Ein kleines Rinnsal plätschert im Wald zwischen dem sächsischen Kurort Bad Brambach und dem böhmischen Asch. Die Quelle der Weißen Elster. Wobei der Name "Elster" nichts mit dem Vogel zu tun hat. Im Slawischen heißt "Alstrawa" "die Eilende", daraus wurde eben "Elster".
Von Bad Brambach radeln wir übern Berg, durch den Wald nach Bad Elster, nehmen dort einen Schluck aus den Heilquellen, und weiter geht's entlang der Elster nach Adorf. Im Museum am alten Stadttor erzählt Steffen Dietz von Perlenmuscheln, die einst aus der Elster gefischt wurden.
" Das Vogtland war früher eines der Gebiete auf der Welt, wo diese Flussperlmuschel mit am häufigsten vorkam. - die sind ja ganz schön groß, bestimmt 10 cm - . Ja, und werden auch sehr alt, bis zu 100 Jahre hier im Vogtland. Lebte meistens in diesen Mäandern. Weiße Elster als Hauptfluss, die kleinen Gebirgsbäche ringsum, die Zuflüsse, und natürlich auch in den Mühlgräben. Manche Stellen waren wie gepflastert, also es waren wirklich Hunderttausende oder Millionen."
Die Perlen bekam der sächsische König, das Grüne Gewölbe in Dresden zeigt eine Perlenkette aus dem Vogtland. Und das Perlmutt wurde in Adorf verarbeitet.
" Da hat man zu Anfang aus dieser heimischen Flußperlmuschel kleine Gegenstände gefertigt, die man im Nachbardorf Elster - dieses Dorf entwickelte sich damals zum Kurort - verkaufen konnte. Kaufleute aus Hamburg kurten damals schon in Elster und haben gesagt: also liebe Vogtländer, es gibt nicht bloß diese Flußperlmuschel, sondern es gibt ganz anderes Materiel in den großen Weltmeeren. Und haben dann dieses Material hier nach Adorf gebracht und damit explodierte förmlich dieses Handwerk. Und war dann der größte Standort in ganz Deutschland. Teilweise haben in dem kleinen Städtchen Adorf über 700/800 Menschen dadurch Arbeit gefunden. "
Zum Abschied klingt die alte Spieluhr und fahren weiter, allerdings nicht mehr an der Elster entlang, sondern auf auf kaum befahrenen Nebenstraßen über Berg und Tal.
Die Landschaft hat ihre Reize: geschwungene Hügel, bunte Felder, beschauliche Vogtland-Dörfer, dunkle Wälder. Nur gut, dass nach den schweißtreibenden Anstiegen zur Belohnung lange Abfahrten folgen. Wer mit Kindern fährt, oder die Berge scheut, der sollte die Elster-Radtour erst in Gera beginnen.
Unsere nächste Station ist Plauen. Die Plauener Spitze hat den Ort um 1900 zur richtig reichen Großstadt gemacht.
" Plauen ist schon immer Textilstadt. Ganz früher wurden Stoffe gewebt, es gab viele Handspinnerinnen. Diese Handspinnerinnen wurden brotlos. Sie kamen zu neuem Broterwerb, weil die Madame Krause, die Gattin eines reichen Baumwollhändlers den Frauen das Sticken zeigte. Und so ging alles am Handstickrahmen los."
Schnell wurden Maschinen erfunden, die 9 Meter breite Spitze am Stück fabrizierten. Die werden in der historischen Spitzen-Werkstatt vorgeführt.
Die Spitze ging in die ganze Welt. In etlichen kleinen Werkstätten arbeiten die 100-jährigen Maschinen immer noch. Die großen Backsteinfabriken stehen jedoch leer oder sind schon abgerissen. Nördlich von Plauen kommen wir durch die Elstertal-Brücke, eine gewaltige Eisenbahn-Brücke, vor 160 Jahren aus Ziegelstein gemauert. Danach entstand im Nachbartal die Göltzschtalbrücke, die größte Ziegelsteinbrücke der Welt. Beide konstruiert nach dem Vorbild römischer Viadukte. Die Eisenbahnlinie von Leipzig nach Hof führt über die Brücken. Eine andere Strecke wäre sicher günstiger zu bauen gewesen, doch die Plauener Tuchmacher waren damals eben so schwer-reich, dass die Strecke über Plauen führen musste und die aufwändigen Brücken nötig waren.
