Er war der König Midas unter den Pariser Kunsthändlern um 1900. Alles, was er anfasste, wurde zu Gold. Ohne einen Sous in der Tasche begann der Kolonialfranzose von der Tropeninsel La Réunion und wurde an der Seine ein schwerreicher Mann. Als Genies entpuppten sich all die brotlosen Künstler, die ihm ins Auge stachen. Dabei war das Erfolgsgeheimnis des Galeristen Ambroise Vollard eigentlich simpel: Er war immer der erste. In der Rue Laffitte, wo er 1893 seinen Bilderladen eröffnet hatte, zeigte er zwei Jahre später die erste Cézanne-Ausstellung und leitete dessen Aufstieg zum Erzvater der Moderne ein. Es folgte die erste Werkschau Vincent van Goghs. Vollard entdeckte für den Kunstmarkt die postimpressionistische Künstlergruppe der Nabis. Er war der erste Geschäftsmann, der Geld in die Produkte eines Hungerleiders namens Gauguin steckte und dessen zweite Tahiti-Reise ermöglichte. Die Uraufführungsliste geht weiter, mit Picasso, Maillol und Matisse. Es sieht so aus, als habe der Talentsucher mit der untrüglichen Spürnase für bahnbrechende Innovationen die gesamte, mittlerweile millionenschwere Klassik der Neuzeit erfunden.
Die biografische Hommage im schweizerischen Baden soll auch eine Danksagung in eigener Sache sein. Kapitale Gemälde des Museums Langmatt sind durch die Hände des legendären Franzosen gegangen, zum Beispiel Cézannes Stillleben mit Pfirsichen und Karaffe, das grandiose Akt-Pastell von Dégas oder Renoirs poetische Kahnpartie im Farbzauber eines Märchenwaldsees. Quasi im Handumdrehen ist auch ohne derartige Gemäldepracht eine exponatenreiche Vollard-Ausstellung beisammen; die Premiere seines Lebenswerks aus Papier konnte der Verleger 1936 noch selbst im New Yorker Museum of Modern Art genießen. Der "marchand de tableaux et éditeur", wie er sich selbst stolz nannte, gab zahllose Künstleralben und illustrierte Bücher heraus, wohl wissend, dass damit sein Name aus der Kunstgeschichte nicht mehr zu tilgen war. Mit der "Suite Vollard", Picassos grafischem Hauptwerk, hat er sich ein monumentales Denkmal gesetzt.
Das Fingerspitzengefühl für ästhetische Delikatessen stand im schroffen Gegensatz zum äußeren Erscheinungsbild. Brassai, der Fotochronist der Avantgardeszene, hat ihn schonungslos porträtiert: Massiger Schädel mit vierschrötigem, stoppelbärtigem Boxergesicht. Verbogen ist die Nase selbst auf Picassos abstrahiertem Bildnis im kubistischen Splitterstil. Bekannt war er als "schwarzer Lorenzo de Medici", weil afrikanisches Blut in seinen Adern rollte, und Renoir hat ihn mit verwegenem Kopftuch als Banditen gemalt. Tatsächlich konnte sein Geschäftsgebaren unangenehm sein. Von Malern, die es ihm wie etwa André Derain angetan hatten, kaufte er komplette Atelierbestände auf, stellte die Bilder aber nicht zur Schau, sondern lagerte sie im Depot ein, bis sie ihren Wert verdoppelt oder verdreifacht hatten. Rüde ging er mit der Kundschaft um. So brüskierte er das Schweizer Industriellenpaar Brown, das die Badener Kollektion begründete, indem er während der Verkaufsverhandlung den Preis kräftig heraufsetzte.
