Die Nachricht hat es in sich. Ein Bundesgericht in Brooklyn verurteilte in dieser Woche den Pharmariesen Amgen zu einer Strafe von 762 Millionen Dollar. Amgen hatte seine Medikamente Aranesp und Epogen auf unerlaubte Art und Weise vermarktet. Das kalifornische Unternehmen akzeptierte die Strafe.
Bedeutet dies auch, dass Amgen Dopingmarketing betrieb? Epogen ist schließlich die Mutter aller Epo-Präparate. Auf eine Nähe von Pharma-Angestellten zu Dopingdealern stieß bei seinen Ermittlungen der italienische Polizist Luigino Lambranzi.
"Und dann gibt es die, die hochentwickelte Produkte haben und oft mit Pharmafirmen verbunden sind."
Den Vorwurf des Dopingmarketings wehrte ein Vertreter von Amgen auf Nachfrage ab. Das Pharmaunternehmen, pikanterweise Hauptsponsor der Kalifornienrundfahrt, engagiert sich in den letzten Jahren zunehmend im Antidopingkampf. Ob dies nachhaltig gemeint ist oder nur eine Imageverbesserung, ist umstritten. Informationen über Vertriebswege, die zu einer Schätzung der Größe des Dopingmarkts führen könnten, gab bislang kein einziges Pharmaunternehmen heraus. Die fehlende Transparenz beklagt auch der Interpol-Mann Mathieu Holz.
"Wir können nicht zu ihnen kommen und generelle Informationen einholen. Ich brauche einen speziellen Fall und nur im Rahmen dieses Falls kann ich ermitteln und Informationen erlangen."
Die Größe des Dopingmarkts bleibt damit im Nebulösen.
Der Prozess gegen Amgen zeichnete ein düsteres Bild des Pharmaunternehmens: Amgens Drückerkolonnen verteilten Bonuspackungen von Epo-Präparaten an Ärzte. Sie erklärten ihnen, wie sie dies den Krankenkassen in Rechnung stellen und damit einen Extraprofit erzielen konnten. Sie forderten Ärzte auf, Epo auch bei Indikationen zu verabreichen, für die das Medikament gar nicht zugelassen war. Sie animierten Ärzte mit Geldprämien zu höheren Dosierungen.
Besonders infam: Studien warnen vor einem größeren Todesrisiko für Patienten mit hohen Epo-Dosierungen. Die Risikoschwelle beginnt bei 7.000 Einheiten.
Solche Dosierungen nahmen auch Radprofis in den 90er Jahren vor. Durch die immer sensibler werdenden Testverfahren wurden sie zu Mikrodosen von heute 400 bis 500 Einheiten gezwungen. Das Antidopingregime hat exzessive Doper wie seinerzeit etwa Radprofi Bjarne Riis - genannt Mr. Epo - vor erheblichen Gesundheitsrisiken bewahrt. Danksagungen dieser Profis sind nicht bekannt.
Das Strafverfahren gegen Amgen machte das Interesse von Pharmafirmen an einem Absatz ihrer Produkte weit jenseits des zugelassenen Bereiches deutlich.
Ein weiterer beunruhigender Aspekt ist der Abfluss von noch nicht einmal zugelassenen Medikamenten aus klinischen Tests in den Dopingmarkt. David Howman, Generalsekretär der Weltantidopingagentur WADA:
"Was wir vom Pharma-Schwarzmarkt wissen, ist dass einige Substanzen lange vor ihrer offiziellen Einführung verfügbar sind. Cera ist ein gutes Beispiel. Es war 2004 und 2005 auf dem Schwarzmarkt, aber erst 2008 auf dem offiziellen Markt. Das bedeutet: Etwas wurde irgendwie von der Pharmaindustrie gestohlen."
Während Howman beklagt, dass die Pharmaindustrie diese Diebstahlsfälle nicht energisch genug aufklärt, hegt Polizeiermittler Lambranzi einen noch schwerwiegenderen Verdacht: Den Einsatz von dopenden Sportlern als Versuchskaninchen bei ausgelagerten Testreihen.
"Ein Medikament muss zumindest in Italien vier Testphasen durchlaufen. Die dritte Phase wird mit Tieren durchgeführt, die vierte mit Menschen. Ein Pharmaunternehmen, das vor allem das Geschäft im Auge hat, ist daran interessiert, diese Tests so schnell wie möglich abzuschließen. Und mit Hilfe kollaborierender Mediziner gelingt ihm das. Das passiert tatsächlich."
Beweise, die zu Verurteilungen ausreichen, hat Lambranzi noch nicht gefunden. Nach Einschätzung des Ermittlers, der u.a. das Dopingnetzwerk des Michele Ferrari aufdeckte, ist die Omertà im Pharmageschäft noch größer als im Dopinggeschäft. Doch auch hier bröckelt die Mauer des Schweigens. Das aktuelle Verfahren gegen Amgen war nur durch Aussagen einiger ehemaliger Mitarbeiter möglich, die erschrocken waren über die Praktiken ihres Arbeitgebers.