Wieder über Berg und Tal kommen wir nach Gera. Längs durch Gera fließt die Weiße Elster, am Ufer ein schöner Radweg. In diesem Jahr ist hier Bundesgartenschau. Zwischen Innenstadt und Weißer Elster ist der BUGA-Park entstanden. Vorher waren hier Industriebrache und ein paar sanierungs-bedürftige Sportstätten. Und noch früher?
" Das waren die ehemaligen Hofwiesen des reussischen Fürstengeschlechtes, das hier residierte. Und hier wurde das Vieh geweidet, wurde Weizen angebaut. Es war deren Domäne. Es gibt auch noch ein Hofgut, auch das ist Bestandteil dieser Bundesgartenschau. Es hat so ein bisschen Patina. Da gibt es gerade jetzt im Juni einige Chill-Konzerte. Das ist ein ganz schönes Refugium auch für ungewöhnliche Inszenierungen."
Schwärmt Michael Langenstein von der BUGA. Es ist ein schöner Park mit einem Blütenmeer und den BUGA-üblichen Gärten, gestalteten Gräbern, der Blumen-Halle und so schönen Spielplätzen, dass ich gerne mitgetobt hätte.
Gleich neben dem BUGA-Park steht das Geburtshaus des Malers Otto Dix. 2 Räume sind so eingerichtet, wie sie die Familie vor 1900 bewohnte. Wir sehen Fotos, Dokumente, Gemälde. Die Landschaft, durch die wir gerade gekommen sind.
" Moderne Kunst in dieser Zeit, das war die Freilichtmalerei. Das war der Einfluss des Impressionismus. Und Dix hatte einen sehr guten Zeichenlehrer hier, der auch sonntags die Schüler um sich herum geschart hatte und man ist also in die nahe Umgebung "landschaftern" gegangen."
Und wir staunen, wie vielseitig Otto Dix war. Impressionistische Natur, kubistisches Porträt, sogar altmeisterliche Kirchengemälde. Wir kennen seine berühmten "Skatspieler", jene versehrten und trotzdem gespenstisch begeisterten Veteranen des 1. Weltkrieges, die hängen in Berlin, und wir staunen, wie vielseitig Otto Dix war. Museumsleiter Holger Saupe:
" Er ist sehr vielseitig. Also gerade bei uns im Haus kann man das sehr schön nachvollziehen. Wir ziehen ausstellungsseitig den großen Bogen von seinem künstlerischen Frühwerk, wo er sich mit Landschaften beschäftigt hat, mit Natur, aber auch schon mit Porträt, also mit Menschendarstellungen. Und wir ziehen den Bogen bis zu seinem Spätwerk, was über viele Jahrzehnte auch kunsthistorisch immer vernachlässigt wurde."
Klassischerweise verwandeln Bundesgartenschauen ein gammeliges Gelände in einen stadtnahen Park. Die diesjährige BUGA hat eine neue Dimension und mit dem benachbarten kleinen Ronneburg einen zweiten Standort. Mit dem Rad sind es 10 Km ostwärts durch die dörfliche Idylle des Gessentals, das vor wenigen Jahren noch voller Abraum war. Bei Ronneburg wurde in einem weit verzweigten Bergwerk untertage Uran abgebaut für das sowjetische Atomprogramm, bis in 1.000 Meter Tiefe. Gewaltige Mengen Abraum bildeten riesige Halden. Daneben gähnte ein tiefes Loch.
" Es war das größte Tagebau-Loch Europas - mit 240 Metern Tiefe, 2 Km Länge und 1 Km Breite. Fast 50 mal würde dort die Cheopspyramide hinein passen. Also unvorstellbare Größen von Volumina, die man hier wirklich auch transportieren musste."
