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Epidemiologie - Den Krankheiten auf der Spur

Seit den 90er-Jahren ist man wieder dabei, die Epidemiologie als Wissenschaft in Deutschland aufzubauen. Gut so, denn so sind wir einigermaßen gegen die Schweinegrippe gewappnet. Aber was machen eigentlich Epidemiologen und wie wird man das?

Von Esther Körfgen |
    "Wichtig ist, dass Sie auf jeden Fall darauf achten, dass Sie und Ihr Personal sich schützen vor einer möglichen Ansteckung ..."

    Katharina Alpers hat kein Stethoskop am Ohr, sondern das Telefon. Am anderen Ende der Leitung ist ein besorgter Krankenhausarzt: Ein Patient mit den Symptomen der Schweinegrippe ist bei ihm eingeliefert worden, was soll er tun? Katharina Alpers berät ihn. Die Epidemiologin im blauen Kleid sitzt in keiner Praxis, sondern in einem ganz normalen Büro. Aber Epidemiologen behandeln ja auch nicht Wunden, sondern Daten. Darüber, wo eine Infektionskrankheit aufgetreten ist, wie oft, bei wem, und so weiter.

    "Wir bekommen eben regelmäßig Zahlen von den Landesstellen übermittelt und schauen die uns an. Zum Beispiel die Salmonellose ist eine der häufigsten Erkrankungen. Zum Beispiel war 2005 der Fall, dass plötzlich weit über 300 Fälle im Januar aufgetaucht sind. Und das erzeugt dann bei uns Alarmbereitschaft und wir versuchen herauszufinden, woher kommt das."

    Die reinste Detektivarbeit. Eine andere Bezeichnung für Epidemiologen ist ja auch "desease detectives" - Krankheits-Detektive. Im Fall der Salmonellen-Erkrankungen befragten sie akribisch die Patienten und ihre Kontaktpersonen zu ihrem Verhalten, fanden heraus, dass auffällig oft Schweinefleisch gegessen worden war, und spürten bald den Verursacher auf: einen Produzenten von Schweinefleisch. Den Erreger so schnell kalt zu stellen klappt nicht immer, vor allem nicht bei der aktuellen Schweinegrippe. Einer Erkrankung mit einem anfangs völlig unbekannten Erreger. Zunächst wurden im Robert Koch-Institut alle verfügbaren Informationen zusammengestellt:

    "Wie verhalten sich Krankheitserreger und wie breiten sie sich in der Bevölkerung aus. Gerade bei neuen Krankheitserregern weiß man das ja überhaupt nicht. Und es ist bei diesen Influenza-Subtypen überhaupt nicht bekannt, wie stark infektiös er ist, das heißt wie viele andere Personen angesteckt werden, wie schwer das Krankheitsbild ist."

    Katharina Alpers ist Fachärztin für Mikrobiologie und Infektions-Epidemiologie. Es gibt aber noch ganz andere Tätigkeitsfelder für Epidemiologen, und längst nicht alle müssen gelernte Mediziner sein. Wobei Kenntnisse in Medizin aber hilfreich sind.

    Man kann zum Beispiel gelernte Krankenschwester sein und ein Fachhochschulstudium für Gesundheitswirtin absolviert haben, um dann an der Uni einen "Master of Science" in Epidemiologie zu machen. Wie Christina Lindemann, die auch am Robert Koch-Institut arbeitet.

    "Ein Betriebswirt wird wahrscheinlich eher ökonomische Analysen machen, speziell im Gesundheitswesen, und dann ein mögliches Arbeitsfeld bei Krankenkassen oder Verbänden in Gremienarbeit machen können, aber Pharmazeuten, Biologen, Chemiker, aber auch Mathematiker und Statistiker machen die Ausbildung zum Epidemiologen, Ernährungswissenschaftler, Gesundheitswissenschaftler, Sportwissenschaftler. Die Reihe ist lang."

    Alles Berufe, die Ursache und Verlauf von Krankheiten in der Bevölkerung von ihrer Warte aus analysieren können. Im Gegensatz zu den skandinavischen und angelsächsischen Ländern gibt es Epidemiologie in Deutschland nicht als grundständiges Studium. Aber als aufbauendes Masterstudium, seit 2001, und zwar in Berlin, Mainz, München und Bielefeld. Und auch das Robert Koch-Institut bietet eine praxisorientierte Postgraduierten-Ausbildung.

    Trotzdem, was die Möglichkeiten der Ausbildung betrifft, steckt dieser Beruf der Zukunft noch in den Kinderschuhen, findet Christina Lindemann.

    "Es gibt einen hohen Bedarf an Epidemiologen, wie wir an dem Stellenmarkt der deutschen Gesellschaft für Epidemiologie sehen können. Dennoch, es müssen mehr Epidemiologen ausgebildet werden, es müssen weitere Ausbildungsmöglichkeiten für Epidemiologen in Deutschland geschaffen werden."

    Das Robert Koch-Institut will nun zusammen mit der Berliner Charité einen grundständigen Studiengang "Epidemiologie" einrichten. Wenn die Behörden dazu die Zustimmung erteilen, könnte es schon im Herbst soweit sein.

    Infos:

    Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie

    Postgraduiertenausbildung für angewandte Epidemiologie am Robert Koch-Institut

    Disease Detectives

    Studium:

    Uni Mainz

    Universität Bielefeld

    Charité

    Universität München