Doris Schäfer-Noske: 3D-Filme gucken, das war früher was für Adrenalinjunkies, also für Leute, die gerne Loopingachterbahnen fahren oder Bungee springen. Man fühlte sich auf hohe Geschwindigkeiten gebracht, herumgeschleudert, in den Abgrund fallen gelassen oder vor entgegenkommenden Dingen bedroht. Nun setzen aber auch berühmte Filmemacher wie James Cameron oder Steven Spielberg auf die dreidimensionale Technik, und nachdem die 3D-Filme "Avatar", "Ice Age 3" oder "Oben" satte Gewinne an den Kinokassen einspielten, sagen viele: Das Kinojahr 2010 wird dreidimensional. Rund ein Dutzend 3D-Filme sind auch schon für dieses Jahr angekündigt, zum Beispiel der vierte Teil der "Shrek"-Reihe. Frage an meinen Kollegen Josef Schnelle, Herr Schnelle, wie kommt das denn: Ist die Technik jetzt so weit, dass sich da ein neuer Trend durchsetzen kann?
Josef Schnelle: Ja, die Aufnahmetechnik hat sich verändert. Für "Avatar" hat James Cameron ja eine virtuelle Kamera entwickelt, also, man kann dann digital einen Raum erfinden und die Kamera kann sich darin, als gäbe es sie wirklich, frei bewegen. Und das gibt natürlich eine Freiheit, die das 3D-Erlebnis ganz besonders machen. Das Verfahren ist eigentlich schon ein älteres Verfahren, das arbeitet - im Unterschied zu diesem Zweifarb-Verfahren mit Rot und Grün - mit einem Polarisationsfilter. Das heißt, es werden auch zwei Bilder projiziert und die sind leicht voneinander entfernt, und dieses Verfahren ist sehr viel schonender für die Augen. Aber das ist wieder der Nachteil mit der Brille, und das wirkt sich natürlich beim Kinokonsum aus.
Schäfer-Noske: Dann kommt ja auch noch dazu, dass das 3D-Kino normalerweise sehr viel teurer ist als das herkömmliche.
Schnelle: Also, jetzt dieser Preisaufschlag - dass man quasi die Brille mitbezahlt und man kann sie zurückgeben, kann sie aber auch behalten -, das ist bis zu vier Euro teurer. Das ist eine ganze Menge für so eine Kinokarte. Das ist auch so ein Trick, um diese wahnsinnigen Einspielergebnisse auch zustande zu bringen.
Schäfer-Noske: Für die Kinos ist ja auch die Umrüstung sehr teuer. Wer profitiert denn dann hauptsächlich davon, wenn sich die 3D-Technik durchsetzen sollte?
Schnelle: Ja, umgerüstet werden muss auf digitale Projektion, das geht mit einer 35-mm-Kopie nicht. Also es können nur Kinos, die eine digitale Projektion haben. Und es wird gemunkelt, dass dieser ganze 3D-Rummel auch ein bisschen dazu ausgenutzt wird, die Kinos zu motivieren, digitale Projektoren anzuschaffen. Die sind ja teuer und bringen dem Kino - abgesehen von diesem Aufpreis - erst mal nichts. Sie bringen allerdings dem Verleiher sehr viel, denn er muss keine Kopien mehr herstellen. Das Kino kann schon auch ein bisschen profitieren, indem man flexibler sein kann, wenn man mehrere Kinos hat, in wie vielen Kinos man einen erfolgreichen Film jetzt weiterspielt. Da muss man keine Extrakopien anfordern. Aber dieser digitale Rollout, der nicht so richtig in Gang gekommen ist, von der Bundesregierung jetzt unterstützt wird - also, die Kinos können sich da kostenlose Darlehen holen, um digitale Projektoren anzuschaffen -, jetzt glaubt man, dass durch diesen 3D-Effekt auch der so ein bisschen schneller kommt und dass sich mehr Kinos dazu entschließen, das zu machen.
Schäfer-Noske: Wie weit ist denn das Ganze schon in den USA?
Schnelle: In Deutschland gibt es, wenn ich mal eine Zahl liefern darf, von den 5000 Kinos in Deutschland können etwa 200 3D projizieren: Es schwankt ein bisschen, die Zahl, 80 bis 200, man weiß es nicht genau. In Amerika sind das 1000 Kinos von natürlich doch 20.000 Kinos. An sich ist es für den normalen Kinobesucher auch relativ uninteressant, ob es eine 35-mm-Kopie ist oder eine digitale. Die digitale Projektion ist bestenfalls genauso gut wie die 35-mm-Ausstrahlung. Und das ist natürlich klar, dass das jetzt nicht - wie zum Beispiel bei der Einführung des Tonfilms oder bei der Einführung des Farbfilms - zusätzliche Zuschauermassen ins Kino bringt.