Es wurden Berge versetzt, die Halden sind im Tagebau verschwunden. Innerhalb von 60 Jahren wurde hier 2 mal die Landschaft um- und wieder umgekrempelt. Einige monströse Radlader und Muldenkipper, sind ausgestellt. Durchmesser der Räder: 3,80 Meter. Die sehenswerte Ausstellung über Uranbergbau und nachfolgende Sanierung bleibt noch einige Jahre.
Wieder an der Elster kommen wir von Gera bald nach Bad Köstritz. Ja, das Köstritzer Schwarzbier, das mittlerweile den gesamtdeutschen Markt erobert hat. Gruppen können sich anmelden und mit Ute Vogt durch die moderne Brauerei gehen.
" Alles läuft über Computer, alles wird per Knöpfchendruck ausgelöst. Der Gast sieht die großen Anlagen, kann den Duft der Würze einatmen, aber vom Produkt sieht man nicht allzu viel."
Erst am Ende, wenn das Bier abgefüllt und die Flaschen zum Sixpack werden. Dann gibt es auch ein Glas Schwarzbier.
Und wir erfahren, wie das Schwarzbier schwarz wird.
" Es ist eingebraut wie ein normales Pils, aber es wird das Spezialmalz, das Röstmalz verwendet. Malz ist Gerste, eine Sommergerste, zum Keimen gebracht und wieder getrocknet. Und Röstmalz wird richtig geröstet, nicht nur getrocknet."
Um Bier geht es dann auch in Zeitz. Wir steigen mit Katrin Wiegleb in die Zeitzer Unterwelt.
" Wir sind jetzt in einem Kellergewölbe, einem Tonnengewölbe. Dieses Gewölbe existiert immerhin schon seit dem 13. Jhh. . Und das hat man früher zu allererst gebaut, dieses Gewölbe, dann hat man das Haus drüber gesetzt. Und eventuell ist man dann vor hier aus noch nach unten gegangen und hat weitere Keller angelegt. Warum der ganze Aufwand? Der Hauptgrund war die Lagerung von Bier. Bier war früher im Mittelalter ein Grundnahrungsmittel. Der Pro-Kopf-Verbrauch hier in der Stadt war mal 2 Liter Bier am Tag."
Weil das Wasser nicht so recht genießbar war, wurden Brot und Suppe eben mit Bier zubereitet. Die meisten Häuser in der Zeitzer Altstadt haben bis 8 Meter tiefe Gänge. Etliche sind schon frei gelegt und können besichtigt werden.
Bischofssitz, Bier und Handel hatten Zeitz ordentliches Geld gebracht.
Das riesige Schloss und das pompöse Rathaus lassen früheren Reichtum ahnen.
" Vor 1040 Jahren ist Zeitz das erste Mal erwähnt worden. Da gibt es die erste Urkunde. Zeitz ist an 2 alten Handelsstraßen entstanden, der Königsstraße und der Salzstraße, die sich getroffen haben in der Unterstadt."
Zeitz liegt im südöstlichen Zipfel von Sachsen-Anhalt und die Bewohner fühlen sich wie abgekoppelt vom Rest des Bundeslandes. Neben restaurierten Häusern von 15/1600 sehen wir leere Fensterhöhlen und fühlen mit.
Von Zeitz bis Leipzig ist die Strecke flach, erst auf Nebenstraßen, dann auf der stillgelegten Landstraße am Elster-Kanal. Das Flußbett wurde verlegt für einen Braunkohletagebau, der nun schon Bade-See ist. Ausgedehnter Wald und Park begleiten uns an der Elster bis in die Innenstadt. Ich erinnere mich noch an das stinkende, schäumende Wasser von Elster und Pleiße, in Leipzig vor 20 Jahren. Das ist nicht mehr, mittlerweile paddelt hier groß und klein und selbst in der Innenstadt werden alte Wasserläufe wieder hergestellt. Heike König vom AufbauWerk Leipzig.
" Die ganze überwölbten Flüsse, die in den 50-er Jahren viel Abwässer transportiert haben, vor allem Industrieabwässer und deswegen gestunken haben, man hat die einfach unter die Erde verbannt. Man hat die überwölbt, unter der Stadt weg geschickt und irgendwann sind sie wieder offen geflossen. Die Elstermühlgraben und Pleißemühlgraben, das sind die beiden wichtigsten, wie werden jetzt Stück für Stück wieder hergestellt."
