Einkaufen macht Freude - wenn die Preise stimmen. Und die stimmen - bei uns im Hyper-Markt. Schauen Sie doch mal in das Gen-Regal. Popcorn aus der Genküche, weil es lecker schmeckt.
Seit dem 1. April 2004 dürfen in Deutschland Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Pflanzen offiziell verkauft werden. Sie müssen allerdings gekennzeichnet sein. Dennoch sind sie bisher nicht im Handel aufgetaucht. Die Hersteller befürchten, dass die Verbraucher die neuen Produkte ablehnen. Wer offen zugibt, genmanipulierte Pflanzen zu verarbeiten, muss mit erheblichen Einnahmeeinbußen rechnen.
Noch im Jahr 2004 sollen in ganz Europa Regelungen zum Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Kraft treten. Das fordert die EU-Kommission in Brüssel. Diese Regelungen sollen das Nebeneinander von Gentechnik, konventioneller und Öko-Landwirtschaft organisieren: die so genannte Koexistenz. So soll gewährleistet werden, dass alle Landwirtschaftsformen sicher planen können: Der Öko-Bauer, der konventionelle und auch der Gentech-Landwirt.
Die Bundesregierung hat bereits eine Gesetzesvorlage erarbeitet, die bis September 2004 verabschiedet werden sollte. Aber der Bundesrat lehnte ab, und auch der Vermittlungsausschuss fand keine Einigung.
Die Diskussion geht weiter.
Koexistenz ist keine Frage der Sicherheit, sondern ausschließlich eine Frage der Information des Verbrauchers.
Joachim Schiemann. Er ist Fachmann für Biosicherheit bei der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Braunschweig - und Präsident der internationalen Gesellschaft für Biosicherheitsforschung.
Das heißt in Europa haben wir einen Schwellenwert von 0,9 Prozent. Wenn die Produkte diesen Schwellenwert überschreiten, müssen sie gekennzeichnet werden. Wenn sie diesen Schwellenwert unterschreiten, ohne dass bewusst Gentechnik eingesetzt wurde, müssen sie nicht gekennzeichnet werden.
Höchstens 0,9 Prozent des Erbgutes, das in jedem pflanzlichen Produkt enthalten ist, darf also künstlich eingeschleuste Gene besitzen. Das ist weniger als ein Hundertstel. Ist es mehr, muss die Ware als "genmanipuliert" gekennzeichnet werden.
Viele Verbraucher wollen aber nicht nur Nahrung, die zu 99,1 Prozent frei ist von Gentechnik. Sie wollen absolut gentechnikfreie Ware. Das gilt insbesondere für Kunden des Ökolandbaus. Ökolandwirte fordern deshalb: null Toleranz.
Das bedeutet: Bauern, die gentechnisches Saatgut nutzen, müssten dafür sorgen, dass kein verändertes Erbgut auf die Nachbaräcker gelangt. Schiemann:
Null Toleranz ist prinzipiell nicht realistisch. Dann müsste man auf die Anwendung dieser Technologie verzichten. Landwirtschaft ist ein biologischer, offener Prozess. Gene fliegen nun einmal herum. Sie werden durch Pollen verbreitet, oder durch Samen oder andere Vermischungen, was nicht nur für gentechnisch veränderte Pflanzen zutrifft, sondern selbstverständlich für alle Pflanzen.
Wenn Pflanzen wachsen, teilen sich ihre Zellen. Damit vermehren sich auch ihre Erbanlagen: die Gene. Als Pollen oder Samen können sie sich über größere Flächen verbreiten. Dafür sorgen Wind und Insekten.
Zum Beispiel: Bienen.
Wenn ich meine Bienen an einem Bienenstand aufstelle, kann ich davon ausgehen, dass sie mindestens drei Kilometer weit dieses Gebiet befliegen, um Quellen von Pollen und Nektar zu finden. Das entspricht einem Gebiet von etwa 30 Quadratkilometern.
Walter Haefeker arbeitet hauptberuflich als Imker in Seeshaupt in Bayern. Auf die Gentechnik in der Landwirtschaft würden er und seine Kollegen gern verzichten.
Er befürchtet: Jeder Bienenstock könnte in Zukunft zu einer Art Genbörse für künstlich eingeschleuste Gene werden.
Wenn es ein gutes Trachtangebot gibt, ist am Flugloch selbst ein großes Gedränge von Bienen, die kommen und gehen. Und dabei wird direkt Pollen von der Biene, die herein fliegt, die vielleicht von Feld A kommt, auf die Biene, die zu Feld B unterwegs ist übertragen. Und dann auch im Bienenstock selber findet eine Übertragung von Pollen statt.
Vor allem aber fürchten die Imker, dass ihre Produkte den guten Ruf als reines Naturprodukt verlieren.
Wenn nur ein Landwirt auf 30 Quadratkilometern Fläche gentechnisch veränderte Pflanzen anbaut, dann gelangen die eingeschleusten Gene mit dem Pollen auch in den Honig. Wie groß die Menge ist, müsste durch aufwendige Analysen geklärt werden.
Für Honig gilt die gleiche Regelung, wie für Fleisch von Tieren, die mit genveränderten, so genannten transgenen Pflanzen gemästet wurden. Der Honig und das Fleisch müssen nicht gekennzeichnet werden. Untersuchungen finden deshalb zur Zeit nicht statt. Leidtragender ist der uninformierte Verbraucher, meint Walter Haefeker.
Als sich die verschiedenen Gesetzgeber in Europa und auch in Deutschland Gedanken um die Koexistenz gemacht haben, haben sie die Bienen schlicht und ergreifend vergessen. Die ganzen Koexistenzregeln werden bei Bienenweidepflanzen zwischen den Pflanzen nicht funktionieren und bei Bienenprodukten funktioniert es auch nicht. Das heißt: Es gibt keine Wahlfreiheit beim Verbraucher beim Honig und anderen Bienenprodukten, weil niemand nach den jetzigen Spielregeln wissen kann: Ist die Gentechnik jetzt im Honig drin oder nicht?
Das gilt im Grunde schon heute. Im Sommer 2004 wurde in einigen Bundesländern probeweise gentechnisch veränderter Mais angebaut. 30 Betriebe säten auf 300 Hektar den in Europa neu zugelassen BT-Mais MON 810 aus. Das sind 0,02 Prozent der deutschen Maisanbaufläche. Also: auf einem von 5 000 Feldern steht heute schon genmanipulierter Mais, der an Tiere verfüttert wird.