Schäfer-Noske: Es ist also keine solche Revolution, wie es das damals gab, als der Farbfilm den Schwarz-Weiß-Film zum Beispiel abgelöst hat. Aber wozu wird denn dieser Trend jetzt führen?
Schnelle: Es wird dazu führen, dass das Kino wieder ein bisschen zum Erlebnisraum wird. Es gab ja in diesem Jahr auf der ganzen Welt so viele Kinobesucher wie noch nie. Der Trend ist einfach, dass man das ganze Kinoerlebnis - vom Popcornverkauf bis zur Diskussion danach in der Kneipe, die zum Kino gehört - sehr viel mehr als so einen geschlossenen Abend betrachtet, wie man das bisher gemacht hat, wo man eigentlich nur reingegangen ist, um den Film zu sehen.
Schäfer-Noske: Aber es eignet sich ja auch wahrscheinlich gar nicht für alle Filme, diese 3D-Technik, oder?
Schnelle: Nein, das ist eigentlich mehr ein Verfahren für aufwendige Mainstream-Filme und das sind oft sehr flache Geschichten. Man hat dann manchmal den Eindruck, für die Geschichten war dann kein Geld mehr übrig. Ich meine, "Alice im Wunderland" von Tim Burten, da erwartet man schon eine Menge von, wenn man ein bisschen an die Geschichte denkt, Alice im Wunderland, wo man ins Mauseloch verschwindet, da kann man sich schon vorstellen, dass sich das sehr gut eignet dafür. Und es gibt ja auch jetzt erste ernsthafte Versuche, so einen Autorenfilm zu drehen von dem Wim Wenders, der dreht "Pina", das ist ein Projekt mit der Pina-Bausch-Kompanie, und da wird im 3D-Verfahren Tanz vorgeführt.
Schäfer-Noske: James Cameron ist ja überzeugt, dass sich die 3D-Technik bald auch im Fernsehen durchsetzen wird, zum Beispiel bei Fußballübertragungen. Was halten Sie denn davon?
Schnelle: Es gibt ja erste Versuche und es sollen bei diesen Elektronikmessen, die jetzt gerade starten, auch erste 3D-Fernseher vorgeführt werden. Die müssen natürlich dann auch höchst digital sein, also HDTV-Verfahren. Ich habe aber auch gehört, dass es bei der WM in Südafrika schon einige Spiele geben wird, die im Testverfahren von einer japanischen Firma mit solchen Techniken aufgezeichnet werden, sodass man dann da möglicherweise auch ein 3D-Erlebnis haben wird. Es waren ja immer Sportereignisse, die Vorreiter waren für mediale Revolutionen, also, das Fernsehen, das Farbfernsehen, das hat sich alles ja über Sportereignisse vermittelt. Das ist der große Motivator und Anreiz, sich dann die neue Technologie zu kaufen.
Josef Schnelle: Ja, die Aufnahmetechnik hat sich verändert. Für "Avatar" hat James Cameron ja eine virtuelle Kamera entwickelt, also, man kann dann digital einen Raum erfinden und die Kamera kann sich darin, als gäbe es sie wirklich, frei bewegen. Und das gibt natürlich eine Freiheit, die das 3D-Erlebnis ganz besonders machen. Das Verfahren ist eigentlich schon ein älteres Verfahren, das arbeitet - im Unterschied zu diesem Zweifarb-Verfahren mit Rot und Grün - mit einem Polarisationsfilter. Das heißt, es werden auch zwei Bilder projiziert und die sind leicht voneinander entfernt, und dieses Verfahren ist sehr viel schonender für die Augen. Aber das ist wieder der Nachteil mit der Brille, und das wirkt sich natürlich beim Kinokonsum aus.
Schäfer-Noske: Dann kommt ja auch noch dazu, dass das 3D-Kino normalerweise sehr viel teurer ist als das herkömmliche.
Schnelle: Also, jetzt dieser Preisaufschlag - dass man quasi die Brille mitbezahlt und man kann sie zurückgeben, kann sie aber auch behalten -, das ist bis zu vier Euro teurer. Das ist eine ganze Menge für so eine Kinokarte. Das ist auch so ein Trick, um diese wahnsinnigen Einspielergebnisse auch zustande zu bringen.
Schäfer-Noske: Für die Kinos ist ja auch die Umrüstung sehr teuer. Wer profitiert denn dann hauptsächlich davon, wenn sich die 3D-Technik durchsetzen sollte?
