Der Bauplan des Killers ist jetzt vollständig für jedermann zugänglich. Die ersten Teilabschnitte dieses Erbguts hat Timothy Read von TIGR, dem Institut für Genomforschung in Rockville, schon vor einigen Jahren veröffentlicht. Die komplette Sequenz erlaubt Rückschlüsse auf die Lebensweise von Bacillus anthracis.
Wir haben uns Gene angesehen, die dafür zuständig sind, das Nährstoffe in die Zelle kommen. Da gibt es ein Ungleichgewicht. Anthrax verwertet verstärkt Proteine und Aminosäuren, weniger Zucker im Vergleich zu verwandten Bakterien. Wahrscheinlich hat es sich auf das Gewebe von Tieren spezialisiert oder auf vergleichbare Proteinquellen.
Das Bakterium befällt normalerweise Nutztiere auf der Weide. Mit Hilfe von wirksamen Giften bringt es sie schnell um, vermehrt sich in den Kadavern und bildet dann Sporen, die Jahrzehntelang warten können, bis sie von der nächsten hungrige Kuh, dem nächsten Schaf beim Fressen aufgenommen werden. Die Gene für die Gifte befinden sich auf besonders beweglichen Abschnitten der Erbsubstanz, die leicht von Bakterium zu Bakterium übertragen werden können. Doch sie allein hätten aus einer gewöhnlichen Bodenmikrobe noch keinen Killer gemacht, schon die Vorgänger von Bacillus anthracis konnten bei Säugern und Insekten Darminfektionen auslösen. Das zeigt für Natalia Ivanova von Integrated Genomics in Chicago der Vergleich des Milzbranderregers mit nahe verwandten Bazillen.
Anthrax war schon ein Krankheitserreger, aber durch die Gifte wurde es ausgesprochen erfolgreich. Vorher konnte es gelegentlich unter günstigen Umständen ein Tier infizieren, aber durch die beiden Gifte entstand ein tödlicher Erreger.
Der sich dann rasch in die ganze Welt ausbreitete, auch das zeigt der Vergleich der Gensequenzen. In der Landwirtschaft führt Bacillus anthracis in manchen Regionen zu schweren Schäden, Menschen werden eher selten infiziert. Dringt das Bakterium über kleine Wunden in der Haut ein, entwickeln sich schnell typische Pusteln. Der Milzbrand lässt sich dann mit Antibiotika gut behandeln. Infektionen über die Lunge oder den Darm verlaufen dagegen zunächst unauffällig. Die Patienten gehen häufig erst zum Arzt, wenn es zu spät ist, sich das Bakterium schon im Körper ausgebreitet hat und sie schwer krank sind. Sollte Anthrax tatsächlich als Biowaffe eingesetzt werden, kann deshalb nur eine vorbeugende Impfung helfen. Für Forscher, die mit dem Milzbrand-Erreger umgehen, gibt es bereits einen Impfstoff, aber er hat zu viele Nebenwirkungen für den Schutz der Allgemeinbevölkerung. Das Anthraxgenom wird nun die Entwicklung besserer Impfstoffe erleichtern, glaubt Prof. Bernd Appel vom Robert Koch Institut in Berlin.
Wenn man solch eine Vaccine haben möchte wird man sicher aufgrund der Kenntnisse der Genstruktur sowohl von B. Anthracis als auch im Vergleich zu anderen Bacilli sogenannte Determinanten finden können, die sich besonders eignen für die Entwicklung neuartiger Vakzin. Aber wir dürfen uns keine vorschnellen Hoffnungen machen, solch ein Weg zur Entwicklung neuer Vakzin dauert bei den üblichen Zulassungswegen und den Forschungsaktivitäten die dem vorhergehen mindestens fünf Jahre so dass kurzfristig nicht mit einem neuartigen und kurzfristigen Impfstoff zu rechnen sein wird. Aber auf die lange Sicht sind solche Informationen sicherlich sehr hilfreich.
Diese Informationen stehen nicht nur seriösen Wissenschaftlern zur Verfügung, auch Terroristen oder staatliche Biowaffenforscher können sie leicht erhalten. Doch darin sieht Bernd Appel keine Gefahr.
Ganz klar nein, ich sehe hier keinen zusätzlichen Schaden, was das Veröffentlichung des Genoms eines Bakteriums betrifft, weil aus der Vielzahl der Sequenz erkennbaren Gene, ob die dann auch alle aktiv sind muss noch gezeigt werden, das sind derart komplexe Gebilde, das dies keinen einfache Antwort darstellt für jemanden der dieses für die Herstellung von Biowaffen vorhat einzusetzen.
Außerdem sei Bacillus anthracis ohnehin ein perfekter Killer, der kaum noch aggressiver gemacht werden kann.