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Erfolgreicher Gang durch die Institutionen

Mehr als 800.000 Zuschauer haben "Das Leben der anderen" von Florian Henckel von Donnersmarck bisher gesehen. Der Film ist elfmal für den deutschen Filmpreis nominiert. Vier bayerische Filmpreise hat er bereits gewonnen, einer davon ging an Max Wiedemann und Quirin Berg als "Beste Nachwuchsproduzenten".

Von Thorsten Jabs |
    Es geht ab – die Szene aus dem Stasi-Film "Das Leben der Anderen" steht sinnbildlich für das, was derzeit für die Macher des Leinwanderfolges gilt: Das Geschäft blüht bei der Filmproduktionsfirma Wiedemann & Berg – nicht zuletzt durch den großen Erfolg ihres Kinodebüts. Erst zwei Spielfilme hatten Max Wiedemann und Quirin Berg mit ihrem 1998 gegründeten Unternehmen produziert – den Grundstein für ihre Karriere legten die beiden seit der 5. Klasse befreundeten Produzenten jedoch bereits während des Abiturs:

    "Also ein einschneidendes Erlebnis war sicherlich, dass wir relativ früh nach unserem Abitur an einem großen Set stehen durften, das war damals der Kaskadeur, einer der größten Actionfilme, die jemals in Deutschland gedreht wurden.

    Während dem Abitur! Lustigerweise zwischen der schriftlichen Prüfung und dem Colloquium standen wir, glaube ich, schon zwei, drei Wochen lang beim Kaskadeur am Set und da flog jeden Tag ein Auto und irgendwas explodierte und das war schon sehr prägend würde ich mal sagen."
    Gemeinsam haben Wiedemann und Berg an der Münchner Filmhochschule in der Abteilung Produktion und Medienwirtschaft studiert – und parallel dazu bereits zahlreiche Kurzfilme produziert. Meist waren sie froh, am Ende ohne Verluste da zu stehen – doch über 60 nationale und internationale Preise ebneten den Weg für das, was für Max Wiedemann im Filmgeschäft auch für Produzenten entscheidend ist: sas Renommee.

    " Man muss sich ja immer überlegen, man verkauft ja im Prinzip Produkte, die es noch nicht gibt und man muss den Leuten, die man als Partner mit ins Boot holen möchte, natürlich ein Gefühl dafür geben, wie sieht der spätere Film aus und bei uns sieht das ja nicht anders aus. Wenn wir jetzt zum Beispiel einen Regisseur auf einem Projekt haben möchten, dann ist auch die erste Frage, die man sich stellt, was hat der denn bisher gemacht und was für Referenzen hat er vorzuweisen und in ähnlicher Art und Weise stehen wir natürlich auch als Produktionsfirma für die Projekte, die wir dann jemand anders anbieten."
    2003 kam der erste Spielfilm der beiden auf den Markt – die Komödie "Mädchen Nr. 1" – eine Auftragsproduktion für ProSieben. Hatte ihr teuerster Kurzfilm ein Budget von 130.000 Euro, kostete das TV-Debüt mehr als das Zehnfache – und: ob Kurzfilm oder Spielfilm – großes oder kleines Budget: Ein erfolgreicher Produzent muss Ergebnis und Kosten im Einklang halten – vor allem während der Dreharbeiten:

    " Da geht es wirklich darum zu gucken: Sind die Kosten im Rahmen, passiert das, was abgesprochen ist und dann geht’s immer auch darum, wirklich tagesaktuell einzugreifen und Herausforderungen kreativ zu lösen. Man wird immer irgendwie zu wenig Geld haben und man wird sich dann fragen: Okay, wie wollen wir ohne Abstriche zu machen wie können wir das Ziel anders erreichen? "

    Während bei der Fernsehauftragsproduktion der Sender die Finanzierung übernimmt, bleibt bei Kinofilmen nur der Gang durch die Institutionen. Es gilt eine Idee zu verkaufen und Geldgeber wie Fernsehsender, Co-Produzenten oder Filmförderungen mit dem so genannten Paket zu überzeugen – dazu gehören vor allem Drehbuch, Regisseur, Darsteller und natürlich die Kostenkalkulation.

    Mit ihrem Konzept für "Das Leben der Anderen" haben Wiedemann und Berg überzeugt. Den Drehbuchautor und Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck kannten sie bereits von der Filmhochschule – die bekannten Schauspieler wie Martina Gedeck, Ulrich Mühe, Sebastian Koch oder Ulrich Tukur begeisterte die Geschichte. Doch sowohl für den Regisseur als auch für die Produzenten war es der erste Kinofilm – keine leichte Aufgabe die rund 1,9 Millionen Euro Produktionskosten zu beschaffen. Wiedemann und Berg haben es trotzdem geschafft – doch als Gegenleistung mussten die Debütanten bereits im Vorfeld Filmrechte und Gewinnanteile an ihre Partner wie die Verleihfirma Buena Vista oder die Co-Produzenten Arte und den Bayerischen Rundfunk abtreten, betont Quirin Berg:

    "Die Chance, mit einem Film viel Geld zu verdienen, die ist dann umso größer, wenn man im Vorfeld dafür sorgen kann, dass eben wenn der Film fertig ist, ein auch großer Teil des Kuchens sozusagen auch beim Produzenten landet. Jetzt ist es eben andererseits so, dass man eben gerade wenn ein Film so eine schwierige Ausgangssituation hat, wie das bei "Das Leben der anderen" der Fall war, man eben relativ viele Stücke des Kuchens im Vorfeld bereits weggeben muss an Finanzierungspartner, um den Film überhaupt herstellen zu können."
    Für Wiedemann und Berg ist "Das Leben der anderen" vor allem eine Investition in die Zukunft. Und Erfolg – den definiert Max Wiedemann auf zwei Arten:

    " Ich würde mal sagen, es lässt sich zweiteilen in Anerkennungserfolg und wirtschaftlichen Erfolg. Und Anerkennungserfolg lässt sich messen durch die Frequenz von Schulterklopfern, die man erhält und der wirtschaftliche Erfolg, der ist sehr leicht durch einen Blick aufs Bankkonto zu ersehen."

    Die tollen Kritiken für "Das Leben der Anderen", der bayerische Filmpreis als beste Nachwuchsproduzenten und die Nominierung für den Deutschen Filmpreis in elf Kategorien, darunter die Nominierung für den besten Film, sind für Wiedemann und Berg das größte Pfund, mit dem sie wuchern können, um Investoren von künftigen Projekten zu überzeugen.