Schnelle: Ja, umgerüstet werden muss auf digitale Projektion, das geht mit einer 35-mm-Kopie nicht. Also es können nur Kinos, die eine digitale Projektion haben. Und es wird gemunkelt, dass dieser ganze 3D-Rummel auch ein bisschen dazu ausgenutzt wird, die Kinos zu motivieren, digitale Projektoren anzuschaffen. Die sind ja teuer und bringen dem Kino - abgesehen von diesem Aufpreis - erst mal nichts. Sie bringen allerdings dem Verleiher sehr viel, denn er muss keine Kopien mehr herstellen. Das Kino kann schon auch ein bisschen profitieren, indem man flexibler sein kann, wenn man mehrere Kinos hat, in wie vielen Kinos man einen erfolgreichen Film jetzt weiterspielt. Da muss man keine Extrakopien anfordern. Aber dieser digitale Rollout, der nicht so richtig in Gang gekommen ist, von der Bundesregierung jetzt unterstützt wird - also, die Kinos können sich da kostenlose Darlehen holen, um digitale Projektoren anzuschaffen -, jetzt glaubt man, dass durch diesen 3D-Effekt auch der so ein bisschen schneller kommt und dass sich mehr Kinos dazu entschließen, das zu machen.
Schäfer-Noske: Wie weit ist denn das Ganze schon in den USA?
Schnelle: In Deutschland gibt es, wenn ich mal eine Zahl liefern darf, von den 5000 Kinos in Deutschland können etwa 200 3D projizieren: Es schwankt ein bisschen, die Zahl, 80 bis 200, man weiß es nicht genau. In Amerika sind das 1000 Kinos von natürlich doch 20.000 Kinos. An sich ist es für den normalen Kinobesucher auch relativ uninteressant, ob es eine 35-mm-Kopie ist oder eine digitale. Die digitale Projektion ist bestenfalls genauso gut wie die 35-mm-Ausstrahlung. Und das ist natürlich klar, dass das jetzt nicht - wie zum Beispiel bei der Einführung des Tonfilms oder bei der Einführung des Farbfilms - zusätzliche Zuschauermassen ins Kino bringt.
Schäfer-Noske: Es ist also keine solche Revolution, wie es das damals gab, als der Farbfilm den Schwarz-Weiß-Film zum Beispiel abgelöst hat. Aber wozu wird denn dieser Trend jetzt führen?
Schnelle: Es wird dazu führen, dass das Kino wieder ein bisschen zum Erlebnisraum wird. Es gab ja in diesem Jahr auf der ganzen Welt so viele Kinobesucher wie noch nie. Der Trend ist einfach, dass man das ganze Kinoerlebnis - vom Popcornverkauf bis zur Diskussion danach in der Kneipe, die zum Kino gehört - sehr viel mehr als so einen geschlossenen Abend betrachtet, wie man das bisher gemacht hat, wo man eigentlich nur reingegangen ist, um den Film zu sehen.
Schäfer-Noske: Aber es eignet sich ja auch wahrscheinlich gar nicht für alle Filme, diese 3D-Technik, oder?
Schnelle: Nein, das ist eigentlich mehr ein Verfahren für aufwendige Mainstream-Filme und das sind oft sehr flache Geschichten. Man hat dann manchmal den Eindruck, für die Geschichten war dann kein Geld mehr übrig. Ich meine, "Alice im Wunderland" von Tim Burten, da erwartet man schon eine Menge von, wenn man ein bisschen an die Geschichte denkt, Alice im Wunderland, wo man ins Mauseloch verschwindet, da kann man sich schon vorstellen, dass sich das sehr gut eignet dafür. Und es gibt ja auch jetzt erste ernsthafte Versuche, so einen Autorenfilm zu drehen von dem Wim Wenders, der dreht "Pina", das ist ein Projekt mit der Pina-Bausch-Kompanie, und da wird im 3D-Verfahren Tanz vorgeführt.
Schäfer-Noske: James Cameron ist ja überzeugt, dass sich die 3D-Technik bald auch im Fernsehen durchsetzen wird, zum Beispiel bei Fußballübertragungen. Was halten Sie denn davon?
Schnelle: Es gibt ja erste Versuche und es sollen bei diesen Elektronikmessen, die jetzt gerade starten, auch erste 3D-Fernseher vorgeführt werden. Die müssen natürlich dann auch höchst digital sein, also HDTV-Verfahren. Ich habe aber auch gehört, dass es bei der WM in Südafrika schon einige Spiele geben wird, die im Testverfahren von einer japanischen Firma mit solchen Techniken aufgezeichnet werden, sodass man dann da möglicherweise auch ein 3D-Erlebnis haben wird. Es waren ja immer Sportereignisse, die Vorreiter waren für mediale Revolutionen, also, das Fernsehen, das Farbfernsehen, das hat sich alles ja über Sportereignisse vermittelt. Das ist der große Motivator und Anreiz, sich dann die neue Technologie zu kaufen.