Gleich neben der Straße. Auch vor dem Bundesverwaltungsgericht fließt nun Wasser. Und früheren Industrieviertel im Leipziger Westen, in Plagwitz erleben wir Verfall und Neubeginn dicht beieinander.
" Plagwitz ist unheimlich spannend. Ein Teil dort am Karl-Heine-Kanal ist Sanierungsgebiet. Und man kann dort wie in einer kleinen Oase mitten im Industriegebiet wohnen. Es ist eine bezahlbare Gegend, es ist Teil eines Urban-Projektes der EU . Es ist ein interessantes Gebiet für Kübastler und Familien dort zu wohnen."
Karl Heine, der Industrie-Pionier des Leipziger Westens, ließ einen Kanal bauen. Seine Vision war, von den Fabriken mit dem Schiff über Weiße Elster, Saale, Elbe bis nach Hamburg zu kommen. Doch die Eisenbahn kam schneller und der Karl-Heine-Kanal vergammelte.
" Ich kann mich noch erinnern: weiter hinten ist ne Brücke, da wurde so viel Müll runter geworfen, was in dem Schlamm stecken blieb, so dass man früher drüber laufen konnte. War nicht mehr zu befahren. Das wurde dann erst ausgebaggert."
Und jetzt ist David Gondoliere. Ein italienischer Gastwirt baute seine Terrasse über die Weiße Elster und ließ aus Venedig echte venezianische Gondeln kommen.
Und ein Venezianer brachte dem schwarzlockigen David das Gondelfahren bei.
" Also Willkommen auf der Weißen Elster. Wir wenden jetzt hier, fahren stromaufwärts und dann in den Karl-Heine-Kanal hinein."
Es ist eine ganz andere Welt als noch vor 10/15 Jahren: Das frühere Buntgarnwerk und die Arbeiter-Quartiere aus der Gründerzeit sind begehrte Wohnungen. Kinder angeln am Ufer. Paddler, Ruderer, Motorboote kommen vorbei.
Wir erleben den Leipziger Westen im Wandel und die Weiße Elster zum Abschluss der Rad-Tour aus ganz neuer Perspektive.
Von Bad Brambach radeln wir übern Berg, durch den Wald nach Bad Elster, nehmen dort einen Schluck aus den Heilquellen, und weiter geht's entlang der Elster nach Adorf. Im Museum am alten Stadttor erzählt Steffen Dietz von Perlenmuscheln, die einst aus der Elster gefischt wurden.
" Das Vogtland war früher eines der Gebiete auf der Welt, wo diese Flussperlmuschel mit am häufigsten vorkam. - die sind ja ganz schön groß, bestimmt 10 cm - . Ja, und werden auch sehr alt, bis zu 100 Jahre hier im Vogtland. Lebte meistens in diesen Mäandern. Weiße Elster als Hauptfluss, die kleinen Gebirgsbäche ringsum, die Zuflüsse, und natürlich auch in den Mühlgräben. Manche Stellen waren wie gepflastert, also es waren wirklich Hunderttausende oder Millionen."
Die Perlen bekam der sächsische König, das Grüne Gewölbe in Dresden zeigt eine Perlenkette aus dem Vogtland. Und das Perlmutt wurde in Adorf verarbeitet.
" Da hat man zu Anfang aus dieser heimischen Flußperlmuschel kleine Gegenstände gefertigt, die man im Nachbardorf Elster - dieses Dorf entwickelte sich damals zum Kurort - verkaufen konnte. Kaufleute aus Hamburg kurten damals schon in Elster und haben gesagt: also liebe Vogtländer, es gibt nicht bloß diese Flußperlmuschel, sondern es gibt ganz anderes Materiel in den großen Weltmeeren. Und haben dann dieses Material hier nach Adorf gebracht und damit explodierte förmlich dieses Handwerk. Und war dann der größte Standort in ganz Deutschland. Teilweise haben in dem kleinen Städtchen Adorf über 700/800 Menschen dadurch Arbeit gefunden. "
Zum Abschied klingt die alte Spieluhr und fahren weiter, allerdings nicht mehr an der Elster entlang, sondern auf auf kaum befahrenen Nebenstraßen über Berg und Tal.