Und auch den Bienen dient er als Nahrung.
Wir haben jetzt zum Beispiel in Bayern das Problem, dass gentechnisch veränderter Mais angebaut wird, ohne dass die Flächen bekannt gegeben werden, wo dieser Anbau stattfindet. Sie werden geheim gehalten. Wir als Imker haben dagegen geklagt, weil wir in diesem Jahr nicht mal ausweichen könnten, wenn wir wollten. Es sind ja nur wenig Flächen. Wenn wir wüssten, wo die sind, könnten wir mit unseren Bienen woanders hingehen und den Eintrag von gentechnisch veränderten Pollen vermeiden. Aber die bayerische Staatsregierung hält diese Flächen geheim. Also weiß ich im Moment nicht, ob ich Gentechnik in meinem Honig drin habe oder nicht, und das ist ein unerträglicher Zustand.
Es soll aber auch einige wenige Menschen geben, die transgenen Nahrungsmitteln den Vorzug geben würden. Unter ihnen so mancher Wissenschaftler.
In Mitteleuropa wird die Pflanzenbiotechnologie zu ökologisch verträglicheren Produktionsverfahren führen und zu gesünderen Nahrungsmitteln.
Lothar Willmitzer, Direktor am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Golm bei Potsdam. Er sieht die gute Position der deutschen Pflanzenforscher und Pflanzenzüchter in Gefahr, wenn nicht auch in Deutschland genveränderte Pflanzen angebaut werden.
Im Bereich der Pflanzenwissenschaften gehört Deutschland zu den drei bis vier führenden Nationen weltweit. Es ist unbestritten, dass allein aufgrund der Masse die USA führend ist, danach würde ich Länder wie England und Deutschland auf den nächsten Plätzen nennen.
Dem Spitzenforscher will es nicht in den Kopf, dass die Gesellschaft die Früchte seiner Arbeit nicht nutzen will.
So zum Beispiel die Kartoffel, deren Stärkezusammensetzung verändert wurde.
Stärke ist ein Stoff, der in Kartoffeln, aber auch in Mais enthalten ist. Er wird oft aus diesen Pflanzen extrahiert und in verschiedenen Bereichen angewendet: das reicht vom Tapetenkleister bis zum Bindungsmittel für Grillkohle oder Bindungsmittel in Suppen. Dafür wird diese Stärke chemisch und physikalisch verändert. Wir haben uns gefragt: wenn es uns gelingen würde, die Stärke in den Pflanzen durch die Veränderung von Aktivitäten von Genen in den Pflanzen zu verändern, könnten wir einen Teil der chemischen und physikalischen Behandlung reduzieren. Das ist tatsächlich gelungen. Wenn Sie diesen Prozess im Sinne einer Ökobilanz bewerten, ist es klar, dass sie eine Reduktion von Chemie, damit eine Reduktion von Abfall und Energie-Input letztlich eine positive Öko-Bilanz haben. Das ist nur ein ganz kleines Beispiel.
Solche Kartoffeln lassen sich ohne Gentechnik nicht züchten. Ähnliches gilt für Pflanzen mit verändertem Eiweiß- oder Fettgehalt.
Zur Zeit aber dreht sich in Deutschland alles um den BT-Mais. In den USA wird er bereits seit vielen Jahren angebaut, und Anfang 2004 wurde er von der Europäischen Union zugelassen.
Der BT-Mais trägt in seinen Zellen ein Gen des Bakteriums Bacillus Thuringensis. Damit produziert er einen Giftstoff, der Insekten tötet, die sich an seinen Zellen zu schaffen machen. Die Genveränderung schützt den Mais vor Schädlingen, und es müssen keine oder weniger Insektizide gespritzt werden.
Nachdem die deutschen Regelungen zur Koexistenz in Kraft getreten sind, könnte dieser Mais auch hierzulande flächendeckend angebaut werden. Aber das wird kaum jemand riskieren, glaubt Lothar Willmitzer. Denn das von der Bundesregierung geplante Gesetz bürdet dem Gentech-Landwirt allein das wirtschaftliche Risiko auf.
Es soll eine verursacherunabhängige Gesamthaftung eingeführt werden. Das bedeutet: Wenn ein Öko-Landbau in seinen Produkten gentechnisch veränderte Pflanzen findet, und er als Konsequenz der Meinung ist, dass er seine Öko-Pflanzen nicht mehr verkaufen kann, alle Landwirte in der Umgebung, unabhängig ob sie tatsächlich verantwortlich sind oder nicht, in Haftung genommen werden. Das ist ungefähr das gleiche, als wenn ein Mercedes einen Unfall baut und alle Leute, die im Umkreis von 500 Kilometern Mercedes fahren, in Haftung genommen werden. Das geht einfach nicht. Auf dieses Risiko wird sich kein Landwirt einlassen. Es muss eine klar verursacherabhängige Haftung, wie in allen anderen Bereichen unserer Gesellschaft, eingeführt werden. Das sieht gegenwärtig nicht so aus. Es sieht so aus, dass die Bundesregierung unter Federführung von Frau Künast dieses so einführen wird. Und dann kann man klar voraussagen: Das wird das Ende der Pflanzenbiotechnologie in Deutschland sein.
Koexistenz-Regeln müssen allen Landwirtschaftsformen Sicherheit geben, fordert Lothar Willmitzer. Auch den Gentech-Bauern.
Wenn wir von Wahlfreiheit des Konsumenten sprechen, dann möchte ich eben gentechnisch veränderte Pflanzen auch als Nahrungsmittel beziehen können. Und etwa 35 Prozent der Bevölkerung wollen das auch. 65 Prozent wollen es nicht. Das heißt, wenn ich hier Wahlfreiheit ernst nehme, muss ich auch diesen 35 Prozent ihre Wahlfreiheit lassen. Das ist gegenwärtig nicht der Fall.
Gene statt Gift. Hyper-Markt kümmert sich um die Umwelt. Und Sie können dabei helfen. Kaufen Sie Gen-Mais, angebaut ohne Insektizide. Am besten jetzt gleich.
Amann:
Jetzt hat sogar die Biologie ihre Unschuld verloren und greift in alle Lebensbereiche ein. Über Medikamente, über die Nahrung. Ein Normalbürger, der da nicht eine Grundbesorgnis hat, der ist ja einfach blöde. Oder?
