Peter O. Chotjewitz: Ich wüsste nicht, dass er parteipolitisch aktiv gewesen wäre, oder dass er dezidiert Marxist zum Beispiel gewesen wäre. Natürlich war er theoretisch fundiert, das geht nicht anders. Aber es kam bei ihm, glaube ich, sehr viel aus der Erfahrung heraus, die Lebenserfahrung. Er ist Jahrgang 1910, dann ist er ja schon, als die Nazis an die Macht kommen, 23. Also, er hat das ganze Ende der Weimarer Republik schon miterlebt. Und vor diesem Erfahrungshintergrund - er war 6 Jahre auch im Krieg, er hat ja darüber auch zwei Bücher geschrieben - vor diesem Erfahrungshintergrund hat er eigentlich gedacht und auch geschrieben.
Karin Fischer: Er hat dieses eine Buch, worin er seine Kriegserfahrungen verarbeitet hat, das auch "Mein Krieg" heißt - von 1975, eines seiner dauerhaftesten Bücher genannt. Welchen Erich Kuby sehen wir denn darin?
Peter O. Chotjewitz: Es ist der Erich Kuby, wie er uns gleich 45 in Erscheinung tritt. Erich Kuby war ganz klar Antimilitarist, er war ganz klar Antifaschist und er war deshalb auch einer von den Leuten, zusammen mit zum Beispiel Hans Habe oder Stefan Heym, die gleich nach 45 hier auch von den Amerikanern eingesetzt wurden Einfluss zu nehmen auf die entstehende, neu zu bildende öffentliche Meinung. Und da ist er auch dann sofort einer, der eben sich nicht zuordnet. Das meine ich mit dem "er war kein Ideologe". In München entsteht damals mit Hans Werner Richter und anderen "Der Ruf", also diese Zeitschrift, diese - berühmte kann man ruhig sagen - Zeitschrift aus der dann die Gruppe 47 hervorging, also auch wiederum eine Gruppe, die ja ganz maßgeblich die Linke in der Bundesrepublik beeinflusst hat - der er komischerweise immer angehört hat. Er war auch auf den Tagungen. Auf der anderen Seite tritt Kuby das erste Mal in Erscheinung mit einer sehr dezidierten Kritik dieser Autoren, die den "Ruf" machten und dann später die Gruppe 47. Und er wirft ihnen vor, gerade dass sie zum Beispiel den Krieg nicht genügend verdammen.
Karin Fischer: Ein anderes seiner Bücher, es wurde 1989 veröffentlicht, heißt "Mein ärgerliches Vaterland". Ist das ein Motto unter dem man sein Verhältnis zur Bundesrepublik ganz allgemein subsumieren könnte?
Peter O. Chotjewitz: Ja, das würde ich auf jeden Fall sagen! Also, er gehört sicher zu dem was man, fast zu dem - nicht ganz so schlimm, was man heute in den linken Kreise Antideutscher nennt. Womit ja nur gemeint ist: Es gibt eine bestimmte Art von Deutschtum, die in der Bundesrepublik bis in die Gruppe 47, bis in die Linke, bis in die SPD und so weiter reinreicht, die hat er verabscheut. Überhaupt wissen Sie, er ist gewissermaßen Praktiker, er ist Urgestein der publizistischen Praxis. Es gibt kaum eine große Zeitung für die er nicht gearbeitet hat. Er war bei der "Süddeutschen Zeitung", er war beim "Spiegel", er war lange Zeit beim "Stern". Und auch da wieder, er ist beim "Spiegel" und gehört gleichzeitig zu den ersten und schärfsten Kritikern des "Spiegels", schon zu Beginn der 60er Jahre. Er ist glaube ich der Erste, der erkannt hat, dass der "Spiegel" eben nicht unbeschadet aus dieser berüchtigten Spiegelaffäre hervorgegangen ist, sondern fortan brav geworden ist.
Karin Fischer: Er hat viel über den Nationalsozialismus geforscht. Er hat den Weg von Nazis in die Bundeswehr verfolgt. Er hat aus Protest gegen eine Kolumne, die Franz Josef Strauß dort haben sollte, den "Stern" verlassen. Er ist im Mai 95 zusammen mit Klaus Staeck, Günter Grass, Wagenbach und Dorothee Sölle und anderen demonstrativ dem Ost-PEN beigetreten. War das alles eher eine Moral oder auch ein Stück Querulantentum?
Peter O. Chotjewitz: Querulantentum keinesfalls, aber Moral wäre auch zu kurz gegriffen. Sondern es geht ihm darum, dass er tatsächlich von Anfang an, 45, eine andere Bundesrepublik wollte, ein anderes Deutschland wollte.
Karin Fischer: Wie sollte das aussehen?