Die Landschaft hat ihre Reize: geschwungene Hügel, bunte Felder, beschauliche Vogtland-Dörfer, dunkle Wälder. Nur gut, dass nach den schweißtreibenden Anstiegen zur Belohnung lange Abfahrten folgen. Wer mit Kindern fährt, oder die Berge scheut, der sollte die Elster-Radtour erst in Gera beginnen.
Unsere nächste Station ist Plauen. Die Plauener Spitze hat den Ort um 1900 zur richtig reichen Großstadt gemacht.
" Plauen ist schon immer Textilstadt. Ganz früher wurden Stoffe gewebt, es gab viele Handspinnerinnen. Diese Handspinnerinnen wurden brotlos. Sie kamen zu neuem Broterwerb, weil die Madame Krause, die Gattin eines reichen Baumwollhändlers den Frauen das Sticken zeigte. Und so ging alles am Handstickrahmen los."
Schnell wurden Maschinen erfunden, die 9 Meter breite Spitze am Stück fabrizierten. Die werden in der historischen Spitzen-Werkstatt vorgeführt.
Die Spitze ging in die ganze Welt. In etlichen kleinen Werkstätten arbeiten die 100-jährigen Maschinen immer noch. Die großen Backsteinfabriken stehen jedoch leer oder sind schon abgerissen. Nördlich von Plauen kommen wir durch die Elstertal-Brücke, eine gewaltige Eisenbahn-Brücke, vor 160 Jahren aus Ziegelstein gemauert. Danach entstand im Nachbartal die Göltzschtalbrücke, die größte Ziegelsteinbrücke der Welt. Beide konstruiert nach dem Vorbild römischer Viadukte. Die Eisenbahnlinie von Leipzig nach Hof führt über die Brücken. Eine andere Strecke wäre sicher günstiger zu bauen gewesen, doch die Plauener Tuchmacher waren damals eben so schwer-reich, dass die Strecke über Plauen führen musste und die aufwändigen Brücken nötig waren.
Wieder über Berg und Tal kommen wir nach Gera. Längs durch Gera fließt die Weiße Elster, am Ufer ein schöner Radweg. In diesem Jahr ist hier Bundesgartenschau. Zwischen Innenstadt und Weißer Elster ist der BUGA-Park entstanden. Vorher waren hier Industriebrache und ein paar sanierungs-bedürftige Sportstätten. Und noch früher?
" Das waren die ehemaligen Hofwiesen des reussischen Fürstengeschlechtes, das hier residierte. Und hier wurde das Vieh geweidet, wurde Weizen angebaut. Es war deren Domäne. Es gibt auch noch ein Hofgut, auch das ist Bestandteil dieser Bundesgartenschau. Es hat so ein bisschen Patina. Da gibt es gerade jetzt im Juni einige Chill-Konzerte. Das ist ein ganz schönes Refugium auch für ungewöhnliche Inszenierungen."
Schwärmt Michael Langenstein von der BUGA. Es ist ein schöner Park mit einem Blütenmeer und den BUGA-üblichen Gärten, gestalteten Gräbern, der Blumen-Halle und so schönen Spielplätzen, dass ich gerne mitgetobt hätte.
Gleich neben dem BUGA-Park steht das Geburtshaus des Malers Otto Dix. 2 Räume sind so eingerichtet, wie sie die Familie vor 1900 bewohnte. Wir sehen Fotos, Dokumente, Gemälde. Die Landschaft, durch die wir gerade gekommen sind.
" Moderne Kunst in dieser Zeit, das war die Freilichtmalerei. Das war der Einfluss des Impressionismus. Und Dix hatte einen sehr guten Zeichenlehrer hier, der auch sonntags die Schüler um sich herum geschart hatte und man ist also in die nahe Umgebung "landschaftern" gegangen."