Klaus Amann, Ökologieprofessor, Leiter des Botanischen Gartens der Universität Bern und seit einigen Jahren: Kämpfer für Ökologie - und für Gentechnik. Ein Widerspruch?
Die Artenvielfalt ist gefährdet durch eine konventionelle Landwirtschaft. Das ist ganz massiv der Fall. Und in meinen Augen gibt es keine andere Lösung, als dass wir die Landwirtschaft stärker ökologisieren.
Mehr Ökologie und gleichzeitig höhere Erträge - das ist nach Ansicht von Klaus Amann kein Gegensatz. Manchmal lässt sich das durch Öko-Landbau verwirklichen. Mehr Aussicht auf Erfolg verspricht seiner Ansicht nach die Gentechnik.
Er selbst hat lange Zeit nach ökologischen Nebenwirkungen genmanipulierter Pflanzen gesucht, und diese Sicherheitsforschung machte aus dem Zweifler einen engagierten Verfechter der Gentechnik.
In Europa sind wir in einer geradezu unakzeptablen Weise fokussiert auf Risiken. Wir sind eine "risk-minded society" geworden. Eine risiko-verliebte Gesellschaft, so kann man es sagen. Wir müssen lernen, die Chancen gegen die Risiken abzuwägen. Und, weiß Gott, bei den Gentech-Pflanzen haben wir jetzt zwölf Jahre Zeit gehabt, um in Tausenden von Studien in Lebensmitteln und in der Umwelt zu sehen, dass die Risiken nur ein vertretbares Ausmaß haben, nämlich absolut minimal.
Ein sechsjähriges Forschungsprogramm der EU kam zu dem Ergebnis, dass es keine ökologischen Folgen gibt, die direkt durch Gentechnik ausgelöst werden. Gefunden wurden hingegen zahlreiche Einflüsse auf die Artenzusammensetzung in Ökosystemen, ausgelöst durch gentechnisch veränderte Pflanzen.
Das ist kein Widerspruch, zeigt das Beispiel BT-Mais: Indem der BT-Mais die Schädlinge tötet, verändert er die Artenzusammensetzung im Ökosystem. Auch Nützlinge, die die Schädlinge fressen, können betroffen sein, weil sie weniger Nahrung finden.
Diese Einflüsse müssen, so das Fazit des Forschungsprogramms, einzeln für jedes eingeschleuste Gen begutachtet werden. Meist fallen die Veränderungen allerdings geringer aus als beim Spritzen von Pestiziden.
Auch Auswirkungen von genveränderten Nahrungsmitteln auf die Gesundheit wurden häufig untersucht. In der Regel durch Tierversuche. Einige deuteten zunächst auf unbekannte Risiken hin, wie eine oft von Gentechnikgegnern zitierte Arbeit von Arpad Puztai aus Edinburgh. Bei seinen Tierversuchen waren Ratten durch den Verzehr großer Mengen genveränderter Kartoffeln zu Schaden gekommen. Die Ergebnisse konnten aber bislang trotz mehrerer Versuche von anderen Forschern nicht bestätigt werden.
Auch hier gilt also: Ob Folgen für die Gesundheit zu erwarten sind, hängt von der jeweiligen genetischen Veränderung ab. Deshalb muss jede genmanipulierte Pflanze neu untersucht werden.
Zum Beispiel: Eine neue Sorte genveränderter Bt-Mais. Er sollte als Futtermittel zugelassen werden.
Hersteller: die Firma Monsanto. Name: MON 863.
Bei Untersuchungen der Firma zeigte sich bei männlichen Ratten eine erhöhte Zahl weißer Blutkörperchen. Ein Hinweis auf eine Entzündung. Französische Behörden stoppten daraufhin zunächst die Zulassung, erlaubten sie dann aber doch. Der Verdacht einer Entzündung, verursacht durch den genmanipulierten Mais, konnte nicht bestätigt werden, hieß es.
Ich bin es langsam leid, immer wieder diese BT-Forschungsprojekte begutachten zu müssen, ... wo immer noch dasselbe Bild gezeichnet wird, oder? Das Ding ist gefährlich, und wir müssen noch weitere Forschung machen.
Jetzt gibt es immer noch solche Studien. Man malt den Teufel an die Wand in gewissen Forschungskreisen, damit man weiter Forschungsgelder kriegt.
Einen ganz anderen Forschungsansatz verfolgte das Umweltbundesamt in Österreich.
Was sind die möglichen Alternativen zum Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen?
Helmut Gaugitsch, Agrarwissenschaftler beim Umweltbundesamt in Wien. Als Beamter ist er neutral, aber skeptisch.
Brauchen wir gentechnisch veränderte Pflanzen überhaupt? Was sind die Methoden, die bisher schon vorliegen oder die in der Zukunft noch entwickelt werden können, die angewendet werden können, wenn man nachhaltige Landwirtschaft betreiben möchte?
Fünf Beispiele erfolgreicher Gentech-Pflanzen haben Helmut Gaugitsch und seine Kollegen ausgewählt und dann in der Literatur nach Alternativen zur Gentechnik gesucht. Erstes Beispiel auch hier: der BT-Mais.
Der Gentechnik-Mais wehrt sich erfolgreich gegen Schädlinge wie den "Maiszünsler".
Vorweg muss man sich ansehen: Ist der Maiszünsler in der jeweiligen Region, an den Standorten um die es geht, überhaupt ein Problem? Das wird zu wenig gemacht. Wir haben zum Beispiel in Österreich die Situation, dass der Maiszünsler nur in wenigen Regionen zu vernachlässigbaren Ernteausfällen führt.
Sollte der Maiszünsler zum Problem werden, dann gibt es nicht nur Gentechnik oder Giftspritze. Es stehen dem Landwirt eine Reihe von Vorbeuge- und Abwehrmaßnahmen zur Verfügung.
Es gibt die landwirtschaftliche Praxis des Abschlegelns, des Einackerns und des Häckselns. Wenn das gut gemacht ist, kann man damit das Maiszünsler-Problem sehr gut reduzieren, beziehungsweise überhaupt vermeiden.
Die nach der Ernte auf dem Acker liegenden Pflanzenreste arbeitet der Landwirt in den Boden ein. Der Schädling kommt dort nicht an sie heran und kann sich nicht vermehren.