Mit einer gepflegten Präsentation seiner kostbaren Ware hatte der eingefleischte Junggeselle überhaupt nichts im Sinn. Leo Stein, der Ehemann der amerikanischen Avantgarde-Muse Gertrude Stein, erzählt in seinen Erinnerungen von einem Trödelladen mit ganzen Stapeln von Gemälden auf dem Boden und ohne jedes Anzeichen dafür, dass ein Besucher erwünscht wäre. Doch das war ein Irrtum: Im Kellerraum unter der Galerie zechte und tafelte regelmäßig die Pariser Bohème. Es gab Curry-Huhn, das Nationalgericht der Heimatinsel im Indischen Ozean. Bei Vollard tauschten die Genies der Epoche Gedanken, Projekte und fertige Kunstwerke aus. 1939 ist der Drahtzieher der Moderne nach einem Autounfall auf dem Weg zu seinem Landhaus nahe Versailles im Alter von 74 Jahren gestorben.
Die biografische Hommage im schweizerischen Baden soll auch eine Danksagung in eigener Sache sein. Kapitale Gemälde des Museums Langmatt sind durch die Hände des legendären Franzosen gegangen, zum Beispiel Cézannes Stillleben mit Pfirsichen und Karaffe, das grandiose Akt-Pastell von Dégas oder Renoirs poetische Kahnpartie im Farbzauber eines Märchenwaldsees. Quasi im Handumdrehen ist auch ohne derartige Gemäldepracht eine exponatenreiche Vollard-Ausstellung beisammen; die Premiere seines Lebenswerks aus Papier konnte der Verleger 1936 noch selbst im New Yorker Museum of Modern Art genießen. Der "marchand de tableaux et éditeur", wie er sich selbst stolz nannte, gab zahllose Künstleralben und illustrierte Bücher heraus, wohl wissend, dass damit sein Name aus der Kunstgeschichte nicht mehr zu tilgen war. Mit der "Suite Vollard", Picassos grafischem Hauptwerk, hat er sich ein monumentales Denkmal gesetzt.
Das Fingerspitzengefühl für ästhetische Delikatessen stand im schroffen Gegensatz zum äußeren Erscheinungsbild. Brassai, der Fotochronist der Avantgardeszene, hat ihn schonungslos porträtiert: Massiger Schädel mit vierschrötigem, stoppelbärtigem Boxergesicht. Verbogen ist die Nase selbst auf Picassos abstrahiertem Bildnis im kubistischen Splitterstil. Bekannt war er als "schwarzer Lorenzo de Medici", weil afrikanisches Blut in seinen Adern rollte, und Renoir hat ihn mit verwegenem Kopftuch als Banditen gemalt. Tatsächlich konnte sein Geschäftsgebaren unangenehm sein. Von Malern, die es ihm wie etwa André Derain angetan hatten, kaufte er komplette Atelierbestände auf, stellte die Bilder aber nicht zur Schau, sondern lagerte sie im Depot ein, bis sie ihren Wert verdoppelt oder verdreifacht hatten. Rüde ging er mit der Kundschaft um. So brüskierte er das Schweizer Industriellenpaar Brown, das die Badener Kollektion begründete, indem er während der Verkaufsverhandlung den Preis kräftig heraufsetzte.
Mit einer gepflegten Präsentation seiner kostbaren Ware hatte der eingefleischte Junggeselle überhaupt nichts im Sinn. Leo Stein, der Ehemann der amerikanischen Avantgarde-Muse Gertrude Stein, erzählt in seinen Erinnerungen von einem Trödelladen mit ganzen Stapeln von Gemälden auf dem Boden und ohne jedes Anzeichen dafür, dass ein Besucher erwünscht wäre. Doch das war ein Irrtum: Im Kellerraum unter der Galerie zechte und tafelte regelmäßig die Pariser Bohème. Es gab Curry-Huhn, das Nationalgericht der Heimatinsel im Indischen Ozean. Bei Vollard tauschten die Genies der Epoche Gedanken, Projekte und fertige Kunstwerke aus. 1939 ist der Drahtzieher der Moderne nach einem Autounfall auf dem Weg zu seinem Landhaus nahe Versailles im Alter von 74 Jahren gestorben.