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Erdogan in Moskau
Wenig greifbare Ergebnisse

Zwar betonten Recep Erdogan und Wladimir Putin bei ihrem Treffen in Moskau, das Verhältnis zwischen der Türkei und Moskau habe sich wieder normalisiert - die Tatsachen sprechen aber dagegen. Weiterhin gibt es viele Streitfragen zwischen den Präsidenten, etwa beim Umgang mit Syriens Machthaber Baschar al-Assad.

Von Thielko Grieß | 11.03.2017
    Der russische Präsident Wladimir Putin empfängt den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Moskau.
    Der russische Präsident Wladimir Putin empfängt den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Moskau. (dpa-Bildfunk / AP / Alexander Zemlianichenko)
    Sollte Recep Tayyip Erdogan umfangreiche Zugeständnisse von Wladimir Putin erwartet haben, dann ist er enttäuscht worden. Beide Präsidenten haben zwar viel Zeit darauf verwendet zu erklären, wie weit sie bereits damit vorangekommen seien, das Verhältnis beider Länder wieder zu normalisieren – aber das tatsächliche Erreichte spricht dagegen. Wladimir Putin führte den Bau einer neuen Gas-Pipeline an – das Projekt heißt Turkish Stream.
    "Es ist geplant, durch das Schwarze Meer zwei Stränge mit der Kapazität von 15,75 Milliarden Kubikmeter im Jahr zu verlegen. Der erste Strang wird für die Versorgung des Binnenmarkts der Türkei eingesetzt. Der zweite Strang kann, wenn die europäischen Partner ihr Interesse verkünden, durch die Türkei nach Europa führen."
    Türken dürfen wieder in Russland arbeiten
    Ob die europäischen Partner das wollen, ist noch nicht ausgemacht. Das Projekt an sich war bereits bekannt. Ebenso die Tatsache, dass Russland ein Atomkraftwerk in der Türkei baut. Neu ist Russlands Wille, türkische Bauarbeiter wieder in Russland arbeiten zu lassen. Türkischen Arbeitnehmern war der Zugang zum russischen Arbeitsmarkt insgesamt deutlich erschwert worden, nachdem die Türkei einen russischen Kampfjet im syrisch-türkischen Grenzgebiet abgeschossen hatte.
    Dabei bleibt es nun weitgehend, wie auch das Verbot, türkische Tomaten nach Russland einzuführen – wohingegen zum Beispiel Nelken, Brokkoli und Zitrusfrüchte aus der Türkei wieder in russischen Supermärkten erhältlich sein sollen. Erdogan über seine Wunschliste, die erst einmal eine solche bleibt:
    "Wir wünschen, wir erwarten, dass Russland die wirtschaftlichen Begrenzungen vollständig aufhebt, die es im Verhältnis zu unserem Land aufrechterhält. Außerdem erwarten wir, dass Russland seine Entscheidung über visafreies Reisen überdenkt."
    Zweites großes Thema: Syrien
    Putin erwiderte, daran arbeite man und wolle die Geheimdienste besser miteinander verzahnen. Das gelte auch für das zweite große gemeinsame Thema: Syrien.
    "Unsere Sicherheitsdienste wirken sehr eng zusammen. Und wir wollen diese Kooperation weiter ausbauen. Wir wissen, wie kompliziert die Situation in der Region ist. Und wir werden alles tun, was wir können, um alle diese Probleme zu lösen."
    Sowohl Putin als auch Erdogan betonten: Auf der Landkarte im Nahen Osten werden keine neuen Staaten eingezeichnet. Der türkische Präsident:
    "In erster Linie ist es unsere Aufgabe, die territoriale Integrität Syriens und des Iraks zu erhalten. Mit der Aufteilung dieser Territorien können wir uns nicht abfinden."
    Umgang mit Assad wurde nicht besprochen
    Ähnlich äußerte sich Putin. Daran ist die gemeinsame Auffassung zu erkennen, den Kurden in Syrien und im Irak keinen eigenständigen Staat zuzugestehen. Welchen Status sie aber haben werden, dazu gab es weder von Erdogan noch von Putin einen Kommentar. Die neben dem Status der Kurden zweite Streitfrage, die Zukunft Assads, sprachen beide ebenfalls nicht an. Russland betrachtet Assad als Partner, Ankara will Syrien ohne ihn neu ordnen.
    Angesichts der wenigen greifbaren Ergebnisse des in Moskau mit großem medialen Aufwand begleiteten Besuchs Erdogans bleibt dieses Fazit: Russland ist den Wünschen der Türkei nur in geringem Maß entgegengekommen. Bis zur tatsächlichen Normalisierung haben beide Länder noch eine Wegstrecke vor sich.