Die Fruchtfolge ist ein ganz wichtiger Aspekt. Der Maiszünsler wird dann zum Problem, wenn ich in mehreren Jahren immer wieder Mais anbaue, dann kann sich die Population, die Menge der Schadinsekten, erst so richtig aufbauen. Wenn ich versuche, das mit einer gesunden Fruchtfolge zu vermeiden, dann ist schon viel getan.
Ein Landwirt, der ohne Gentechnik und ohne Pestizide auskommen will, darf sich nicht so viele Fehler erlauben, so Helmut Gaugitsch. Seiner Meinung nach ist eine gute Ausbildung für alle Landwirte die beste Voraussetzung, wenn man weiterhin ohne Gentechnik Landwirtschaft betreiben möchte. Nachhaltig und ökologisch verträglich.
Helmut Gaugitschs Fazit: Der gut informierte Landwirt braucht keine Gentechnik. Er kann die gleichen Ziele - Pflanzenschutz, Ertrag und Umweltverträglichkeit - mit konventionellen Mitteln erreichen.
Ob er die gleichen Einnahmen erzielen kann und ob er mit der gleichen Anzahl von Arbeitsstunden auskommt, das haben die Experten vom Umweltbundesamt in Wien nicht errechnet.
Das alles gilt für Mitteleuropa. Anderswo gibt es ganz andere Probleme.
Wenn Sie, wie ich das mache, seit 25 Jahren gegen den Strom schwimmen, dann ist das ermüdend
Ingo Potrykus. Emeritierter Professor an der Universität Basel und einer der Entwickler des Goldenen Reises.
Durch eine Genmanipulation enthält der Goldene Reis besonders viel Provitamin A, auch genannt: Beta-Carotin. Er ist deshalb geeignet, Vitamin A Mangel vorzubeugen.
Die Unterversorgung mit diesem Vitamin wird dafür verantwortlich gemacht, dass jedes Jahr etwa eine halbe Million Kinder in den armen Ländern der Welt erblinden. Einige tausend sterben jährlich an Vitamin A-Mangel.
Ingo Potrykus wollte etwas dagegen tun. Deshalb hat er in den achtziger und neunziger Jahren gemeinsam mit seinem Kollegen Peter Beyer von der Universität Freiburg den Goldenen Reis mit gentechnischen Methoden gezüchtet.
Seit einigen Jahren verfolgt Ingo Potrykus das Ziel, diesen Reis den Bedürftigen kostenlos zur Verfügung zu stellen.
Aber es gibt Probleme.
Die organisierten Gentechnikgegner haben einen phantastischen Erfolg erreicht, indem sie die Bevölkerung davon überzeugt haben, dass die transgenen Pflanzen etwas ganz gefährliches sind. Gegen jedes bessere Wissen. Und das überraschende ist, dass die Medien, die Öffentlichkeit, immer wieder auf die Behauptungen hereinfällt und die immer wieder auftauchenden, korrigierenden Berichte von unabhängigen wissenschaftlichen Kommissionen und Gremien nicht zur Kenntnis nimmt.
Für die Skepsis, die seinen Plänen auch in der dritten Welt entgegen schlägt, macht Ingo Potrykus das Sicherheitsdenken in Europa verantwortlich.
Diese europäische Extremsicht, dass eine transgene Pflanze nur freigegeben werden kann, wenn jedes nur denkbare Risiko hundertprozentig ausgeschaltet ist, was biologisch gesehen gar nicht möglich ist, die herrscht jetzt auch in den Entwicklungsländern vor. Gut. Europa lebt so gut, dass es auch ohne diese Technologie weiterleben kann, aber in den Entwicklungsländern sterben Millionen von Menschen, die unter Einsatz dieser Technologie gerettet werden könnten.
Mehrmals hat Ingo Potrykus versucht, Greenpeace und andere Umweltorganisationen vom Nutzen seiner Idee zu überzeugen. Vergeblich.
Die sehen Golden Rice als das trojanische Pferd. Und es ist wichtiger, das trojanische Pferd aus dem Land zu halten, als zu verhindern, dass 500 000 Kinder erblinden. Das ermüdet schon, aber ich bin noch nicht bereit, aufzugeben.
Afsar Jafri von der Forschungsstiftung für Wissenschaft, Technologie und Ökologie in Neu Delhi, einer Art Öko-Institut in Indien:
Es gibt ökologische Probleme und soziale Probleme, die direkt mit genveränderten Pflanzen zusammenhängen.
Wir haben genug Nahrung in Indien. Wir können ausreichend Lebensmittel für alle produzieren. Dazu brauchen wir kein genmanipuliertes Saatgut. Das führt zu Monokulturen und zur Fremdbestimmung über unser Saatgut und unser Leben. Noch gibt es Vielfalt in Indien. Wir haben die Freiheit anzubauen, was wir wollen, und zu essen, was wir wollen. Durch die Gentechnik würden wir diese Freiheit verlieren. Das wollen wir nicht, und deshalb wollen wir keine gentechnisch veränderten Pflanzen.
In einigen Regionen Indiens hat die Abhängigkeit von den großen Saatgutkonzernen Tausende Bauern bereits in den Ruin getrieben, sagt Afsar Jafri. Auch die angeblichen Vorteile des Goldenen Reises sieht er skeptisch.
In Indien gibt es einige Reissorten, die mehr Vitamin A enthalten als der Goldene Reis. Wir haben zum Beispiel den "Roten Reis" im Himalaja untersucht, und mehr Vitamin A nachgewiesen als im Goldenen Reis. Aber es gibt auch noch andere Alternativen. Viele grüne und gelbe Gemüsesorten überall auf der Welt haben hohe Vitamin A-Gehalte. Das Problem, das zur Erblindung vieler Kinder führt, ist nicht die unzureichende Pflanzenzüchtung, sondern die ungleiche Verteilung der Nahrung. Die Armen brauchen zwei vollwertige Mahlzeiten am Tag, dann wäre das Problem gelöst. Auch der Goldene Reis bringt gar nichts, wenn er die Menschen, die ihn brauchen könnten, nicht erreicht.
Probieren Sie doch mal unser Gentech-Angebot. Gesund, schmackhaft und preiswert. Und wenn nicht? Gleich daneben: unsere Öko-Abteilung. Garantiert ohne Gene.
