern. Im Moment muss erst noch viel mit den türkischen Stadtplanern verhandelt werden. Denn mit dem Tourismus können sie gerade gutes Geld verdienen. Auf jeden Fall haben die Studenten, die diesen Sommer in Didyma gearbeitet haben, viele Erfahrungen gesammelt, die sie auch beruflich weiterbringen werden:

    "Was ich mir vorstellen könnte, dass wir unsere Zeichnungen und unsere Aufschriebe vielleicht an der Fachhochschule öffentlich ausstellen können, dass die unteren Semester vielleicht auch Lust haben so ne Reise zu unternehmen, weil das ist schon sehr schön hier zu arbeiten, die Leute sind sehr freundlich, man lernt viel und es macht auch sehr viel Spaß. Der Tempel ist wahnsinnig groß, ich hab in meinem Leben vorher so was noch nicht gesehen, auch diese Steinmetzarbeiten waren ja ein Thema, diese Ausarbeitung und diese Verzierungen, die sind einfach wahnsinnig genau und wenn ich mir überleg, ich müsste das jetzt machen, ich hätte absolut keine Chance – ich würde den Stein jedes Mal kaputt machen. Ich hätte keine Ahnung, insofern, dass ist schon schwer beeindruckend. Und was die Arbeit angeht, ich mein, wenn man was ordentliches abgeben will, muss man auch ordentlich dafür schaffen, Klima ist relativ anstrengend, die Hitze setzt schon zu, den ganzen Tag in der Sonne stehen, das schlaucht extrem."

    Die Arbeit ist hart. Kost und Logis übernimmt die Uni. Bezahlt werden die Studenten aber nicht. Trotzdem gibt es genügend Bewerber, die sich fürs nächste Jahr gemeldet haben, um das Projekt in Didyma voranzutreiben.