Und wir staunen, wie vielseitig Otto Dix war. Impressionistische Natur, kubistisches Porträt, sogar altmeisterliche Kirchengemälde. Wir kennen seine berühmten "Skatspieler", jene versehrten und trotzdem gespenstisch begeisterten Veteranen des 1. Weltkrieges, die hängen in Berlin, und wir staunen, wie vielseitig Otto Dix war. Museumsleiter Holger Saupe:
" Er ist sehr vielseitig. Also gerade bei uns im Haus kann man das sehr schön nachvollziehen. Wir ziehen ausstellungsseitig den großen Bogen von seinem künstlerischen Frühwerk, wo er sich mit Landschaften beschäftigt hat, mit Natur, aber auch schon mit Porträt, also mit Menschendarstellungen. Und wir ziehen den Bogen bis zu seinem Spätwerk, was über viele Jahrzehnte auch kunsthistorisch immer vernachlässigt wurde."
Klassischerweise verwandeln Bundesgartenschauen ein gammeliges Gelände in einen stadtnahen Park. Die diesjährige BUGA hat eine neue Dimension und mit dem benachbarten kleinen Ronneburg einen zweiten Standort. Mit dem Rad sind es 10 Km ostwärts durch die dörfliche Idylle des Gessentals, das vor wenigen Jahren noch voller Abraum war. Bei Ronneburg wurde in einem weit verzweigten Bergwerk untertage Uran abgebaut für das sowjetische Atomprogramm, bis in 1.000 Meter Tiefe. Gewaltige Mengen Abraum bildeten riesige Halden. Daneben gähnte ein tiefes Loch.
" Es war das größte Tagebau-Loch Europas - mit 240 Metern Tiefe, 2 Km Länge und 1 Km Breite. Fast 50 mal würde dort die Cheopspyramide hinein passen. Also unvorstellbare Größen von Volumina, die man hier wirklich auch transportieren musste."
Es wurden Berge versetzt, die Halden sind im Tagebau verschwunden. Innerhalb von 60 Jahren wurde hier 2 mal die Landschaft um- und wieder umgekrempelt. Einige monströse Radlader und Muldenkipper, sind ausgestellt. Durchmesser der Räder: 3,80 Meter. Die sehenswerte Ausstellung über Uranbergbau und nachfolgende Sanierung bleibt noch einige Jahre.
Wieder an der Elster kommen wir von Gera bald nach Bad Köstritz. Ja, das Köstritzer Schwarzbier, das mittlerweile den gesamtdeutschen Markt erobert hat. Gruppen können sich anmelden und mit Ute Vogt durch die moderne Brauerei gehen.
" Alles läuft über Computer, alles wird per Knöpfchendruck ausgelöst. Der Gast sieht die großen Anlagen, kann den Duft der Würze einatmen, aber vom Produkt sieht man nicht allzu viel."
Erst am Ende, wenn das Bier abgefüllt und die Flaschen zum Sixpack werden. Dann gibt es auch ein Glas Schwarzbier.
Und wir erfahren, wie das Schwarzbier schwarz wird.
" Es ist eingebraut wie ein normales Pils, aber es wird das Spezialmalz, das Röstmalz verwendet. Malz ist Gerste, eine Sommergerste, zum Keimen gebracht und wieder getrocknet. Und Röstmalz wird richtig geröstet, nicht nur getrocknet."
Um Bier geht es dann auch in Zeitz. Wir steigen mit Katrin Wiegleb in die Zeitzer Unterwelt.
" Wir sind jetzt in einem Kellergewölbe, einem Tonnengewölbe. Dieses Gewölbe existiert immerhin schon seit dem 13. Jhh. . Und das hat man früher zu allererst gebaut, dieses Gewölbe, dann hat man das Haus drüber gesetzt. Und eventuell ist man dann vor hier aus noch nach unten gegangen und hat weitere Keller angelegt. Warum der ganze Aufwand? Der Hauptgrund war die Lagerung von Bier. Bier war früher im Mittelalter ein Grundnahrungsmittel. Der Pro-Kopf-Verbrauch hier in der Stadt war mal 2 Liter Bier am Tag."
Weil das Wasser nicht so recht genießbar war, wurden Brot und Suppe eben mit Bier zubereitet. Die meisten Häuser in der Zeitzer Altstadt haben bis 8 Meter tiefe Gänge. Etliche sind schon frei gelegt und können besichtigt werden.