Peter O. Chotjewitz: Nun auf jeden Fall demokratischer, sicher auch antikapitalistischer. Wissen Sie, es wird ja heute kaum noch darüber diskutiert. Er kommt aus einer Zeit, wo immer noch diskutiert wird! Wir wählen am nächsten Sonntag, wir sprechen davon, dass wir eine parlamentarische Demokratie haben, aber wie wenig Demokratie eigentlich im Bundestag stattfindet, und wie wenig davon ausgeht, dass haben solche Leute wie Kuby gewusst und gesagt. Insoweit wird er uns auch fehlen, meine ich. Kuby verkörpert auch ein Stück Gesellschaftskritik, Politikkritik, das es nicht mehr gibt.
Karin Fischer: Er hat dieses eine Buch, worin er seine Kriegserfahrungen verarbeitet hat, das auch "Mein Krieg" heißt - von 1975, eines seiner dauerhaftesten Bücher genannt. Welchen Erich Kuby sehen wir denn darin?
Peter O. Chotjewitz: Es ist der Erich Kuby, wie er uns gleich 45 in Erscheinung tritt. Erich Kuby war ganz klar Antimilitarist, er war ganz klar Antifaschist und er war deshalb auch einer von den Leuten, zusammen mit zum Beispiel Hans Habe oder Stefan Heym, die gleich nach 45 hier auch von den Amerikanern eingesetzt wurden Einfluss zu nehmen auf die entstehende, neu zu bildende öffentliche Meinung. Und da ist er auch dann sofort einer, der eben sich nicht zuordnet. Das meine ich mit dem "er war kein Ideologe". In München entsteht damals mit Hans Werner Richter und anderen "Der Ruf", also diese Zeitschrift, diese - berühmte kann man ruhig sagen - Zeitschrift aus der dann die Gruppe 47 hervorging, also auch wiederum eine Gruppe, die ja ganz maßgeblich die Linke in der Bundesrepublik beeinflusst hat - der er komischerweise immer angehört hat. Er war auch auf den Tagungen. Auf der anderen Seite tritt Kuby das erste Mal in Erscheinung mit einer sehr dezidierten Kritik dieser Autoren, die den "Ruf" machten und dann später die Gruppe 47. Und er wirft ihnen vor, gerade dass sie zum Beispiel den Krieg nicht genügend verdammen.
Karin Fischer: Ein anderes seiner Bücher, es wurde 1989 veröffentlicht, heißt "Mein ärgerliches Vaterland". Ist das ein Motto unter dem man sein Verhältnis zur Bundesrepublik ganz allgemein subsumieren könnte?
Peter O. Chotjewitz: Ja, das würde ich auf jeden Fall sagen! Also, er gehört sicher zu dem was man, fast zu dem - nicht ganz so schlimm, was man heute in den linken Kreise Antideutscher nennt. Womit ja nur gemeint ist: Es gibt eine bestimmte Art von Deutschtum, die in der Bundesrepublik bis in die Gruppe 47, bis in die Linke, bis in die SPD und so weiter reinreicht, die hat er verabscheut. Überhaupt wissen Sie, er ist gewissermaßen Praktiker, er ist Urgestein der publizistischen Praxis. Es gibt kaum eine große Zeitung für die er nicht gearbeitet hat. Er war bei der "Süddeutschen Zeitung", er war beim "Spiegel", er war lange Zeit beim "Stern". Und auch da wieder, er ist beim "Spiegel" und gehört gleichzeitig zu den ersten und schärfsten Kritikern des "Spiegels", schon zu Beginn der 60er Jahre. Er ist glaube ich der Erste, der erkannt hat, dass der "Spiegel" eben nicht unbeschadet aus dieser berüchtigten Spiegelaffäre hervorgegangen ist, sondern fortan brav geworden ist.
Karin Fischer: Er hat viel über den Nationalsozialismus geforscht. Er hat den Weg von Nazis in die Bundeswehr verfolgt. Er hat aus Protest gegen eine Kolumne, die Franz Josef Strauß dort haben sollte, den "Stern" verlassen. Er ist im Mai 95 zusammen mit Klaus Staeck, Günter Grass, Wagenbach und Dorothee Sölle und anderen demonstrativ dem Ost-PEN beigetreten. War das alles eher eine Moral oder auch ein Stück Querulantentum?
Peter O. Chotjewitz: Querulantentum keinesfalls, aber Moral wäre auch zu kurz gegriffen. Sondern es geht ihm darum, dass er tatsächlich von Anfang an, 45, eine andere Bundesrepublik wollte, ein anderes Deutschland wollte.
Karin Fischer: Wie sollte das aussehen?
Peter O. Chotjewitz: Nun auf jeden Fall demokratischer, sicher auch antikapitalistischer. Wissen Sie, es wird ja heute kaum noch darüber diskutiert. Er kommt aus einer Zeit, wo immer noch diskutiert wird! Wir wählen am nächsten Sonntag, wir sprechen davon, dass wir eine parlamentarische Demokratie haben, aber wie wenig Demokratie eigentlich im Bundestag stattfindet, und wie wenig davon ausgeht, dass haben solche Leute wie Kuby gewusst und gesagt. Insoweit wird er uns auch fehlen, meine ich. Kuby verkörpert auch ein Stück Gesellschaftskritik, Politikkritik, das es nicht mehr gibt.