Amann:
Die Leute haben keine Ahnung von Lebensmittelwissenschaft.
Seit dem 1. April 2004 dürfen in Deutschland Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Pflanzen offiziell verkauft werden. Sie müssen allerdings gekennzeichnet sein. Dennoch sind sie bisher nicht im Handel aufgetaucht. Die Hersteller befürchten, dass die Verbraucher die neuen Produkte ablehnen. Wer offen zugibt, genmanipulierte Pflanzen zu verarbeiten, muss mit erheblichen Einnahmeeinbußen rechnen.
Noch im Jahr 2004 sollen in ganz Europa Regelungen zum Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Kraft treten. Das fordert die EU-Kommission in Brüssel. Diese Regelungen sollen das Nebeneinander von Gentechnik, konventioneller und Öko-Landwirtschaft organisieren: die so genannte Koexistenz. So soll gewährleistet werden, dass alle Landwirtschaftsformen sicher planen können: Der Öko-Bauer, der konventionelle und auch der Gentech-Landwirt.
Die Bundesregierung hat bereits eine Gesetzesvorlage erarbeitet, die bis September 2004 verabschiedet werden sollte. Aber der Bundesrat lehnte ab, und auch der Vermittlungsausschuss fand keine Einigung.
Die Diskussion geht weiter.
Koexistenz ist keine Frage der Sicherheit, sondern ausschließlich eine Frage der Information des Verbrauchers.
Joachim Schiemann. Er ist Fachmann für Biosicherheit bei der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Braunschweig - und Präsident der internationalen Gesellschaft für Biosicherheitsforschung.
Das heißt in Europa haben wir einen Schwellenwert von 0,9 Prozent. Wenn die Produkte diesen Schwellenwert überschreiten, müssen sie gekennzeichnet werden. Wenn sie diesen Schwellenwert unterschreiten, ohne dass bewusst Gentechnik eingesetzt wurde, müssen sie nicht gekennzeichnet werden.
Höchstens 0,9 Prozent des Erbgutes, das in jedem pflanzlichen Produkt enthalten ist, darf also künstlich eingeschleuste Gene besitzen. Das ist weniger als ein Hundertstel. Ist es mehr, muss die Ware als "genmanipuliert" gekennzeichnet werden.
Viele Verbraucher wollen aber nicht nur Nahrung, die zu 99,1 Prozent frei ist von Gentechnik. Sie wollen absolut gentechnikfreie Ware. Das gilt insbesondere für Kunden des Ökolandbaus. Ökolandwirte fordern deshalb: null Toleranz.
Das bedeutet: Bauern, die gentechnisches Saatgut nutzen, müssten dafür sorgen, dass kein verändertes Erbgut auf die Nachbaräcker gelangt. Schiemann:
Null Toleranz ist prinzipiell nicht realistisch. Dann müsste man auf die Anwendung dieser Technologie verzichten. Landwirtschaft ist ein biologischer, offener Prozess. Gene fliegen nun einmal herum. Sie werden durch Pollen verbreitet, oder durch Samen oder andere Vermischungen, was nicht nur für gentechnisch veränderte Pflanzen zutrifft, sondern selbstverständlich für alle Pflanzen.
Wenn Pflanzen wachsen, teilen sich ihre Zellen. Damit vermehren sich auch ihre Erbanlagen: die Gene. Als Pollen oder Samen können sie sich über größere Flächen verbreiten. Dafür sorgen Wind und Insekten.
Zum Beispiel: Bienen.
Wenn ich meine Bienen an einem Bienenstand aufstelle, kann ich davon ausgehen, dass sie mindestens drei Kilometer weit dieses Gebiet befliegen, um Quellen von Pollen und Nektar zu finden. Das entspricht einem Gebiet von etwa 30 Quadratkilometern.
Walter Haefeker arbeitet hauptberuflich als Imker in Seeshaupt in Bayern. Auf die Gentechnik in der Landwirtschaft würden er und seine Kollegen gern verzichten.
Er befürchtet: Jeder Bienenstock könnte in Zukunft zu einer Art Genbörse für künstlich eingeschleuste Gene werden.
Wenn es ein gutes Trachtangebot gibt, ist am Flugloch selbst ein großes Gedränge von Bienen, die kommen und gehen. Und dabei wird direkt Pollen von der Biene, die herein fliegt, die vielleicht von Feld A kommt, auf die Biene, die zu Feld B unterwegs ist übertragen. Und dann auch im Bienenstock selber findet eine Übertragung von Pollen statt.
Vor allem aber fürchten die Imker, dass ihre Produkte den guten Ruf als reines Naturprodukt verlieren.
Wenn nur ein Landwirt auf 30 Quadratkilometern Fläche gentechnisch veränderte Pflanzen anbaut, dann gelangen die eingeschleusten Gene mit dem Pollen auch in den Honig. Wie groß die Menge ist, müsste durch aufwendige Analysen geklärt werden.
Für Honig gilt die gleiche Regelung, wie für Fleisch von Tieren, die mit genveränderten, so genannten transgenen Pflanzen gemästet wurden. Der Honig und das Fleisch müssen nicht gekennzeichnet werden. Untersuchungen finden deshalb zur Zeit nicht statt. Leidtragender ist der uninformierte Verbraucher, meint Walter Haefeker.
Als sich die verschiedenen Gesetzgeber in Europa und auch in Deutschland Gedanken um die Koexistenz gemacht haben, haben sie die Bienen schlicht und ergreifend vergessen. Die ganzen Koexistenzregeln werden bei Bienenweidepflanzen zwischen den Pflanzen nicht funktionieren und bei Bienenprodukten funktioniert es auch nicht. Das heißt: Es gibt keine Wahlfreiheit beim Verbraucher beim Honig und anderen Bienenprodukten, weil niemand nach den jetzigen Spielregeln wissen kann: Ist die Gentechnik jetzt im Honig drin oder nicht?
Das gilt im Grunde schon heute. Im Sommer 2004 wurde in einigen Bundesländern probeweise gentechnisch veränderter Mais angebaut. 30 Betriebe säten auf 300 Hektar den in Europa neu zugelassen BT-Mais MON 810 aus. Das sind 0,02 Prozent der deutschen Maisanbaufläche. Also: auf einem von 5 000 Feldern steht heute schon genmanipulierter Mais, der an Tiere verfüttert wird.