Bischofssitz, Bier und Handel hatten Zeitz ordentliches Geld gebracht.
Das riesige Schloss und das pompöse Rathaus lassen früheren Reichtum ahnen.
" Vor 1040 Jahren ist Zeitz das erste Mal erwähnt worden. Da gibt es die erste Urkunde. Zeitz ist an 2 alten Handelsstraßen entstanden, der Königsstraße und der Salzstraße, die sich getroffen haben in der Unterstadt."
Zeitz liegt im südöstlichen Zipfel von Sachsen-Anhalt und die Bewohner fühlen sich wie abgekoppelt vom Rest des Bundeslandes. Neben restaurierten Häusern von 15/1600 sehen wir leere Fensterhöhlen und fühlen mit.
Von Zeitz bis Leipzig ist die Strecke flach, erst auf Nebenstraßen, dann auf der stillgelegten Landstraße am Elster-Kanal. Das Flußbett wurde verlegt für einen Braunkohletagebau, der nun schon Bade-See ist. Ausgedehnter Wald und Park begleiten uns an der Elster bis in die Innenstadt. Ich erinnere mich noch an das stinkende, schäumende Wasser von Elster und Pleiße, in Leipzig vor 20 Jahren. Das ist nicht mehr, mittlerweile paddelt hier groß und klein und selbst in der Innenstadt werden alte Wasserläufe wieder hergestellt. Heike König vom AufbauWerk Leipzig.
" Die ganze überwölbten Flüsse, die in den 50-er Jahren viel Abwässer transportiert haben, vor allem Industrieabwässer und deswegen gestunken haben, man hat die einfach unter die Erde verbannt. Man hat die überwölbt, unter der Stadt weg geschickt und irgendwann sind sie wieder offen geflossen. Die Elstermühlgraben und Pleißemühlgraben, das sind die beiden wichtigsten, wie werden jetzt Stück für Stück wieder hergestellt."
Gleich neben der Straße. Auch vor dem Bundesverwaltungsgericht fließt nun Wasser. Und früheren Industrieviertel im Leipziger Westen, in Plagwitz erleben wir Verfall und Neubeginn dicht beieinander.
" Plagwitz ist unheimlich spannend. Ein Teil dort am Karl-Heine-Kanal ist Sanierungsgebiet. Und man kann dort wie in einer kleinen Oase mitten im Industriegebiet wohnen. Es ist eine bezahlbare Gegend, es ist Teil eines Urban-Projektes der EU . Es ist ein interessantes Gebiet für Kübastler und Familien dort zu wohnen."
Karl Heine, der Industrie-Pionier des Leipziger Westens, ließ einen Kanal bauen. Seine Vision war, von den Fabriken mit dem Schiff über Weiße Elster, Saale, Elbe bis nach Hamburg zu kommen. Doch die Eisenbahn kam schneller und der Karl-Heine-Kanal vergammelte.
" Ich kann mich noch erinnern: weiter hinten ist ne Brücke, da wurde so viel Müll runter geworfen, was in dem Schlamm stecken blieb, so dass man früher drüber laufen konnte. War nicht mehr zu befahren. Das wurde dann erst ausgebaggert."
Und jetzt ist David Gondoliere. Ein italienischer Gastwirt baute seine Terrasse über die Weiße Elster und ließ aus Venedig echte venezianische Gondeln kommen.
Und ein Venezianer brachte dem schwarzlockigen David das Gondelfahren bei.
" Also Willkommen auf der Weißen Elster. Wir wenden jetzt hier, fahren stromaufwärts und dann in den Karl-Heine-Kanal hinein."
Es ist eine ganz andere Welt als noch vor 10/15 Jahren: Das frühere Buntgarnwerk und die Arbeiter-Quartiere aus der Gründerzeit sind begehrte Wohnungen. Kinder angeln am Ufer. Paddler, Ruderer, Motorboote kommen vorbei.
Wir erleben den Leipziger Westen im Wandel und die Weiße Elster zum Abschluss der Rad-Tour aus ganz neuer Perspektive.