Bedeutet dies auch, dass Amgen Dopingmarketing betrieb? Epogen ist schließlich die Mutter aller Epo-Präparate. Auf eine Nähe von Pharma-Angestellten zu Dopingdealern stieß bei seinen Ermittlungen der italienische Polizist Luigino Lambranzi.
"Und dann gibt es die, die hochentwickelte Produkte haben und oft mit Pharmafirmen verbunden sind."
Den Vorwurf des Dopingmarketings wehrte ein Vertreter von Amgen auf Nachfrage ab. Das Pharmaunternehmen, pikanterweise Hauptsponsor der Kalifornienrundfahrt, engagiert sich in den letzten Jahren zunehmend im Antidopingkampf. Ob dies nachhaltig gemeint ist oder nur eine Imageverbesserung, ist umstritten. Informationen über Vertriebswege, die zu einer Schätzung der Größe des Dopingmarkts führen könnten, gab bislang kein einziges Pharmaunternehmen heraus. Die fehlende Transparenz beklagt auch der Interpol-Mann Mathieu Holz.
"Wir können nicht zu ihnen kommen und generelle Informationen einholen. Ich brauche einen speziellen Fall und nur im Rahmen dieses Falls kann ich ermitteln und Informationen erlangen."
Die Größe des Dopingmarkts bleibt damit im Nebulösen.
Der Prozess gegen Amgen zeichnete ein düsteres Bild des Pharmaunternehmens: Amgens Drückerkolonnen verteilten Bonuspackungen von Epo-Präparaten an Ärzte. Sie erklärten ihnen, wie sie dies den Krankenkassen in Rechnung stellen und damit einen Extraprofit erzielen konnten. Sie forderten Ärzte auf, Epo auch bei Indikationen zu verabreichen, für die das Medikament gar nicht zugelassen war. Sie animierten Ärzte mit Geldprämien zu höheren Dosierungen.
Besonders infam: Studien warnen vor einem größeren Todesrisiko für Patienten mit hohen Epo-Dosierungen. Die Risikoschwelle beginnt bei 7.000 Einheiten.
Solche Dosierungen nahmen auch Radprofis in den 90er Jahren vor. Durch die immer sensibler werdenden Testverfahren wurden sie zu Mikrodosen von heute 400 bis 500 Einheiten gezwungen. Das Antidopingregime hat exzessive Doper wie seinerzeit etwa Radprofi Bjarne Riis - genannt Mr. Epo - vor erheblichen Gesundheitsrisiken bewahrt. Danksagungen dieser Profis sind nicht bekannt.
Das Strafverfahren gegen Amgen machte das Interesse von Pharmafirmen an einem Absatz ihrer Produkte weit jenseits des zugelassenen Bereiches deutlich.
Ein weiterer beunruhigender Aspekt ist der Abfluss von noch nicht einmal zugelassenen Medikamenten aus klinischen Tests in den Dopingmarkt. David Howman, Generalsekretär der Weltantidopingagentur WADA:
"Was wir vom Pharma-Schwarzmarkt wissen, ist dass einige Substanzen lange vor ihrer offiziellen Einführung verfügbar sind. Cera ist ein gutes Beispiel. Es war 2004 und 2005 auf dem Schwarzmarkt, aber erst 2008 auf dem offiziellen Markt. Das bedeutet: Etwas wurde irgendwie von der Pharmaindustrie gestohlen."
Während Howman beklagt, dass die Pharmaindustrie diese Diebstahlsfälle nicht energisch genug aufklärt, hegt Polizeiermittler Lambranzi einen noch schwerwiegenderen Verdacht: Den Einsatz von dopenden Sportlern als Versuchskaninchen bei ausgelagerten Testreihen.
"Ein Medikament muss zumindest in Italien vier Testphasen durchlaufen. Die dritte Phase wird mit Tieren durchgeführt, die vierte mit Menschen. Ein Pharmaunternehmen, das vor allem das Geschäft im Auge hat, ist daran interessiert, diese Tests so schnell wie möglich abzuschließen. Und mit Hilfe kollaborierender Mediziner gelingt ihm das. Das passiert tatsächlich."
Beweise, die zu Verurteilungen ausreichen, hat Lambranzi noch nicht gefunden. Nach Einschätzung des Ermittlers, der u.a. das Dopingnetzwerk des Michele Ferrari aufdeckte, ist die Omertà im Pharmageschäft noch größer als im Dopinggeschäft. Doch auch hier bröckelt die Mauer des Schweigens. Das aktuelle Verfahren gegen Amgen war nur durch Aussagen einiger ehemaliger Mitarbeiter möglich, die erschrocken waren über die Praktiken ihres Arbeitgebers.