Und auch den Bienen dient er als Nahrung.
Wir haben jetzt zum Beispiel in Bayern das Problem, dass gentechnisch veränderter Mais angebaut wird, ohne dass die Flächen bekannt gegeben werden, wo dieser Anbau stattfindet. Sie werden geheim gehalten. Wir als Imker haben dagegen geklagt, weil wir in diesem Jahr nicht mal ausweichen könnten, wenn wir wollten. Es sind ja nur wenig Flächen. Wenn wir wüssten, wo die sind, könnten wir mit unseren Bienen woanders hingehen und den Eintrag von gentechnisch veränderten Pollen vermeiden. Aber die bayerische Staatsregierung hält diese Flächen geheim. Also weiß ich im Moment nicht, ob ich Gentechnik in meinem Honig drin habe oder nicht, und das ist ein unerträglicher Zustand.
Es soll aber auch einige wenige Menschen geben, die transgenen Nahrungsmitteln den Vorzug geben würden. Unter ihnen so mancher Wissenschaftler.
In Mitteleuropa wird die Pflanzenbiotechnologie zu ökologisch verträglicheren Produktionsverfahren führen und zu gesünderen Nahrungsmitteln.
Lothar Willmitzer, Direktor am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Golm bei Potsdam. Er sieht die gute Position der deutschen Pflanzenforscher und Pflanzenzüchter in Gefahr, wenn nicht auch in Deutschland genveränderte Pflanzen angebaut werden.
Im Bereich der Pflanzenwissenschaften gehört Deutschland zu den drei bis vier führenden Nationen weltweit. Es ist unbestritten, dass allein aufgrund der Masse die USA führend ist, danach würde ich Länder wie England und Deutschland auf den nächsten Plätzen nennen.
Dem Spitzenforscher will es nicht in den Kopf, dass die Gesellschaft die Früchte seiner Arbeit nicht nutzen will.
So zum Beispiel die Kartoffel, deren Stärkezusammensetzung verändert wurde.
Stärke ist ein Stoff, der in Kartoffeln, aber auch in Mais enthalten ist. Er wird oft aus diesen Pflanzen extrahiert und in verschiedenen Bereichen angewendet: das reicht vom Tapetenkleister bis zum Bindungsmittel für Grillkohle oder Bindungsmittel in Suppen. Dafür wird diese Stärke chemisch und physikalisch verändert. Wir haben uns gefragt: wenn es uns gelingen würde, die Stärke in den Pflanzen durch die Veränderung von Aktivitäten von Genen in den Pflanzen zu verändern, könnten wir einen Teil der chemischen und physikalischen Behandlung reduzieren. Das ist tatsächlich gelungen. Wenn Sie diesen Prozess im Sinne einer Ökobilanz bewerten, ist es klar, dass sie eine Reduktion von Chemie, damit eine Reduktion von Abfall und Energie-Input letztlich eine positive Öko-Bilanz haben. Das ist nur ein ganz kleines Beispiel.
Solche Kartoffeln lassen sich ohne Gentechnik nicht züchten. Ähnliches gilt für Pflanzen mit verändertem Eiweiß- oder Fettgehalt.
Zur Zeit aber dreht sich in Deutschland alles um den BT-Mais. In den USA wird er bereits seit vielen Jahren angebaut, und Anfang 2004 wurde er von der Europäischen Union zugelassen.
Der BT-Mais trägt in seinen Zellen ein Gen des Bakteriums Bacillus Thuringensis. Damit produziert er einen Giftstoff, der Insekten tötet, die sich an seinen Zellen zu schaffen machen. Die Genveränderung schützt den Mais vor Schädlingen, und es müssen keine oder weniger Insektizide gespritzt werden.
Nachdem die deutschen Regelungen zur Koexistenz in Kraft getreten sind, könnte dieser Mais auch hierzulande flächendeckend angebaut werden. Aber das wird kaum jemand riskieren, glaubt Lothar Willmitzer. Denn das von der Bundesregierung geplante Gesetz bürdet dem Gentech-Landwirt allein das wirtschaftliche Risiko auf.
Es soll eine verursacherunabhängige Gesamthaftung eingeführt werden. Das bedeutet: Wenn ein Öko-Landbau in seinen Produkten gentechnisch veränderte Pflanzen findet, und er als Konsequenz der Meinung ist, dass er seine Öko-Pflanzen nicht mehr verkaufen kann, alle Landwirte in der Umgebung, unabhängig ob sie tatsächlich verantwortlich sind oder nicht, in Haftung genommen werden. Das ist ungefähr das gleiche, als wenn ein Mercedes einen Unfall baut und alle Leute, die im Umkreis von 500 Kilometern Mercedes fahren, in Haftung genommen werden. Das geht einfach nicht. Auf dieses Risiko wird sich kein Landwirt einlassen. Es muss eine klar verursacherabhängige Haftung, wie in allen anderen Bereichen unserer Gesellschaft, eingeführt werden. Das sieht gegenwärtig nicht so aus. Es sieht so aus, dass die Bundesregierung unter Federführung von Frau Künast dieses so einführen wird. Und dann kann man klar voraussagen: Das wird das Ende der Pflanzenbiotechnologie in Deutschland sein.
Koexistenz-Regeln müssen allen Landwirtschaftsformen Sicherheit geben, fordert Lothar Willmitzer. Auch den Gentech-Bauern.
Wenn wir von Wahlfreiheit des Konsumenten sprechen, dann möchte ich eben gentechnisch veränderte Pflanzen auch als Nahrungsmittel beziehen können. Und etwa 35 Prozent der Bevölkerung wollen das auch. 65 Prozent wollen es nicht. Das heißt, wenn ich hier Wahlfreiheit ernst nehme, muss ich auch diesen 35 Prozent ihre Wahlfreiheit lassen. Das ist gegenwärtig nicht der Fall.
Gene statt Gift. Hyper-Markt kümmert sich um die Umwelt. Und Sie können dabei helfen. Kaufen Sie Gen-Mais, angebaut ohne Insektizide. Am besten jetzt gleich.
Amann:
Jetzt hat sogar die Biologie ihre Unschuld verloren und greift in alle Lebensbereiche ein. Über Medikamente, über die Nahrung. Ein Normalbürger, der da nicht eine Grundbesorgnis hat, der ist ja einfach blöde. Oder?
