
Die EU-Kommission steht vor der Herausforderung, unterschiedlichste Interessen vereinen zu müssen. So soll beispielsweise mehr Geld für die militärische Aufrüstung ausgegeben werden. Gleichzeitig protestieren Landwirte gegen mögliche Kürzungen und finanzstarke EU-Staaten wie Deutschland wollen nicht tiefer in die Tasche greifen. Wie viel Geld der Haushalt für die Jahre 2028 bis 2034 insgesamt umfassen soll, geht aus dem bereits bekannt gewordenen Entwurf nicht hervor.
Warum ist eine Reform des EU-Haushalts nötig?
Die Europäische Union war in den vergangenen Jahren mehrfach gezwungen, in Krisen schnell Geld bereitzustellen, etwa während der Corona-Pandemie oder nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Das bisherige System ließ jedoch wenig Spielraum für solche kurzfristigen Ausgaben. Der Großteil des Budgets wird zu Beginn der siebenjährigen Laufzeit verplant. Die Kommission sieht deshalb Handlungsbedarf. In Zukunft soll es mehr finanzielle Flexibilität geben.
Was genau will die EU-Kommission ändern?
Die Leitlinie sieht weniger feste Programme und mehr flexible Spielräume vor. Die Brüsseler Behörde plant, bisher getrennte große Haushaltsposten wie Landwirtschaft, Strukturförderung und Verteidigung in einem gemeinsamen Fonds zusammenzufassen. Geld soll erst fließen, wenn bestimmte Meilensteine bei Reformen oder Investitionen erreicht sind. Anstelle starrer Fördertöpfe will die Kommission nationale Reform- und Investitionspläne als Grundlage für Zahlungen einführen.
Generell ist weniger regionaler Einfluss geplant. So soll die Regionalförderung künftig zwischen Brüssel und den Hauptstädten der EU-Länder verhandelt werden und nicht wie bisher mit den Regionen selbst.
Für Landwirte dürfte sich besonders viel ändern. Zwar sollen die Direktzahlungen an Bauern grundsätzlich erhalten bleiben, doch laut Entwurf könnte es ab einer bestimmten Betriebsgröße zu Kürzungen kommen. Kleinere Höfe und Junglandwirte sollen hingegen stärker gefördert werden. Der Umbau stößt auf Widerstand. In Brüssel haben sich für heute hunderte Bauern zum Protest angekündigt, auch aus Deutschland. Der Deutsche Bauernverband fordert ein eigenständiges und aufgestocktes Agrarbudget.
Was sagen die Kritiker im Europäischen Parlament?
Im Europäischen Parlament regt sich Widerstand gegen die geplante Zusammenlegung von Ausgabenbereichen. Die stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Hohlmeier (CSU), kritisierte, durch "gigantische Einzelfonds" und je nach Land verschiedene Ausgabepläne drohe "die Landwirtschafts- und Regionalpolitik zum Spielball nationaler Regierungen zu werden". Sie kündigte harte Verhandlungen an.
Die regionalpolitische Sprecherin der SPD im EU-Parlament, Repp, warnte angesichts des geplanten sinkenden regionalen Einflusses vor einer "Zentralisierung der Fördermittel". Der Grünen-Agrarpolitiker Häusling sprach von "ambivalenten" Reformansätzen für die Agrarhilfen der EU. Zwar verspreche die Einrichtung eines "Superfonds" Vereinfachungen. Wenn jedes Land eigene Kriterien für Bäuerinnen und Bauern festlege, könne das aber für ungleiche Wettbewerbsbedingungen sorgen. Gerade bei Umweltstandards drohe "ein Unterbietungswettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten".
Der frühere Präsident des Europäischen Parlaments, Pöttering, warnte vor einer möglichen Renationalisierung. Er betonte im Deutschlandfunk, dazu dürfe es in der EU nicht kommen. "Es muss eine Kontrolle geben, was mit dem Geld passiert, und diese Instanz kann nur das EU-Parlament sein." Nur so könne verhindert werden, dass 27 nationale Rechtssysteme künftig uneinheitlich mit den Haushaltsmitteln umgingen. Europa dürfe bei aller Reformbereitschaft seine demokratischen Strukturen nicht schwächen, erklärte der CDU-Politiker.
Woher soll das Geld kommen?
Die Kommission will neben den Beiträgen der Mitgliedstaaten zusätzliche Eigenmittel einführen. Im Gespräch sind unter anderem eine Abgabe auf Elektroschrott, eine Unternehmenssteuer für Konzerne mit mehr als 50 Millionen Euro Umsatz im Jahr sowie ein EU-Anteil an Tabaksteuern. Frühere Versuche in dieser Richtung waren am Widerstand einzelner Länder gescheitert.
Pöttering begrüßte die Pläne hingegen. Die EU brauche mehr eigene Einnahmen, um gemeinsam handeln zu können, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Er sprach sich unter anderem für eine europäische Umweltsteuer aus.
Wie geht es weiter?
Der nun erwartete Kommissionsvorschlag für die Jahre 2028 bis 2034 muss im Anschluss von den EU-Ländern und dem Europäischen Parlament beraten werden, bevor er verabschiedet werden kann. Dafür braucht es zunächst eine Mehrheitsentscheidung im EU-Parlament, bevor die EU-Länder den Haushalt einstimmig annehmen müssten. Es werden lange und komplizierte Verhandlungen erwartet.
Die momentane Finanzplanung der EU hat eine Größe von 1,2 Billionen Euro für den Zeitraum von 2021 bis 2027. Mehrere Staaten, darunter Deutschland, haben sich gegen eine Steigerung der nationalen Beiträge zum mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union ausgesprochen. Deutschland steuert als größter Nettozahler der EU bislang fast ein Viertel der Mittel bei.
Weiterführende Informationen
EU-Kommission präsentiert langfristige Finanzplanung - Einschätzungen von DLF-Redakteurin Annabell Brockhues (Audio)
Diese Nachricht wurde am 16.07.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.