Klaus Amann, Ökologieprofessor, Leiter des Botanischen Gartens der Universität Bern und seit einigen Jahren: Kämpfer für Ökologie - und für Gentechnik. Ein Widerspruch?
Die Artenvielfalt ist gefährdet durch eine konventionelle Landwirtschaft. Das ist ganz massiv der Fall. Und in meinen Augen gibt es keine andere Lösung, als dass wir die Landwirtschaft stärker ökologisieren.
Mehr Ökologie und gleichzeitig höhere Erträge - das ist nach Ansicht von Klaus Amann kein Gegensatz. Manchmal lässt sich das durch Öko-Landbau verwirklichen. Mehr Aussicht auf Erfolg verspricht seiner Ansicht nach die Gentechnik.
Er selbst hat lange Zeit nach ökologischen Nebenwirkungen genmanipulierter Pflanzen gesucht, und diese Sicherheitsforschung machte aus dem Zweifler einen engagierten Verfechter der Gentechnik.
In Europa sind wir in einer geradezu unakzeptablen Weise fokussiert auf Risiken. Wir sind eine "risk-minded society" geworden. Eine risiko-verliebte Gesellschaft, so kann man es sagen. Wir müssen lernen, die Chancen gegen die Risiken abzuwägen. Und, weiß Gott, bei den Gentech-Pflanzen haben wir jetzt zwölf Jahre Zeit gehabt, um in Tausenden von Studien in Lebensmitteln und in der Umwelt zu sehen, dass die Risiken nur ein vertretbares Ausmaß haben, nämlich absolut minimal.
Ein sechsjähriges Forschungsprogramm der EU kam zu dem Ergebnis, dass es keine ökologischen Folgen gibt, die direkt durch Gentechnik ausgelöst werden. Gefunden wurden hingegen zahlreiche Einflüsse auf die Artenzusammensetzung in Ökosystemen, ausgelöst durch gentechnisch veränderte Pflanzen.
Das ist kein Widerspruch, zeigt das Beispiel BT-Mais: Indem der BT-Mais die Schädlinge tötet, verändert er die Artenzusammensetzung im Ökosystem. Auch Nützlinge, die die Schädlinge fressen, können betroffen sein, weil sie weniger Nahrung finden.
Diese Einflüsse müssen, so das Fazit des Forschungsprogramms, einzeln für jedes eingeschleuste Gen begutachtet werden. Meist fallen die Veränderungen allerdings geringer aus als beim Spritzen von Pestiziden.
Auch Auswirkungen von genveränderten Nahrungsmitteln auf die Gesundheit wurden häufig untersucht. In der Regel durch Tierversuche. Einige deuteten zunächst auf unbekannte Risiken hin, wie eine oft von Gentechnikgegnern zitierte Arbeit von Arpad Puztai aus Edinburgh. Bei seinen Tierversuchen waren Ratten durch den Verzehr großer Mengen genveränderter Kartoffeln zu Schaden gekommen. Die Ergebnisse konnten aber bislang trotz mehrerer Versuche von anderen Forschern nicht bestätigt werden.
Auch hier gilt also: Ob Folgen für die Gesundheit zu erwarten sind, hängt von der jeweiligen genetischen Veränderung ab. Deshalb muss jede genmanipulierte Pflanze neu untersucht werden.
Zum Beispiel: Eine neue Sorte genveränderter Bt-Mais. Er sollte als Futtermittel zugelassen werden.
Hersteller: die Firma Monsanto. Name: MON 863.
Bei Untersuchungen der Firma zeigte sich bei männlichen Ratten eine erhöhte Zahl weißer Blutkörperchen. Ein Hinweis auf eine Entzündung. Französische Behörden stoppten daraufhin zunächst die Zulassung, erlaubten sie dann aber doch. Der Verdacht einer Entzündung, verursacht durch den genmanipulierten Mais, konnte nicht bestätigt werden, hieß es.
Ich bin es langsam leid, immer wieder diese BT-Forschungsprojekte begutachten zu müssen, ... wo immer noch dasselbe Bild gezeichnet wird, oder? Das Ding ist gefährlich, und wir müssen noch weitere Forschung machen.
Jetzt gibt es immer noch solche Studien. Man malt den Teufel an die Wand in gewissen Forschungskreisen, damit man weiter Forschungsgelder kriegt.
Einen ganz anderen Forschungsansatz verfolgte das Umweltbundesamt in Österreich.
Was sind die möglichen Alternativen zum Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen?
Helmut Gaugitsch, Agrarwissenschaftler beim Umweltbundesamt in Wien. Als Beamter ist er neutral, aber skeptisch.
Brauchen wir gentechnisch veränderte Pflanzen überhaupt? Was sind die Methoden, die bisher schon vorliegen oder die in der Zukunft noch entwickelt werden können, die angewendet werden können, wenn man nachhaltige Landwirtschaft betreiben möchte?
Fünf Beispiele erfolgreicher Gentech-Pflanzen haben Helmut Gaugitsch und seine Kollegen ausgewählt und dann in der Literatur nach Alternativen zur Gentechnik gesucht. Erstes Beispiel auch hier: der BT-Mais.
Der Gentechnik-Mais wehrt sich erfolgreich gegen Schädlinge wie den "Maiszünsler".
Vorweg muss man sich ansehen: Ist der Maiszünsler in der jeweiligen Region, an den Standorten um die es geht, überhaupt ein Problem? Das wird zu wenig gemacht. Wir haben zum Beispiel in Österreich die Situation, dass der Maiszünsler nur in wenigen Regionen zu vernachlässigbaren Ernteausfällen führt.
Sollte der Maiszünsler zum Problem werden, dann gibt es nicht nur Gentechnik oder Giftspritze. Es stehen dem Landwirt eine Reihe von Vorbeuge- und Abwehrmaßnahmen zur Verfügung.
Es gibt die landwirtschaftliche Praxis des Abschlegelns, des Einackerns und des Häckselns. Wenn das gut gemacht ist, kann man damit das Maiszünsler-Problem sehr gut reduzieren, beziehungsweise überhaupt vermeiden.
Die nach der Ernte auf dem Acker liegenden Pflanzenreste arbeitet der Landwirt in den Boden ein. Der Schädling kommt dort nicht an sie heran und kann sich nicht vermehren.
Die Fruchtfolge ist ein ganz wichtiger Aspekt. Der Maiszünsler wird dann zum Problem, wenn ich in mehreren Jahren immer wieder Mais anbaue, dann kann sich die Population, die Menge der Schadinsekten, erst so richtig aufbauen. Wenn ich versuche, das mit einer gesunden Fruchtfolge zu vermeiden, dann ist schon viel getan.
Ein Landwirt, der ohne Gentechnik und ohne Pestizide auskommen will, darf sich nicht so viele Fehler erlauben, so Helmut Gaugitsch. Seiner Meinung nach ist eine gute Ausbildung für alle Landwirte die beste Voraussetzung, wenn man weiterhin ohne Gentechnik Landwirtschaft betreiben möchte. Nachhaltig und ökologisch verträglich.
Helmut Gaugitschs Fazit: Der gut informierte Landwirt braucht keine Gentechnik. Er kann die gleichen Ziele - Pflanzenschutz, Ertrag und Umweltverträglichkeit - mit konventionellen Mitteln erreichen.
Ob er die gleichen Einnahmen erzielen kann und ob er mit der gleichen Anzahl von Arbeitsstunden auskommt, das haben die Experten vom Umweltbundesamt in Wien nicht errechnet.
Das alles gilt für Mitteleuropa. Anderswo gibt es ganz andere Probleme.
Wenn Sie, wie ich das mache, seit 25 Jahren gegen den Strom schwimmen, dann ist das ermüdend
Ingo Potrykus. Emeritierter Professor an der Universität Basel und einer der Entwickler des Goldenen Reises.
Durch eine Genmanipulation enthält der Goldene Reis besonders viel Provitamin A, auch genannt: Beta-Carotin. Er ist deshalb geeignet, Vitamin A Mangel vorzubeugen.
Die Unterversorgung mit diesem Vitamin wird dafür verantwortlich gemacht, dass jedes Jahr etwa eine halbe Million Kinder in den armen Ländern der Welt erblinden. Einige tausend sterben jährlich an Vitamin A-Mangel.
Ingo Potrykus wollte etwas dagegen tun. Deshalb hat er in den achtziger und neunziger Jahren gemeinsam mit seinem Kollegen Peter Beyer von der Universität Freiburg den Goldenen Reis mit gentechnischen Methoden gezüchtet.
Seit einigen Jahren verfolgt Ingo Potrykus das Ziel, diesen Reis den Bedürftigen kostenlos zur Verfügung zu stellen.
Aber es gibt Probleme.
Die organisierten Gentechnikgegner haben einen phantastischen Erfolg erreicht, indem sie die Bevölkerung davon überzeugt haben, dass die transgenen Pflanzen etwas ganz gefährliches sind. Gegen jedes bessere Wissen. Und das überraschende ist, dass die Medien, die Öffentlichkeit, immer wieder auf die Behauptungen hereinfällt und die immer wieder auftauchenden, korrigierenden Berichte von unabhängigen wissenschaftlichen Kommissionen und Gremien nicht zur Kenntnis nimmt.
Für die Skepsis, die seinen Plänen auch in der dritten Welt entgegen schlägt, macht Ingo Potrykus das Sicherheitsdenken in Europa verantwortlich.
Diese europäische Extremsicht, dass eine transgene Pflanze nur freigegeben werden kann, wenn jedes nur denkbare Risiko hundertprozentig ausgeschaltet ist, was biologisch gesehen gar nicht möglich ist, die herrscht jetzt auch in den Entwicklungsländern vor. Gut. Europa lebt so gut, dass es auch ohne diese Technologie weiterleben kann, aber in den Entwicklungsländern sterben Millionen von Menschen, die unter Einsatz dieser Technologie gerettet werden könnten.
Mehrmals hat Ingo Potrykus versucht, Greenpeace und andere Umweltorganisationen vom Nutzen seiner Idee zu überzeugen. Vergeblich.
Die sehen Golden Rice als das trojanische Pferd. Und es ist wichtiger, das trojanische Pferd aus dem Land zu halten, als zu verhindern, dass 500 000 Kinder erblinden. Das ermüdet schon, aber ich bin noch nicht bereit, aufzugeben.
Afsar Jafri von der Forschungsstiftung für Wissenschaft, Technologie und Ökologie in Neu Delhi, einer Art Öko-Institut in Indien:
Es gibt ökologische Probleme und soziale Probleme, die direkt mit genveränderten Pflanzen zusammenhängen.
Wir haben genug Nahrung in Indien. Wir können ausreichend Lebensmittel für alle produzieren. Dazu brauchen wir kein genmanipuliertes Saatgut. Das führt zu Monokulturen und zur Fremdbestimmung über unser Saatgut und unser Leben. Noch gibt es Vielfalt in Indien. Wir haben die Freiheit anzubauen, was wir wollen, und zu essen, was wir wollen. Durch die Gentechnik würden wir diese Freiheit verlieren. Das wollen wir nicht, und deshalb wollen wir keine gentechnisch veränderten Pflanzen.
In einigen Regionen Indiens hat die Abhängigkeit von den großen Saatgutkonzernen Tausende Bauern bereits in den Ruin getrieben, sagt Afsar Jafri. Auch die angeblichen Vorteile des Goldenen Reises sieht er skeptisch.
In Indien gibt es einige Reissorten, die mehr Vitamin A enthalten als der Goldene Reis. Wir haben zum Beispiel den "Roten Reis" im Himalaja untersucht, und mehr Vitamin A nachgewiesen als im Goldenen Reis. Aber es gibt auch noch andere Alternativen. Viele grüne und gelbe Gemüsesorten überall auf der Welt haben hohe Vitamin A-Gehalte. Das Problem, das zur Erblindung vieler Kinder führt, ist nicht die unzureichende Pflanzenzüchtung, sondern die ungleiche Verteilung der Nahrung. Die Armen brauchen zwei vollwertige Mahlzeiten am Tag, dann wäre das Problem gelöst. Auch der Goldene Reis bringt gar nichts, wenn er die Menschen, die ihn brauchen könnten, nicht erreicht.
Probieren Sie doch mal unser Gentech-Angebot. Gesund, schmackhaft und preiswert. Und wenn nicht? Gleich daneben: unsere Öko-Abteilung. Garantiert ohne Gene.
Amann:
Die Leute haben keine Ahnung von Lebensmittelwissenschaft.